Quantensprung Geschwindigkeit?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Das Wort »Quantensprung« ist eher unglücklich gewählt. Ich zitiere dazu gern den entsprechenden Wikipedia-Artikel:

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Einige Physiker, z. B. Erwin Schrödinger, lehnten den Begriff aber ab, da er die falsche Vorstellung eines sofortigen Übergangs suggeriert. Heute wird das Wort Quantensprung in der physikalischen Fachsprache kaum noch benutzt. Man spricht allgemein von Übergängen.

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Gemeint sind Übergänge zwischen zwei verschiedenen stationären Zuständen |1⟩ und |2⟩, die konkreter in Form zweier Wellenfunktion ψ₁(x⃗) und ψ₂(x⃗) vorliegen.

Da ψ₁(x⃗) und ψ₂(x⃗) für Orbitale stehen sollen, entsprechen sie konkreten Energien E₁ und E₂ und Bahndrehimpulsen L⃗₁ und L⃗₂.*)

Überlagerung von Zuständen

Zwischenzustände sind sehr wohl möglich, aber nicht als Zustand, der zu einer Energie zwischen E₁ und E₂ gehört, sondern als Überlagerung

(1) α·ψ₁(x⃗) + β·ψ₂(x⃗)    mit    α, β ∈ ℂ  und  |α|² + |β|² = 1.

Während eines Übergangs treten derartige Zustände ohne Zweifel auf. Eine Messung z.B. der Energie wird entweder E₁ oder E₂ ergeben, keine Zwischenwerte. Deshalb nennt man es auch einen Quantensprung. 

Zu der Frage, wie lange der Übergang dauert, habe ich nichts gefunden. Womöglich ist es unbekannt.

Schrödinger-Gleichung

Wellenfunktionen erfüllen die von Erwin Schrödinger 1926 aufgestellte Wellengleichung 

(2.1)  Ĥψ(x⃗,t) := (–ħ²∇² + V(x⃗))ψ(x⃗,t) = iħ∂ψ(x⃗,t)/∂t,

und für einen Zustand der Energie E gilt

(2.2) Ĥψ(x⃗) := (–ħ²∇² + V(x⃗))ψ(x⃗) = E·ψ(x⃗).

Dabei heißt Ĥ der Hamilton-Operator und V(x⃗) ist das Potential (beim Atom das vom Kern erzeugte elektrische Potential). Die Differenzialoperatoren sind typisch für Wellengleichungen.

Operatoren und Eigenfunktion

Eine physikalische Größe q, auch Messgröße oder Observable genannt, werden in der Quantenmechanik allgemein durch einen Operator q̂ dargestellt, der auf die Wellenfunktionen ψ wirkt.

Hat ein Teilchen q genau bestimmt ist und den Wert q₀, hat, gilt

(2) q̂ψ.q = q₀·ψ,

und ψ heißt eine Eigenfunktion von q̂ zum Eigenwert q₀.

Namentlich die Operatoren für Impuls und Energie sind so beschaffen, dass für eine Funktion der Form e^{i·(kx – ωt)} gerade ein Impuls

p = ħ·k

und eine Energie

E = ħ·ω

herauskommt:

(3.1) –i·ħ·∇e^{i·(kx – ωt)} = –i·ħ·(∂/∂x)e^{i·(kx – ωt)}
                                        = –i·i·k·ħ·e^{i·(kx – ωt)} = ħ·k·e^{i·(kx – ωt)},

da –i·i = –(–1) =1 ist, und

(3.2) i·ħ·(∂/∂t)e^{i·(kx – ωt)} = i·(-i)·ω·ħ·e^{i·(kx – ωt)} = ħ·ω·e^{i·(kx – ωt)}.

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*) Die Schreibweise L⃗ ist unpräzise. Bei einem Drehimpuls kann quantenmechanisch generell nur das Quadrat L² und die Projektion L.z auf eine konkrete Achse, die meist z-Achse genannt wird, scharf bestimmt.

Das lässt sich aus der Linienbreite ermitteln.

Je schärfer die Linie, desto länger die Dauer des Übergangs. (Das folgt u. a. aus dem Fourier-Theorem zur Frequenzzerlegung beliebiger Vorgänge)

Siehe "Kohärenzlänge": der Übergang muss bei unabhängigen Vorgängen die Zeitspanne dauern, die das Licht zum Zurücklegen der Kohärenzlänge braucht - sonst würde der kohärente Teil des Strahls schon vorher abreißen.

(Bei voneinander abhängigen Vorgängen kann die Kohärenzlänge natürlich erheblich größer sein - hierauf beruht der Laser mit z. T mehreren Kilometern Kohärenzlänge.)

Vergleiche auch "Heisenbergsche Unschärferelation"

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Studium, Hobby, gebe Nachhilfe

Da es keine Abstände gibt zwischen den Orbitalen erfolgt die Veränderung instantan. Es gibt keine "Zwischenzustände", die durchlaufen werden können. und die Rede von einem Abstand des Elektrons macht keinen Sinn. Für alle praktischen Zwecke gilt: Die Veränderung erfolgt SOFORT.

 
Sofort ist natürlich relativ, da es sowas wie eine Wechselwirkungsgeschichte gibt, die zeitlich nicht punktförmig ist. Aber wenn du nachschauchst, gibt es nur vorher und nachher. Ohne dazwischen. Deswegen ja "Sprung". Das kann jetzt viel heißen, zB superduperschnell oder so. Praktisch irrelevant, da der "Abstand" zwischen zwei "Zuständen" des Elektrons nicht(!) existiert.

Usedefault 
Fragesteller
 04.10.2016, 22:50

Ich dachte für das Elektron gilt v(max) < c.

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ClydefrogXL  04.10.2016, 22:57

nicht in diesem Fall. Das Problem ist, wenn du eine Geschwindigkeit messen willst, dann brauchst du Orte, die durchlaufen werden, in Zeiten. Das Elektron aber verfügt über keinen Aufenthaltsort, solange wir es nicht messen. Wenn du nun ein Elektron im ersten Orbital hast und du feuerst ein Photon drauf, dann findet eine Energieübertragung statt, die den Zustand des Elektrons verändert. 

In der QM wechseln Elektronen nicht zwischen Orten, sondern zwischen Zuständen hin und her, die mit Aufenthaltswahrscheinlichkeiten assoziiert sind, also mit möglichen Orten. So wie ich zwischen den Zuständen "wach" und "schlafend" hin und her wechsle. Nur gibt es die Zwischenzustände nicht "gähnen" "ins Bett legen" "müde werden" - und die bräuchtest du für eine sinnvolle Geschwindigkeitsmessung. Die Zustandsänderung tritt sofort ein und ist in diesem Fall nicht relativistisch begrenzt, weil wir keine assoziierte Geschwindigkeit sinnvoll messen können. Wenn wir es tun stellen wir nur immer wieder fest, dass das Elektron so aussieht, wenn wir eine Kaskade von Zustandsänderungen betrachten:
1,4,2,3,2,7,6,4,3,2,1,5,3,2.

Diese Zustände sind mit möglichen Orten verknüpft, an denen du das Elektron antreffen kannst. Diese Orte können mehrere Lichtgeschwindigkeiten voneinander entfernt liegen - no problem.

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Usedefault 
Fragesteller
 04.10.2016, 23:24
@ClydefrogXL

Wenn man ein Photon auf ein Elektron feuert, verschwindet dann die Information über die Richtung des Photons? Und wird dann beim Rücksprung ein Photon in irgendeine Richtung emittiert? Und wie lange dauert der Prozess des Orbitalsprungs?

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praevus34  04.10.2016, 23:33
@Usedefault

Also zwischenzustände kann es da nicht geben, weil du dann das Pauliprinzip verletzt und dein Zielzustand ist auch eindeutig festgelegt durch die Energie außer es liegt Entartung vor, aber die kann man aufheben. Dah er stellt sich nicht die Frage nach einer Geschwindigkeit des Übergangs. Das mit den Zuständen steht oben erklärt ;).

Die Information über die Richtung deines Photons steckt in der Impulserhaltung. Durch die Absorption eines Photons erfährt das Atom eine gewisse Geschwindigkeit, sodass der Impuls erhalten bleibt. Nach der Absorption tritt meist eine Emission auf, außer der Übergang ist verboten. Dann ist die Aussendung des Photons willkührlich, denn man kann, unabhängig von der Richtung, Energie- und Impulserhaltung erfüllen.

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Dieser Reorganisationsprozess von Orbitalen erfolgt bei Atomen innerhalb von wenigen Femtosekunden. Daher ist das so schwierig zeitlich aufzulösen - dafür braucht man schon Lichtpulse im Attosekundenbereich.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Abschluss als Diplom-Physiker
Usedefault 
Fragesteller
 04.10.2016, 23:27

Du redest aber von der Reorganisation oder? Ich habe gemeint wie schnell bewegt sich das Elektron dabei.

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zalto  04.10.2016, 23:52
@Usedefault

Der Übergang von einem Zustand zu einem anderen ist eine Reorganisation. Die Vorstellung, dass ein einzelnes Elektron von Bahn A auf Bahn B springt, und es dafür exakt die Zeit t braucht, ist nicht haltbar. Man hat stattdessen eine gewisse Verteilung von Elektronen-Aufenthaltswahrscheinlichkeiten vorher - und eine andere danach.

Stelle es Dir vor wie eine schwingende Saite: Da drückt man auf die Mitte und sie schwingt in der doppelten Frequenz ("Flageolett" wird es bei der Geige genannt). Mit welcher Geschwindigkeit hat sich die Frequenz verdoppelt? Mit der, die die schwingende Saite brauchte, sich zu "reorganisieren".

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