Psychotherapie (tiefenpsych.): Hat die individuelle Persönlichkeit des Therapeuten irgendeine Art Einfluss auf den Behandlungserfolg des Patienten/Klienten?

8 Antworten

Psychotherapie ist Beziehungsarbeit, jeder der das leugnet, sollte seinen Beruf überdenken. Psychotherapie ist ein Raum für den Patienten, in dem er sein Problem wertungsfrei aufarbeiten können sollte, der Therapeut gibt dabei Halt und Führung.....natürlich musst du dich bei ihm wohlfühlen und es sollte schon eine Therapeutische Beziehung geben...über deren Gestaltung gibt es ganze Bücher....

Therapeuten sind allerdings angehalten, eigene Persönliche aspekte möglichst aus der Therapie herauszuhalten. eigene erfahrungen oder werteinstellungen haben in der Therapie nichts verloren, aber Therapeuten sind Menschen und keine Maschienen, die völlig frei von Persönlichkeit sind- Gott sei dank...oder willst du dein Leid mit einem Roborter "durcharbeiten"? Würde nicht funktionieren oder?

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Psychologiestudium
Dahika  12.10.2019, 19:47

Ich empfehle dir hierzu das Buch "Die Rolle des Therapeuten" von Hilarion Petzold. Nicht einfach, (wie nix, was Hilarion schreibt), aber unglaublich lohnend. Und es ist zudem eines seiner einfacheren Bücher. Lies das mal.

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xray2016 
Fragesteller
 16.10.2019, 21:54

Danke für den Buchtipp!

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Ich kenne mich recht gut mit Psychotherapeuten aus. Die ersten Gespräche sind dazu da, den Therapeuten näher kennen zu lernen.

Wenn sein Charakter Dich stört oder die Chemie nicht stimmt, kannst Du natürlich umgehend wechseln. Es spielt schon eine Rolle, wie Dein Therapeut persönlich auf Dich wirkt. Die meisten geben sich aber viel Mühe und meistens auch Verständnis.

Kein Therapeut wird Dir böse sein, wenn Du zu ihm sagst, sorry, es passt leider nicht.

Manche fühlen sich bei Frauen, die anderen halt bei Männern besser aufgehoben, dies könnte auch ein Kriterium sein.

Weltwunderling  12.10.2019, 18:50

... Du hast schon gesehen, dass der Fragesteller 70 Sitzungen bereits geschafft hat?

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Hallo Xray...

zunächst: Ich finde toll, dass Du schon so lange an einem Weg für Dich arbeitest. 70 Sitzungen sind eine Menge und ich glaube die meisten Klienten brechen vorher ab. Getreu dem Motto: wenn es mit dem Therapeuten nicht sofort "rund" läuft, gehe ich schnell wo anders hin.

Ich finde schräg, wie viele hier direkt einen Rat an Dich haben - denn die Situation ist für uns gar nicht klar. Deshalb würde ich auch keine Empfehlung aussprechen oder einen "Täter" für das Stocken der Therapie festmachen, sondern ganz einfach fragen: Was stört Dich denn da an dem Therapeuten? "Persönlichkeit" kann ja alles und nichts sein - worin genau äußert sich das, an welchen Beispielen/ Situationen?

xray2016 
Fragesteller
 13.10.2019, 12:57

Boah, hier gehts ja mitunter richtig ab. Ich werd aber noch einige Zeit brauchen, bis ich auf all eure Antworten reagiere. Hab schon eine Ewigkeit für meine Fragestellung oben gebraucht... ;-D @Weltwunderling - danke für deine mir gestellten Fragen. Ich werde mich damit auseinandersetzen. Daumen hoch!

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Interessante Frage. Wäre glatt ein Thema für eine Diplomarbeit. Tolles Thema.

Fazit (zu mehr habe ich jetzt keine Lust) Natürlich spielt sie eine Rolle. Du und der Therapeut seid ein Team, das zusammenarbeitet. Nicht er macht etwas oder bearbeitet dich. Ihr beide macht euch auf den Weg.

Ich vergleiche eine Therapie ja gerne mit einer gemeinsamen Bergwanderung, nur dass der eine Partner halt der Bergführer ist und der andere der Patient. Letztlich soll ja jede Therapie, wenn sie gut läuft, zu einem gemeinsam definierten Ziel führen. Aber der Weg dahin kann sich natürlich von Therapeut/Bergführer unterscheiden.

Kann es sein, dass dein Therapeut ein Psychoanalytiker ist? Psychoanalytiker der älteren Schule vernachlässigen tatsächlich nicht selten den Beziehungsaspekt von ihnen beiden.

eine Freundin von mir, auch Psychologin, begann eine Psychoanalyse bei einer älteren Analytikerin. Sie wurde unglücklicher und unglücklicher. Sie empfand die Analytikerin als kalt und unnahbar. Aber immer wenn sie ihr das sagte, gab die Analytikerin ihr das zurück. Es habe nur mit ihr (meiner Freundin) zu tun (Kindheit und was weiß ich). Meine Freundin hatte den Eindruck, dass sie gegen eine psychoanalytische Wand lief. Die Therapeutin deutete alles in Hinblick auf Übertragung´. Es kam auf die Art nie zu einer Klärung der Beziehung, denn dann hätte sich die Analytikerin auch selbst mal hinterfragen müssen.
Meine Freundin hat dann diese Therapie frustriert aufgegeben. Mit Recht.

Ich habe einen anderen Ansatz gelernt. DAss nämlich immer eine Beziehung zwischen beiden entsteht, und dass sich der Therapeut nicht raushalten kann - wie es diese o.g. Analytikerin getan hat.

Vielleicht bist du auf so einen Menschen gestoßen. Wenn du den Eindruck hast, dass er nichts von dem auch auf sich bezieht, wenn er dir alles zurückgibt, dann spricht das sehr dafür. Ich könnte bei so einem Menschen keine Patientin sein. Weil einfach die Beziehung völlig einseitig ist. Und für mich und das was ich gelernt habe, ist das kontraindiziert für eine Therapie. Der Therapeut ist doch keine Wand, gegen die du einen Ping Pong Ball schlägst.

Noch was Lustiges zum Abschied.
Während meines Studiums traf ich auf einen jungen Kommilitonen, der bei einer Psych.Prof. - Psychoanalytikerin der alten Schule - eine Therapie machen wollte. In der ersten Stunde erzählte ihm die Frau, dass er in sie verliebt sei.
Mein Kommilitone, 23 Jahre alt, war völlig verwirrt und meinte: "Die Frau ist gar nicht mein Typ und außerdem fast 70." Er ging dann noch zweimal hin und sie beharrte darauf, dass er sie verliebt sei. Nicht bewusst, aber unbewusst. Wir haben gebrüllt vor Lachen. Und er hat diese Analyse beendet.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Weltwunderling  12.10.2019, 19:55

Ja, es gibt immer deutliche Haltungen für und Gegen bestimmte Therapieformen. Ich finde es jedoch schade, ihn in die Grabenkämpfe einzubeziehen, obwohl es sich hier - offensichtlich - um eigene Befindlichkeiten handelt.

Im Profil des Fragestellers ist deutlich zu erkennen, dass die anderen Ansätze noch viel schiefer gelaufen sind.

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xray2016 
Fragesteller
 13.10.2019, 13:15

Dahika, der Vgl. mit dem Bergführer ist glaub ich gar nicht mal so schlecht! Ich versuche mal mich mit diesem Bild anzufreunden. Ansonsten, wie gesagt, ich versuche mich auch mit den anderen Dingen, die du/ihr geschrieben hast/habt, Stück für Stück auseinanderzusetzen. Danke

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xray2016 
Fragesteller
 13.10.2019, 13:26

Ah noch was - mir fällt gerade noch was ein. Der Therapeut hatte letztens gesagt: Der Therapieprozess mit seiner ganzen zweiseitigen Psychodynamik ist, als wenn man auf hoher starker See wäre, der Klient steht (mehr oder weniger krampfhaft) am Steuerrad und der Therapeut klettert ab und zu in den Mastkorb und schaut, ob die Richtung noch stimmt.... Schon so ne Aussage klingt erstmal nicht falsch, eigentlich.....

Dennoch hatte ich ihm ggü. mal das Thema "Spiegelneuronen" erwähnt....  Ich hatte mal gelesen, dass nach geraumer Zeit der Klient die Neurose des Therapeuten und der Therapeut die Neurose des Klinenten hat - allerdings war das in einem Satiremagazin, ein wenig überspitzt, aber auch ein wenig wahr..... Bezug hatte der Therapeut auf das Thema "Spiegelneuronen" nicht genommen.

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Dass die Chemie zwischen Patient und Therapeut passt ist natürlich ein entscheidender Faktor für einen Behandlungserfolg - wovon man bei 70 Sitzungen kaum sprechen kann.

Weltwunderling  12.10.2019, 18:43

Das verstehe ich nicht, bodyguard. Magst Du das erklären? Mit der Begründung komme ich nicht mit.

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Dahika  12.10.2019, 19:34

Ob die Chemie stimmt, merkt man bereits innerhalb der ersten Sitzungen. Und nach 70 Stunden sollte sich das Befinden, das Selbstbild des Patienten, etc.. schon verbessert haben.

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