Oxidationszahlen H mit Metall / Nichtmetall?

2 Antworten

Stimmt, in HCl hat er die Oxidationszahl +I, und im NaH hat er −I. Ersteres kommt un­gleich häufiger als zweiteres vor.

Beachte, daß dabei nur der Bindungspartner zählt. Im NaOH gibt es außer dem Was­ser­stoff noch je ein Metall und ein Nichtmetall, aber weil der H ans O gebunden ist, hat er Oxidationszahl +I. In derartigen Verbindungen ist das H fast immer ans Nichtmetall gebunden (weil solche Bindungen viel stärker sind), und daher kommt man zur Regel, daß H immer Oxidationsstufe +I hat, außer in Verbindungen mit Metallen wie NaH oder LiAlH₄.

Es gibt aber wirklich ein paar Verbindungen, bei denen es schwierig und irgendwie un­befriedigend bleibt, die Oxidatonszahl des Wasserstoffs festzulegen. Ich sage ab­sicht­lich „fest­legen“, denn Oxidationszahlen kann man nicht messen, es sind nur Buch­haltungs­größen, die das Leben meist einfacher machen, aber keine echten Eigen­schaf­ten von Molekülen (wie Bin­dungs­winkel oder Dipol­momente).

Da diese Verbindungen ein bißchen exotisch sind, muß ich weiter ausholen.

Manche Metalle bilden mit Kohlenmonoxid Verbindungen, die „Metallcarbonyle“ heißen, z.B. Ni(CO)₄ Nickeltetracarbonyl und Fe(CO)₅ Eisenpentacarbonyl; es sind molekulare Flüssigkeiten oder Festkörper mit niedrigem Schmelz- und Siedepunkt, und sie sind alle saugiftig.

Manche bilden sich einfach, indem man das Metall mit CO-Gas reagieren läßt

Ni + 4 CO ⟶ Ni(CO)₄

und bei hohen Temperaturen zerfallen sie alle wieder in Metall plus CO. Sie sind „locker gebunden“, und daher sagt man, daß die Metalle Oxidationssstufe Null haben (und C +II und O −II, wie im CO). Man kennt auch Biester wie Pt(CO)₂Cl₂, und dann würde man natürlich dem Platin die Oxidationsstufe +II und dem Chlor −I zuordnen.

Tja, und dann kommt der Wasserstoff ins Spiel, z.B. in H₂Fe(CO)₄, dem Eisen­tetra­carbonyl­hydrid. Die beiden Hs sind dabei direkt ans Fe gebunden. Was macht man da mit den Oxidations­stufen? Nahe­liegend wäre es, für das Eisen +II und für das H −I zu wählen (Fe ist ja elektro­positiver als H), aber das hat ein Riesen­problem: Das Molekül ist nämlich eine Säure, ungefähr so stark wie Essig­säure:

H₂Fe(CO)₄ + H₂O   ⟶   H₃O⁺ + [HFe(CO)₄]⁻

Wenn man diese Reaktion nicht idiotischerweise als Redoxreaktion beschreiben will, dann muß man annehmen, daß das Eisen sowohl im neutralen Carbonylhydrid als auch im Anion die Oxidationsstufe −II hat, und der Wasserstoff +I. Dann hat man aber die positive Oxidationsstufe am elektronegativeren Element.

Aus dem Dilemma kommt man nicht raus, und daher muß man mit dem Wider­spruch leben, oder zugeben, daß Oxidationszahlen manchmal an ein Limit stoßen, oder sich mit anderen Chemikalien beschäftigen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik
matheprooo 
Fragesteller
 21.02.2018, 07:08

Ohje, dann will ich Mal hoffen, dass so ne komplizierte Aufgabe nicht dran kommt :)

Und danke für die ausführliche Antwort

0
ThomasJNewton  15.04.2021, 12:37

Die Säure H₂Fe(CO)₄ kannte ich noch nicht. Phaszinierend!

1

Hallo matheprooo

da Wasserstoff nur eine einzige Bindung eingehen kann (Wasserstoffbrückenbindungen mal außen vor), kann es nur mit dem Metall oder dem Nichtmetall eine Bindung eingehen.

Beispiel, was mit einfällt, wäre Natriumamid NaNH2. Und hier gelten die normalen Regeln für die Bestimmung der OZ:

Na = +1, H = +1 und N = -3

Erklärt sich schon dadurch, dass im NH3 ein H durch Na ersetzt ist.

LG