Könnte sich einer von euch fleißigen Äffchen einmal angucken, inwiefern die Einleitung für dieses Essay (Sekundarstufe 2) ausreichend ist?

Fontanefan  05.08.2023, 22:22

Hältst du es für sinnvoll, die Leute zu beleidigen, von denen du Hilfe erwartest?

calmdidi 
Fragesteller
 05.08.2023, 22:31

Affen gelten oft als klug und geschickt. Hier war es wohl liebevoll gemeint, nicht beleidigend. In der Weisheit des Buddhismus: Frieden!

2 Antworten

Obwohl mich deine Anrede etwas demotiviert hat, hier kurz eine Reaktion auf deinen Text, denn die Fragestellung halte ich für wirklich wichtig.

Die Berufsaussichten hängen erfahrungsgemäß von folgenden Faktoren ab:

  1. Der Bereitschaft der Gesellschaft, die Ausbildung der kommenden Generation zureichend zu fördern.
  2. Konkret: der Investition in die Lehrerausbildung
  3. Davon, ob die finanziellen Rücksichten auf andere Aufgaben es erlauben, den zukünftigen Lehrerbedarf realistisch einzuschätzen.

Die Frage ist also nicht, wie viele Lehrer objektiv gebraucht werden, sondern, wie viele Stellen eingeplant werden. So kommt es dazu, dass in einer Zeit steigender Schülerzahlen ein extremer Mangel an Lehrern entsteht und eine hohe Überforderung des aktuellen Lehrerpotentials entsteht, so dass Berufsanfänger davon abgeschreckt werden, den Beruf zu ergreifen.

Unter dem Gesichtspunkt, mit möglichst wenig Geld möglichst viele Schüler zu unterrichten, spricht vieles dafür, dem gegenwärtigen Lehrermangel abzuhelfen, indem man

  1. Homeschooling (Unterricht über Internet) ausbaut, damit die einzelne Lehrperson möglichst viele Schüler beschult,
  2. möglichst viele Aufgaben - etwa der Unterrichtsplanung, der Materialzusammenstellung, der konkreten Ausarbeitung von Unterrichtsmaterial und Lernerfolgsüberprüfung künstlicher Intelligenz überträgt.

Vielleicht hätte es Sinn, diese Gesichtspunkte in deinem Essay zu berücksichtigen.

Dass freilich gerade die Verbreitung künstlicher Intelligenz die Lernerfolgsüberprüfung sehr erschwert, weil sie entweder mündlich erfolgen muss oder völlig neue Arten von Aufgabenstellungen erfordert, die von künstlicher Intelligenz nicht bewältigt werden können, bedeutet freilich, dass weit mehr Zeit in die Entwicklung sinnvoller Aufgaben und sinnvoller Lernziele investiert werden muss in einer Zeit, wo KI simple Reproduktion von vorhandenem Wissen ersetzen, d.h. überflüssig machen kann.

Daher muss das berücksichtigt werden, wenn es darum geht, wie hoch der tatsächliche Bedarf an Lehrpersonen sein wird.

Wie weit du diese Überlegungen in deinen Essay einbeziehen willst, ist deine Sache. Denn sie dürften die Abfassung deines Aufsatzes erschweren.

Wenn du also nicht das Problem erfassen, sondern lieber eine gute Note bekommen willst, lass diese Gesichtspunkte besser außer Acht.

Dazu nur dies:

  • Wenn ich an meiner Schule seit Jahrzehnten beobachte, wie sich Referendare verbiegen müssen, wie sie schleimen müssen (gegenüber den sie besuchenden Fach- und Seminarleitern), wie sie quasi ihre Persönlichkeit verleugnen müssen, um an gute Noten zu kommen (ohne Garantie auf einen Job !!!), dann wird mir immer wieder schlecht - allein wegen dieser eineinhalb Jahre Entwürdigung, Entmenschlichung !!

REFERENDARIAT

Dazu kann ich nur Folgendes sagen, das sicherlich NICHT den Kern der Frage trifft:

Die mit Abstand (!!) schlimmste Zeit meines Lebens war das zweijährige Referendariat vor meinem 42-jährigen Lehrer-Dasein, das ich stressfrei genoss (Deutsch, Sport, 32 Jahre lang Klassenlehrer (nur zu gern), permanent zum Abi Führender (ebenfalls gern), elf Jahre Vertrauenslehrer).

Besagtes Referendariat hingegen war mit seinem grenzenlos pseudo-pädagogischen Geschwafel, dem erniedrigenden, entwürdigenden, entmenschlichenden, demoralisierenden Verhalten der Seminar-Knallköppe eine Tortur, über die ich mich noch heute nur allzu gern auslasse - in Reden, Abhandlungen wie pädagogischen Aufsätzen usw, usw.

Ein Wunder, DASS und WIE ich diesen Horror überlebte !!

Wenn ich darüber hinaus die Lehrkräfte im Lehrerzimmer beobachte, wie sie mit 50 wie 60 / 65 aussehen; wenn ich in die Gesichter blicke, die Leblosigkeit, Frustration, Lustlosigkeit und Selbstmitleid ausstrahlen; wenn ich höre, wie die Lehrer ab ca. 55 die Jahre zur Pensionierung runterzuzählen beginnen, dann muss ich mich schon fast als absolute Ausnahme in unserem Kollegium bezeichnen. (Im Nachhinein: Ich unterrichtete GERN und STRESSFREI bis zum Alter von 69 (!!) Jahren.

Ich rate JEDEM davon ab, Lehrer zu werden, erstens weil wir mehr und mehr die Erziehungsaufgaben von hoffnungslos überforderten Eltern übernehmen müssen, zweitens weil wir überrollt und erdrückt werden von sich seit Jahrzehnten überschlagenden aberwitzigen Schulreformen, drittens weil auch ein "Einser-Referendar" keine Job-Garantie hat; viertens, weil uns überflüssiger Bürokratie-Terror immer mehr zu erschlagen droht...

Das sind nur vier Gründe von diversen...

  • In wenigen Jahren wird es ohnehin nur noch befristete, also Zeit-Verträge geben, wodurch die berufliche Zukunft des Lehrers völlig unsicher wird.
  • Du kannst nie sicher sein, ob du in den beiden (oder gar mehr) studierten Fächern auch eingesetzt wirst. Deine "Wünsche" richten sich ausschließlich (!!) nach dem Fächer-Bedarf deiner künftigen Schule. Alle möglichen schulinternen Unwägbarkeiten können dazu führen, dass du nur in einem (!) Fach eingesetzt wirst. (Beispiel: Ich unterrichtete vier Jahre NUR Deutsch statt Deutsch UND Sport - war aber okay - - - von insgesamt 42 Lehrer-Jahren.)
  • Du wirst nicht unbedingt in deiner Wunsch-Stadt, geschweige denn Wunsch-Schule unterrichten.
  • Das erste Hindernis ist wie seit Jahrzehnten das entwürdigende, demoralisierende, praxisfremde Referendariat, an dem bereits viele junge Menschen zerbrechen.
  • Gute Abi-Noten sind NULL Voraussetzung für gutes Unterrichten. Die unsinnigen Schulnoten haben keinerlei prognostischen Wert. - Das große Kunststück des VERMITTTELNS von Inhalten ist die einzige, wahre Basis !!
Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
calmdidi 
Fragesteller
 06.08.2023, 21:19

Lieber Freund,

Ich danke dir zutiefst für deine ehrliche und tiefgründige Darstellung deiner Erfahrungen im Lehrerberuf. Deine Worte berühren und inspirieren, laden zum Nachdenken ein und öffnen die Augen für die Herausforderungen und Wahrheiten, die oft verborgen bleiben.

Deine Worte mögen andere dazu inspirieren, mit Bewusstsein auf ihre eigenen Lebenswege zu blicken.

Möge dein Weg weiterhin von Einsicht und Gelassenheit begleitet sein.

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