Kann ich als Hartz-IV-Empfänger Überstunden sammeln?

6 Antworten

Sobald man Geld bekommt, muss es gemeldet werden. Auch nach der Kündigung:

Ichbin822 
Fragesteller
 02.06.2021, 19:29

Muss ich dem Jobcenter auch meine Überstunden melden?

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XObelixxxx  02.06.2021, 19:39
@Ichbin822

Nein, du musst den Lohn melden, den du bekommst. Wofür ist denen völlig egal.

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GerdausBerlin  03.06.2021, 14:00
@Ichbin822

Durch Überstunden erwirbst du einen Anspruch gegen deinen Arbeitgeber. Daher musst du Ansprüche sofort melden, wenn diese Ansprüche nicht sofort befriedigt werden.

Denn wenn der Arbeitgeber diesen Anspruch nicht so erfüllt, wie es das Gesetz vorsieht, geht dieser Anspruch auf das Jobcenter über, steht in SGB II § 33 Übergang von Ansprüchen.

Das Gesetz, hier das BGB, sieht vor, dass am 1. Tag des Folgemonats der Arbeitsleistung diese Leistung zu bezahlen ist - wenn es zu keiner gültigen anderen Vereinbarung gekommen ist. Ob deine Vereinbarung mit deinem Chef gültig ist oder nichtig, das entscheidet zunächst das Jobcenter und im Streitfall ein angerufenes Arbeitsgericht. Eine Vereinbarung wie "Das Unternehmen zahlt dem Arbeitgeber seine Überstunden erst nach zwei Monaten aus" oder noch später, dürfte vor keinem Arbeitsgericht Bestand haben. Also müsste das Jobcenter das Gehalt für die Überstunden im Mai sofort am 1. Juni einfordern vom Chef und danach umgehend klagen.

Von Interesse ist hier sicher auch SGB II § 57 Auskunftspflicht von Arbeitgebern:

"Arbeitgeber haben der Agentur für Arbeit auf deren Verlangen Auskunft über solche Tatsachen zu geben, die für die Entscheidung über einen Anspruch auf Leistungen nach diesem Buch [also auf ALG II; Gerd] erheblich sein können;"

Noch wichtiger in unserem Fall könnte das SGB X sein:

Dritter Abschnitt Erstattungs- und Ersatzansprüche der Leistungsträger gegen Dritte  § 115 Ansprüche gegen den Arbeitgeber:

(1) Soweit der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfüllt und deshalb ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, geht der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Leistungsträger bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistungen über.
(2) Der Übergang wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.

Gruß aus Berlin, Gerd

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Ichbin822 
Fragesteller
 02.06.2021, 22:50

was passiert, wenn ich meine Überstunden in geld umwandle, nachdem ich mein hart iv gekündigt habe? muss ich immer noch 80% an das Jobcenter abgeben? Vielen Dank für Ihre Zeit

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Agamemnon712  03.06.2021, 11:13
@XObelixxxx
Neee, dann nicht mehr.

Durchaus noch möglich. Es kommt auf den Zuflußzeitpunkt an.

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Agamemnon712  03.06.2021, 11:15
@Ichbin822
nachdem ich mein hart iv gekündigt habe? muss ich immer noch 80% an das Jobcenter abgeben?

ALG 2 "kündigen" kann man nicht so einfach. Arbeitsentgelt kann auch nachträglich noch angerechnet werden - es kommt immer auf den Zuflußzeitpunkt an.

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Agamemnon712  04.06.2021, 06:27
@XObelixxxx

Da ALG 2 immer mtl. im Voraus gezahlt wird, kann der Zuflußmonat durchaus von Bedeutung sein.

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Das wären dann keine Überstunden, sondern Betrug und der ist strafbar !

Nicht nur Du, sondern auch dein Chef würden sich hier strafbar machen.

Ichbin822 
Fragesteller
 03.06.2021, 10:59

Hallo

danke für Ihre Antwort

es wäre also illegal, wenn ich meine Überstunden sammle und nach der Kündigung von hart iv in Geld umwandle? gibt es ein Gesetz, das besagt, dass dies illegal ist?

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Agamemnon712  03.06.2021, 11:18
@Ichbin822

Die Ansammlung von "Überstunden" würde hier dem Anschein nach ausschließlich praktiziert, um eine Leistungskürzung zu vermeiden = sehr schwammig bis illegal.

Das entsprechende Gesetz dazu darfst Du Dir ergoogeln :D

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isomatte  03.06.2021, 11:56
@Ichbin822

Überstunden wären es erst dann, wenn die im Vertrag vereinbarten Arbeitsstunden abgeleistet sind und dann weitere Arbeitsstunden anfallen würden und die könnten dann auch ganz legal auf einem Zeitkonto angespart werden.

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Ichbin822 
Fragesteller
 03.06.2021, 11:02

Okay, jetzt verstehe ich, vielen Dank, Sir

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Überstunden sind Arbeitsstunden, die über der Arbeitszeit liegen, die man in seinem Arbeitsvertrag mit deinem Arbeitgeber vereinbart hat.

Bei einem Minijob mit einem Arbeitsvertrag über 100,- € Monatsgehalt wäre das also knapp über 10 Stunden Arbeitszeit im Monat.

Diesen Arbeitsvertrag legst du nun deinem Jobcenter vor.

Dann verlangt dein Chef von dir im ersten Arbeitsmonat, mehr als 35 Überstunden zu leisten, weil mehr Aufträge reingekommen sind oder eine Maschine kaputt gegangen oder ein Kollege krank geworden ist.

Dann musst du dem Jobcenter schreiben: "Ich muss in diesem Monat mehr als 35 Überstunden zu leisten, weil ...", wenn du nicht schwarz arbeiten möchtest.

Dann geht das Jobcenter davon aus, dass du am 1. Tag des nächsten Monats dein normales Gehalt auf deinem Konto hast - und zudem das Gehalt für deine Überstunden. Denn so steht es im BGB. Anders geht es nur, wenn dein Arbeitsvertrag oder ein für dich gültiger Tarifvertrag (oder eventuell eine Betriebsvereinbarung und dergleichen) etwas anderes bestimmen.

"etwas anderes" kann sein:

  1. Gehalt wird immer erst am 15. des nächsten Monats ausbezahlt oder so.
  2. Überstunden werden nicht ausbezahlt, sondern fließen auf ein Guthabenkonto oder so.

Gegen Nummer 1 wird das Jobcenter nichts einwenden.

Gegen Nummer 2 kann das Jobcenter etwas enwenden, wenn es für den Arbeitnehmer keine Pflicht gibt, auf die sofortige Auszahlung seines Gehalts für seine Überstunden zu verzichten.

Wenn der Arbeitgeber also die Pflicht hat, am 1. Tag (oder ausnahmsweise auch mal am 15. Tag) des Folgemonats das Gehalt des Vormonats voll auszuzahlen,

dann darf der Arbeitgeber nicht freiwillig darauf verzichten!

Plump und verkürzt gesagt:

Falls der Chef nicht am 1. Juni das volle Gehalt für Mai (einschließlilch Überstunden und Feiertags-Zuschläge usw.) löhnt, holt sich das Jobcenter das volle Gehalt vom Chef!

Das steht in SGB II § 33 Übergang von Ansprüchen. Das Jobcenter schickt dann eine Rechnung, dann eine Mahnung, dann klagt es, dann schickt es den Gerichtsvollzieher zu deinem Chef.

Relevant dabei ist auch SGB II § 2 Grundsatz des Forderns:

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen.

Gruß aus Berlin, Gerd

Um Deine Titelfrage zu beantworten: m.M.n. grundsätzlich Ja.

Völlig legal und seriös klingt Deine Schilderung für mich jedoch nicht.

Ich habe eher den Eindruck, daß Dein "Chef" Lohndumping betreiben und Dich nicht vollständig auszahlen will.

Hast Du einen schriftlichen Arbeitsvertrag? Wenn Ja, was steht da bzgl. Lohnauszahlung drin?

Wenn zum Ende des Arbeitsvertrags x Monate à 350 € in einer Summe ausgezahlt werden, hast Du ggf. temporär keinen Anspruch auf Leistungen.

Du muss aber diesen Lohn beim Jobcenter melden...