Interkulturelle Kompetenz beim Vorstellungsgespräch. Richtige Antwort?

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Ich finde nicht, dass Du Dich beschissen fühlen musst. Wenn Du noch keine Erfahrung in diesem Bereich hast, musst Du eben dazulernen. Ein Interkulturelles Training ist keine Strafe, sondern eine tolle Weiterbildungsmöglichkeit, die ich jedem ans Herz legen würde. Wenn sie es unfreundlich gesagt haben, ist das ein Problem ihres Respekts, nicht Deiner Kompetenzen.

Tatsächlich ist es aber so: Du bist nicht der Erzieher der Menschen, die zu Dir kommen. Es ist in einer Behörde als Dienstleister oder Berater nicht Deine Aufgabe, den Menschen beizubringen, wie sie sich in Deutschland zu verhalten haben. Natürlich kannst Du die Frau durch Blickkontakt genauso einbeziehen wie den Mann, aber Du solltest akzeptieren, wenn nur er spricht. Genauso bei der Begrüßung: Du kannst Menschen die Hand entgegenstrecken, aber akzeptieren, wenn manche diese nicht schütteln mögen. So zeigst Du Deine kulturellen Werte, ohne sie Deinen Klient*innen aufzuzwingen.

Außerdem: Ich arbeite in einer Beratungsstelle für Migrant*innen und bei uns redet oft auch nur einer- allerdings mal der Mann, mal die Frau. Meistens liegt das schlicht und einfach daran, dass einer besser Deutsch spricht oder sich sicherer in der Sprache fühlt. Man muss deshalb auch aufpassen, eine Situation nicht (klischeehaft) falsch zu interpretieren. Dass die Frau nicht spricht, bedeutet nicht automatisch, dass sie unter dem Pantoffel ihres Mannes steht. Es könnte immer viele andere Gründe geben, die wir nicht kennen. Denk Dir einfach immer, dass Dein Gegenüber schon seine oder ihre guten Gründe für sein*ihr Verhalten haben wird.

DonkeyDerby  20.05.2016, 15:47

Sehr gute Antwort, DH!

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Ich finde, deine Antwort ist richtig. Und wenn es jetzt christliche, jüdische oder sonst was waren, würde ich auch denjenigen ansprechen, der nichts sagt, oder wenn er was sagt, ständig unterbrochen wird. Das hat mit Muslime nichts zutun, das ist einfach eine Frage des Anstandes, dass man seinen Partner reden und ausreden lässt. Und wenn man das nicht tut, muss man eben mit direkten Fragen des Sachbearbeiters rechnen.

Ich finde, das ist eher interkulturelle Kompetenz. Dieses Verhalten hat nichts mit Religion zu tun, es ist einfach ein Zeichen von Verstand und Anstand, dass man einen Menschen reden lässt und das sollte in jeder Kultur der Fall sein. Auch wenn da jetzt ein Kind sitzen sollte. Was bringt es dann, wenn die Mutti die ganze Zeit für das Kind redet, und das Kind eigentlich etwas ganz anderes sagen möchte?

Vergiss diese Behörde, bei solchen Leuten würde ich gar nicht erst anfagen, zu arbeiten, wenn die dir so einen Kurs aufschwatzen wollen, obwohl du in menschlicher und ethischer Sicht alles richtig gemacht hast.

Ich bin da eher auf der Seite des Kollegen. Anders gefragt, warum würde es dich großartig stören, wenn nur der Ehemann antwortet? Das ist (leider) wirklich so in deren Kulturkreis verankert und du wirst es nicht ändern können.

LOL, vor allem die Frauenbeauftragte war es, die dir nahelegt, solch einen Kurs zu belegen. Wie geil ist das denn?

Richtig ist hier relativ. Ich hätte wahrscheinlich genauso gehandelt. Aber dass eine Behörde vorauseilenden Gehorsam gegenüber patriarchalen Kulturen von ihren Angestellten erwartet, das dürfte eigentlich klar sein.

Naja, wenn du die Stelle bekommst, dann kannst du ja den blöden Kurs machen und wenn die Situation kommt, dich trotzdem verhalten, wie du es für richtig hältst.

Es kommt auf den genauen Kontext an:

Wenn du Fragen an beide hast, welche der Mann genauso gut beantworten kann, dann kann es dir egal sein wer das Sprechen übernimmt.

Hast du aber Fragen speziell an die Frau, dann solltest du auch direkt sie ansprechen. Besonders wenn du den Eindruck hast, vom Mann nicht die passenden Antworten zu bekommen.

Zwei Beispiele:

a) Bürgeramt. Das Paar will ein Auto anmelden. Der Mann füllt die Formulare aus, die Frau schaut nur zu. Was solls? Ist doch völlig gleich.

b) Standesamt. Das Paar will heiraten. Hier muss natürlich jeder "Ja" sagen, nicht der Bräutigam oder Vater für beide.