Ist jemand der Rache an jemandem nimmt, aufgrund einer erlittenen Ungerechtigkeit, gleich schlecht wie der ursprüngliche Angreifer?

Das Ergebnis basiert auf 13 Abstimmungen

Nein. 54%
Ja. 46%

7 Antworten

Ja.

Ja, er ist sogar noch schlechter, denn er begibt sich nicht nur auf eine Ebene mit dem Täter, sondern verliert auch das Quantum an Würde, das ihn bisher über den Täter erhob. Es kommt auch darauf an, ob der Angriff auf geistiger/seelischer, oder körperlicher Gewalt beruht. Es ist auch ein Unterschied, ob man direkt auf einen Angriff reagiert und versucht den Gegner zu vernichten um weiteren Schaden zu verhindern, oder ob eine Rache geplant ist. Dann ist sie selber ein Verbrechen. Notwehr ist keine Rache.

Der "Angreifer" empfindet sich evtl. "gut", wegen des Angriffs. Meist um sich "stärker" zu fühlen - dies heißt, dass er, bewusst oder unbewusst, sich gerade nicht stark genug fühlt und dies auszugleichen versucht.
Bei der Rache hat man sich vom "Täter" dazu provozieren lassen, selbst zum Täter zu werden. Dies zieht weitere Emotionen nach sich, welche evtl. verdrängt werden und trotzdem einen Einfluss auf dich haben.
Für alle die mit einem klaren Nein antworten: Der Angreifer wird auch eine Legitimation, dafür haben.
Ich halte es für stark, sich durch die Ungerechtigkeit nicht aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen und ggf. Grenzen zu setzten und Wiedergutmachung einzufordern, was leicht gesagt ist.
Es ist schwierig dies zu vergleichen, aber wahrscheinlich liegt, wenn die Rache eine Legitimation für Gegengewalt ist, die Antwort tendenziell mehr bei "ja" als bei "nein".

DoctorInge 
Fragesteller
 27.09.2022, 14:30

Ich finde ehrlich gesagt, dass das nicht dasselbe ist. Klar, deine Sichtweise kann ich nachbollziehen, du beleuchtest beides Mal den inneren Frust, der als Legitimation hergenommen wird. Dieser wird tatsächlich auch bei beiden vorhanden sein.

Aber ich finde, es macht einen großen Unterschied, ob jemand etwas zurückgibt an die Persön, die die schlechten Gefühle direkt verursacht hat oder ob jemand einen komplett Unbeteiligten und somit Unschuldigen angreift. Für mich sind das zwei total verschiedene Dinge, denn derjenige, der Rache nimmt, hätte diese schlechten Gefühle ohne das Handeln des Angreifers gar nie gehabt und derjenige gibt es nur einer Person zurück, die ihm schon direkt Schlechtes tat.

Der ursprüngliche Angreifer griff ja jemanden an, von dem nichts ausging und der absolut nichts dafür kann.

Ich meine, stellvertretende Rache an Menschen, die nichts getan haben, weil man sich an den Ursprungstätern nicht gut rächen kann, halte ich auch für höchst verabscheuenswert.

Ich sehe Verletzung also keinesfalls als grundsätzliche Legitimation dafür, anderen etwas anzutun. Und für Rache an ursprünglich Unbeteiligten oder Rache für einen anderen sehe ich sowieso nie eine Rechtfertigung. Aber ich finde, es ist eine gänzlich andere Geschichte, wenn sie genau diese Person abbekommt, die einen ursprünglich auf unfairer Weise und ohne Vorgeschichte geschadet hat.

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MaMoJoe  27.09.2022, 17:15
@DoctorInge

Das kann ich nachvollziehen und auch die Kommentare die auf das "Grenzen setzten" abzielen.
Es sind anfangs zwei unterschiedliche Dinge.
Für viele Menschen ist "Das Gesicht nicht zu verlieren" ein rationaler Grund für die Rache. Was voraussetzt, dass man Angst davor hat sein Gesicht zu verlieren. Über den Dingen zu stehen durchbricht einen Teufelskreis und deutlich souveräner.
In beiden Fällen, Rache & stellvertretende Rache geht es um Gefühle, welche schwer zu beeinflussen sind. Manche stellvertretende Rache wird von ihren Auswirkungen genährt und zwingt unbeteiligte in eine Spirale mit der sie eigentlich nichts zu tun haben.
Falls dadurch etwas in Rollen gebracht wird, interessiert sich später keiner dafür wer angefangen hat. Die Vorstellung auf eine Stufe mit dem Täter gestellt zu werden, weil man reagiert hat, finde ich grauenhaft.

Ich kenne dich, die Situation und den Grund deiner Frage nicht. Vielleicht bist du versierter Mensch, der aus dem Gleichgewicht gezwungen wird. Lass dich nicht darauf ein, vielleicht gibts einen anderen Weg Grenzen zu setzten und zu verzeihen. Für dich!

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DoctorInge 
Fragesteller
 27.09.2022, 20:17
@MaMoJoe
Die Vorstellung auf eine Stufe mit dem Täter gestellt zu werden, weil man reagiert hat, finde ich grauenhaft.

Ich auch.

Ich kenne dich, die Situation und den Grund deiner Frage nicht. Vielleicht bist du versierter Mensch, der aus dem Gleichgewicht gezwungen wird. Lass dich nicht darauf ein, vielleicht gibts einen anderen Weg Grenzen zu setzten und zu verzeihen. Für dich!

Damals, als man das Problem noch lösen hätte können, bevor es mir Schaden zufügt, half mir keiner und ich alleine schaffte es nicht. Ich ging beim Setzen von Grenzen vielleicht zu wenig radikal vor und hatte auch dauernd im Kopf, wenn ich gleich täte wie sie, wäre ich gleich wie sie. Das ekelte mich sehr an, deshalb war ich zu oft zu nett.

Ich habe mich natürlich gewehrt, aber es half nichts. Um mich wirklich zu wehren, hätte ich auf eine andere Art zurückschlagen müssen. Und genau das tat ich nicht, unter Anderem aufgrund dieses Glaubenssatzes, den ich da ständig im Kopf hatte. Ein Fehler und wie ich heute sehe, vielleicht auch irgendwo ein Ergebnis von Manipulation. Ich fühlte mich auch total machtlos.

Deshalb hinterfragte ich diese Ansicht jetzt auch und kam zu dem Ergebnis, das ich eh schon im vorherigen Kommentar mitteilte.

Jetzt brodelt es einfach permanent in mir und am liebsten würde ich es den Menschen, die mich damals so niedergemacht haben, irgendwie heimzahlen.

Das Ding ist nämlich, für ihr Verhalten spürten sie keinerlei Konsequenzen. Einfach wirklich überhaupt keine. Nicht einmal eine Ansage. Nichts. Dabei weiß ich im Nachhinein, dass man einige dieser Menschen hätte anzeigen und zumindest verklagen können. Es war nämlich objektives Unrecht und nicht einfach eine subjektiv empfundene Gemeinheit.

Nur war ich damals ein Kind / eine Jugendliche und wusste das nicht. Ich wurde auch nicht darüber informiert, dass ich auf legalem rechtlichem Wege handeln hätte können. Als ich das herausfand, war alles verjährt.

Hätte ihr Handeln damals Konsequenzen gehabt, hätte ich jetzt nicht den Drang, es ihnen heimzahlen zu müssen. Die Tatsache, dass wirklich überhaupt nichts geschah, ist das, was mich verrückt macht.

Es ist ja nicht so, als hätte es keine Konsequenzen für mich gehabt. Es geht nicht um ein kurzes Empfinden der Ungerechtigkeit oder einer kleinen Gemeinheit oder so, das Ganze hatte Folgen, die ich heute mit 21 immer noch spüre.

Auch gab es keine Entschuldigung. Nie. Von keinem Haupt-Verantwortlichen. Überhaupt nichts. Es ist schwer, zu verzeihen, wenn man absolut kein Anzeichen sieht, dass es dem anderen überhaupt leid tut. Und ich will es ehrlich gesagt auch nicht einmal.

Es wurde so getan, als wäre es nicht wichtig und als wäre nichts gewesen. Einfach alles unter den Teppich gekehrt. Getan wurde, als wäre es eine Lappalie gewesen, die keinen mehr interessiert und um mein Befinden hat sich überhaupt keiner gekümmert. Das ist etwas, das mich heute noch aggressiv macht. Zu tun, als wäre das nichts gewesen, obwohl die Folgen heute noch bestehen.

Ich denke bei Rache ja nicht an einen Mord oder so. Da würde ich mir selbst zu sehr schaden. Das soll ja schließlich auch nicht passieren, taten die anderen ja schon zu genüge. Vielleicht will ich ja auch gar keine Rache, sondern einfach nur ein Zeichen setzen. Aufmerksamkeit. Damit die Leute sehen und daran erinnert werden, wie mies das wirklich war und dass es keine Lappalie war.

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MaMoJoe  27.09.2022, 20:45
@DoctorInge

Du hast mein volles Mitgefühl. Es geht vielen Menschen so und ich wünschte es gäbe dafür eine fairere Lösung: Zu verzeihen, um mit sich wieder ins Reine zu kommen.

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MaMoJoe  27.09.2022, 21:10
@DoctorInge

Ich war so frei mir deinen Account anzuschauen, du scheinst ein toller Mensch zu sein. Die Menschen die ich als toll empfinde, hatten Glück im Leben und haben viel richtig gemacht. Auch kommt mir diese Kombination aus Unsinn und Ernsthaftigkeit im richtigen Moment vertraut vor xD

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MaMoJoe  27.09.2022, 21:47
@DoctorInge

Hier sorry aber ich muss dich nochmal loben, auch wenn es zu diesem Post vielleicht etwas unpassend ist.
Hab bei dir weitergelesen, du bist unglaublich Cool und hast die richtige Einstellung.
Für mich bist du der Star des Abends. Ich feiere dich voll!
Btw. Du hast mit deinem letzten Kommentar so unglaublich treffend diverse Gefühle formuliert. Vor 3 Jahren habe ich auch eine sehr verletzende Ungerechtigkeit erlebt die mich, wenn überhaupt, nicht so schnell wieder loslässt. Ich habe meine in deinen Worten 1zu1 wiedergefunden. Vielen Dank dafür! Damit bist du auch gleichzeitig der Beweis dafür, dass sich nicht zu rächen der richtige Weg ist. Weiterso Dr.Inge!!!!

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DoctorInge 
Fragesteller
 28.09.2022, 00:35
@MaMoJoe

Danke. 😊

Ich schätze es wirklich sehr, was du über mich geschrieben hast. 😊

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Nein.

Nein,

nicht genauso schlecht.

Das Tatmotiv ist ein anderes und der jenige, der zuerst die Tat begangen hat,

ist der Auslöser.

Nein.

Keinesfalls, denn jemanden zu demütigen und lächerlich zu machen, lösen naturgegeben Hassgefühle aus, was ich auch aus persönlicher Erfahrung nachvollziehen kann.

Nein.

Es ist nur die Reaktion auf etwas. Und ohne Aktion, gäbe es keine Reaktion

DoctorInge 
Fragesteller
 25.09.2022, 18:29

Denke ich mir auch. Derjenige hätte ja nicht aus dem Nichts einen Unschuldigen geschädigt, der Angreifer hingegen schon.

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DoctorInge 
Fragesteller
 25.09.2022, 18:30
@Sniffyz1907

Vor Allem, wenn der Täter durch das System (Umfeld, Strafrecht) keine Konsequenzen zu spüren bekam, bei was auch immer. Da kann ich verstehen, dass der Betroffene das Nachholen will.

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