Mein Sohn ist sehr gefühlskalt?

11 Antworten

Ihr solltet das auf jeden Fall im Blick behalten und auch in anderen negativen Situationen und allgemein auf seine Reaktion achten.

Es kann nämlich auch einfach sein, dass er mit Verlust und Trauer anders umgeht, egal ob bewusst oder unbewusst.

Als mein Opa damals starb, war ich sehr verwirrt über die Reaktionen der anderen. Erstmal konnte ich das "für immer" gar nicht greifen, weil man als Kind ein ganz anderes Zeitempfinden hat und zum anderen, hat es mich auch verunsichert die sonst ja starken schützenden Erwachsenen so schwach und verletzt zu sehen. Ich weiß noch, dass ich bei der Beerdigung die ganze Zeit versucht habe zu lächeln, um die anderen aufzuheitern und für sie stark zu sein, ein Bedürfnis selber zu weinen hatte ich damals nicht. Für meinen Opa habe ich mich eher gefreut, dass seine Schmerzen vorbei sind, statt zu betrauern, dass ICH ihn nun nicht mehr sehen kann.

Vielleicht war er ja doch traurig, das hat sich bei ihm nur anders gezeigt und angefühlt als ihr im erkärt habt, was Trauer ist.

Also klassisches Beispiel: Deine Eltern sagen wenn man traurig ist, hat man keinen Hunger, weil es ihnen immer so geht. Aber du selbst bekommst dann besonders viel Hunger und denkst als Kind daher, dass du gerade nicht traurig bist weil es nicht zur Erklärung passt.

gerade für ein Kind ist es auch noch viel selbstverstndlicher Dinge einfach als gegeben hinzunehmen. Wie oft entschiedet ihr einfach etwas und das Kind muss mit der neuen Situation leben? Da ist es letztlich nicht anders, jemand stirbt und die Welt dreht sich weiter. Daher sind sie da viel anpassungsfähiger.

Eine Bekannte von mir hat mit 10 Jahren ihre Mutter verloren, sie meinte in dem Moment war sie eher geschockt wegen der vielen Umstellungen im Leben, die eigentliche greifbare Trauer über den Verlust kam erst Jahre später.

Von daher kann es wie gesagt total normal sein, aber ebenso auch ein Alarmsignal. Daher gut im Blick behalten.

Was das jetzt individuell bei ihm ist, kann so aus der Ferne Niemand mit Sicherheit sagen.

Ich kann nur sagen, dass es bei mir so ähnlich war. Da fing es aber schon im Kindergartenalter an. Wenn meine Mutter mich in der Kita abgegeben hat - auch beim aller ersten Mal - habe ich "Tschüss!" gesagt und scheinbar 2 Sekunden später schon vergessen, wer Mama ist. Kein Trennungsschmerz - nix.

Auch als meine Großeltern verstorben sind, habe ich höchstens auf der Beerdigung ein bisschen geweint.

Als ich dann 24 Jahre alt war fanden wir heraus: Ich habe eine Austismus-Spektrum-Störung.

Es ist nicht so, dass ich die Gefühle nicht habe oder hatte - aber es war irgendwie zu viel, habe vieles mit mir selbst ausgemacht und ich hatte keine Ahnung, wie man die Gefühle angemessen nach außen zeigt.

Ich war auch eine typische Kandidatin für "Bauchschmerzen" im Kindesalter. Heute wissen wir: Das waren Gefühle. Wut, Trauer, Angst, Nervosität - die sich wie ein dumpfes drückendes Gefühl in der Magengegend anfühlen und weil ich das nicht einordnen konnte, hatte ich immer "Bauchweh".

Das war bei mir in dem Alter genauso. Kann sein dass er eine Störung der Emotionen hat. Das ist aber erstmal nichts unbedenkliches in dem Alter und es kann sich noch viel entwickeln. Vielleicht kann es helfen, dass dein Sohn ein eigenes Haustier bekommt um das er sich kümmern kann. Ich habe tatsächlich über Kuscheltiere Einfühlungsvermögen entwickelt.

Aus meiner Erfahrung heraus würde ich sagen, das es eine Schutzreaktion ist. Vielleicht hat er ein hoch emotionales Wesen, welches eine schlimme Erfahrung gemacht hat, danach lässt man nichts mehr an sich ran, auch wenn man weiter hin emotional ist, trägt man es nicht mehr nach außen. Was man machen kann, keine Ahnung.

Ihr interpretiert das Verhalten als "gefühlskalt". Es könnte auch eine bewusste Strategie sein, um nicht von Gefühlen übermannt zu werden - bewusst erst mal so tun, als ob es einem nichts ausmacht, das Problem wegschieben und sich auf etwas Positives oder Ablenkendes konzentrieren.

Ich habe z.B. früher immer bewusst vor einem Referat noch irgendetwas anderes gelesen, Musik gehört, mich über andere Themen unterhalten - um dieses Gefühl "huhh, jetzt kommt das ganz wichtige Referat, auf keinen Fall etwas vergessen, nicht stottern etc.!" wegzuschieben. Hat auch geklappt, ich war dadurch entspannter.

Es kann sein, dass dein Sohn später trauert.

Es kann sein, dass das seine Strategie ist, um nicht zu viel zu trauern. Man kann sich Gefühle auch "einreden". Man kann sich bewusst vornehmen, "heute bin ich fröhlich, heute bin ich gelassen" - und das dann auch fühlen.

Vielleicht macht dein Sohn das.

Bedenke: Nach dem, was du schreibst, hat er in letzter Zeit sehr viel Stressiges erfahren.

"Jetzt pinkelt er nicht mehr überall hin" kann auch eine blitzschnelle Ablenkungsreaktion sein. Oh Mann, die Katze ist gestorben, wie gehe ich damit denn jetzt um, das habe ich nicht erwartet, ich muss etwas suchen, das mich aufbaut oder möchte auch vor meinen Eltern keine Schwäche zeigen (unbewusste Spontanreaktion): "Oh, jetzt pinkelt sie wenigstens nicht mehr überall hin! Es gibt auch einen positiven Aspekt dabei!"

Überlegt, ob ihr wirklich eurem Sohn sofort Motive oder Gefühle wie "gefühlskalt" zuschreiben wollt oder erst mal beobachtet, fragt, überlegt und erst mal versucht, das Verhalten zu verstehen, bevor ihr es "verurteil". Gefühlskälte erscheint mir eher eine Art Verurteilung.

Es kann auch das Gegenteil sein - Abgrenzung gegen zu viele, überbordende, erst mal unerträgliche Gefühle.