Ist es schwer, Nietzsche zu lesen bzw. zu verstehen?

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Unter den Philosophen ist Nietzsche einer der gut Lesbaren (zusammen mit Schopenhauer); im Unterschied etwa zu Kant und Heidegger. Auf keinen Fall schreibt er einen trockenen oder sehr wissenschaftlichen Stil. Nietzsche ist einer der brillantesten Stilistiker der deutschen Sprache überhaupt! Da er sich meistens der Aphorismus-Methode bedient, fragt es sich, ob man jeden Aphorismus lesen muss; manche sind weniger interessant. Deshalb meine Empfehlung: möglichst ein Buch kaufen, das auf die einschlägigen Stichworte seiner Philosophie verweist (mit Seitenangabe). Also z.B. „Wille zur Macht“ in „Jenseits von Gut und Böse“ zweites Hauptstück, S..... Den „Antichrist“ lies nur unter Vorbehalt. Diese Buch stammt aus Nietzsches „Absturzphase“. Er hat darin Dinge gesagt, die er bei klarem Geist nicht wiederholen würde („Fluch auf das Christentum“, „Die Schwachen sollen zugrunde gehen, und man soll ihnen dabei noch helfen“ u.a.m.). Ziehe ein gutes Sekundärwerk über Nietzsche heran, in dem du die Hauptaussagen seiner Philosophie vorweg ermitteln kannst; z.B. Walter Kaufmann, Nietzsche (Philosoph, Psychologe, Antichrist); darin z.B. „Die Entdeckung des Willens zur Macht“ – Eine Warnung: nimm Nietzsche auf keinen Fall wörtlich! (Thomas Mann: „Wer Nietzsche eigentlich nimmt, wer ihm glaubt, ist verloren!“) Nietzsche selbst hat bei seinen Lesern den ironischen Vorbehalt für sein Werk eingefordert: ‚Es ist durchaus nicht nötig, nicht einmal erwünscht, Partei..... für mich zu nehmen: im Gegenteil, eine Dosis Neugierde, wie von einem fremden Gewächs, mit einem ironischen Widerstande, schiene mir eine unvergleichlich intelligentere Stellung zu mir’ (s. Zitat bei Rüdiger Safranski, S. 310). Dieses Zitat bestätigt die Meinung von Gunzelin Schmid Noerr (in Geschichte der Ethik), der sagt, man dürfe Nietzsche auf keinen Fall wörtlich nehmen. Zwar seien seine Schriften widersprüchlich und für missbräuchliche Verwendung offen. Aber „man kommt seinen eigentlichen Intentionen nur dann auf die Spur, wenn man erkennt, dass dort nichts als unmittelbar geltend behauptet wird, vielmehr alles auf ein kritisiertes Gegenüber bezogen ist. So ist auch die von ihm favorisierte ‚Herrenmoral’ das ins Archaische zurückprojizierte Spiegelbild seiner oft nur allzu berechtigten Moralkritik.“ M.E. zeigt das Zitat, dass Nietzsche seine Thesen nur als Diskussionsgrundlage ansah. Man sollte sich Gedanken machen über seine Ansichten und Einsichten, über das von ihm entworfene Gedankensystem. Auf keinen Fall sollte man dieses System sozusagen als ideologisches Programm ansehen und es bei guter Gelegenheit in die (politische) Praxis umsetzen; andernfalls: s. Thomas Mann!

mit nietzsche hatte ich keine großen probleme, allerdings stimme ich mit ihm in einigen punkten nicht überein, aber alles in allem hat der viele richtige sachen zu papier gebracht.

Nietzsche ist recht gut zu lesen. Der kann wirklich gut schreiben. Was das Verstehen betrifft: Wenn du Nietzsche "verstehst" bring ich dich kostenlos und persönlich in die Irrenanstalt ;)

Man muss kein Albert Einstein sein um dir zu sagen: Es ist relativ. xD

Kommt ganz auf einen Selbst an, ob man nun viel liest, welchen Wortschatz man sich bereits angeeignet hat und ob man schwere Lesekost nun gut findet (die Herausforderung suchend) oder eher nicht (langweilig - abweisend), jeder nimmt es anders wahr. - kurzum: relative Wahrnehmung.

Das beste wäre wirklich, du gehst in ne Bibliothek oder Buchhandlung und liest dir mal ein paar Seiten von dem Buch durch, für das du dich interessierst und dann kannst es selber beurteilen ob du deine Zeit darauf verwenden möchtest.

Habe übrigens kein Nietzsche gelesen, bin aber an des Herrn Knigges Buch dran und das empfinde ich doch als sehr amüsant, wenn auch anspruchsvoll durch philosphisch gekünselte Schrift und dem Unterschied von 200 Jahren, der nur teilweise durch eine Neufassung verblasste.