Hebammenstudium ja oder nein?

3 Antworten

Um ehrlich zu sein habe ich keine Ahnung, aber ich habe in Australien mal ne Hebamme gedated und da kam auch mal die Frage auf, ob sie Lust hätte eine Zeitlang in DE zu leben, da hat sie mir erzählt, dass sie in einem ihrer Kurse das "Hebammensystem" in anderen Ländern studiert hat und meinte Deutschland schneidet im Vergleich sehr schlecht ab. Gerade als selbständige hat man wohl eine unbezahlbar hohe Versicherung. Aber das habe ich nur aus zweiter Hand.

Hab mal kurz gegoogled:

https://www.ausbildung.de/berufe/hebamme/gehalt/#:~:text=Hebammen%20werden%20in%20die%20Gehaltsgruppe,auf%202800%20Euro%20brutto%20steigern.

Nebenbei: Wenn du als Hebamme nach Australien auswanderst kannst du richtig gut verdienen. Ich weiß nicht was sie genau verdient hat aber schlecht ging es ihr nicht :-)

isebise50  23.05.2021, 17:33
Gerade als selbständige hat man wohl eine unbezahlbar hohe Versicherung.

Die mediale Aufmerksamkeit, die wir Hebammen in den letzten Jahren erhalten haben, ist ein zweischneidiges Schwert. Natürlich war es gut, dass auf Missstände hingewiesen wurde.

Aber Sprüche wie "Hebammen leben am Existenzminimum", "Hebamme ist ein Beruf ohne Zukunft" oder "Hebammen sterben aus" tragen nicht dazu bei, junge Frauen für den Beruf zu interessieren und Berufseinsteigerinnen zu halten.

Die Berufshaftpflichtproblematik hat sich mittlerweile in großen Teilen gelöst.

Vom Gesetzgeber wurde der sogenannte Sicherstellungszuschlag eingeführt, damit die steigenden Haftpflichtprämien für Geburtshilfe kompensiert werden.

Die von dir verlinkte Seite ist entweder uralt oder einfach nur schlecht.

Eine angestellte Hebamme wird nach P8 bezahlt und steigt laut Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst direkt in Stufe 2 mit einem Grundgehalt von 3053,48 € + Zulagen für Arbeit an Sonn- und Feiertagen und Nachtdienst ein.

In Zeiten von Hebammenmangel wird von einigen Krankenhäusern auch schon P9 angeboten - einfach weil sie keine Hebammen finden. Auf weniger sollte sich eine fertige Hebamme nicht einlassen - die Argumente sind schließlich auf unserer Seite.

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Apoka392  23.05.2021, 18:21
@isebise50
Die Berufshaftpflichtproblematik hat sich mittlerweile in großen Teilen gelöst.

Das ist doch schon mal gut zu hören :-) Es ist mittlerweile auch über 5 Jahre her, dass diese Diskussion im Raum stand.

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isebise50  23.05.2021, 18:38
@Apoka392

Schon seit dem 1. Juli 2015 wird ein sogenannter Sicherstellungszuschlag vom GKV-Spitzenverband zum Ausgleich der Steigerung der Haftpflichtversicherungskosten an geburtshilflich tätige Hebammen gezahlt, die einen entsprechenden Antrag stellen.

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Aktuell gibt es viele Bewerberrinnen auf die wenigen Studienplätze (35:400).

Wenn du Interesse an humanmedizinischen Zusammenhängen und den natürlichen Prozessen im Einklang mit sicherer, evidenzbasierter Medizin für Mutter und Kind hast, gerne eigenverantwortlich mit Menschen arbeiten möchtest, dich soziale Kompetenz und Zuverlässigkeit auszeichnet, du eine schnelle Auffassungsgabe, Nervenstärke und Bereitschaft zum lebenslangen Lernen mitbringst und du Schicht-, Wochenend- und Feiertagsdienst nicht scheust, könnte der Beruf der Hebamme etwas für dich sein.

Hebammen sind die Fachfrauen für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit.

Hebammenhilfe umfaßt die Betreuung in der Vorsorge, die Geburt, im Wochenbett, sämtliche Fragen zum Stillen, der Babypflege, sowie die Begleitung in der Phase der Rückbildung.

Hebammen sind in ganz unterschiedlichen Bereichen des Gesundheitssystems tätig; z.B. im Krankenhaus, im Geburtshaus, in der eigenen Praxis, beim Frauenarzt, bei Behörden (z.B. Jugendamt), Institutionen (z.B. pro familia) oder Einrichtungen (z.B. Mutter-Kind-Heim).

Der Beruf der Hebamme ist nicht immer Friede-Freude-Eierkuchen, süße Babys, selbstbestimmende, kraftvolle Gebärende und glückliche Mütter...

Als Hebamme begleitest du auch Geburt mit weniger schönem Ausgang; stille (Tod- oder Fehl-) Geburten, Geburten von behinderten oder missgebildeten Kindern bis hin zu nicht mit dem Leben zu vereinbarende Fehlbildungen, dramatische Notfälle unter der Geburt mit Bedrohung des Lebens von Mutter und Kind, Geburten von unerwünschten Kindern...

Du kommst mit sämtlichen Ausscheidungen in Berührung; Blut, Fruchtwasser, Urin, Kot, Erbrochenes... Nicht jede werdende Mutter ist frisch geduscht, wohlduftend und gut gepflegt...

Nicht selten kommst du mit bakteriellen und viralen Infektionen und Pilzerkrankungen in Kontakt; Syphilis, Toxoplasmose, Gonorrhoe, Chlamydien, Varizellen, Masern, Mumps, Tuberkulose, B-Streptokokken, Röteln, Cytomegalie, Herpes simplex, Hepatitis B und C, HIV, Humanes Papillomavirus...

Du arbeitest als angestellte Hebamme im Schichtdienst; nachts, am Wochenende, an Feiertagen..., springst bei Krankmeldungen häufig ein und machst oft Überstunden, immer mehr Schreibkram und weniger Zeit für die eigentliche Hauptaufgabe und das alles bei chronischer Unterbesetzung...

Im Krankenhaus wirst du nach Tarif (oder meist angeglichen) bezahlt, das sind im TVöD als Anfangsgehalt z.Z. etwas mehr als 3.000 € brutto plus Zulagen für Schicht- und Nachtdienst und Sonn- und Feiertagsarbeit. Das ist etwas besser als der Verdienst einer Krankenschwester.

Du arbeitest als freiberufliche Hebamme gegebenenfalls in Dauerbereitschaft und rechnest über die Gebührenverordnung mit den Krankenkassen ab. Für sämtliche Sozialversicherungen bist du alleine verantwortlich, auch gibt es natürlich dann auch kein Weihnachts- oder Urlaubsgeld oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle.

In der Freiberuflichkeit lässt sich mit gutem Zeitmanagement deutlich mehr verdienen, man trägt aber das unternehmerische Risiko selbst.

Die Berufshaftpflichtproblematik hat sich mittlerweile in großen Teilen gelöst.

Vom Gesetzgeber wurde der sogenannte Sicherstellungszuschlag eingeführt, damit die steigenden Haftpflichtprämien für Geburtshilfe kompensiert werden.

Da können Friseurin, Zahnarzthelferin, Restaurantfachfrau, Reisefachangestellte, Köchin, Rechtsanwaltsfachangestellte oder Verkäuferin nur von träumen.

Ob dies allerdings ein gerechtfertigtes Gehalt für die Verantwortung für Leben und Gesundheit von gleich zwei Menschenleben ist?

Diesen Beruf solltest du aber nicht aus materiellen Gründen auswählen, er ist eher eine Berufung. Doch um einen Arbeitsplatz brauchst du dir keine Sorgen machen, sowohl freiberufliche als auch angestellte Hebammen werden händeringend gesucht.

Es ist ein stressiger, verantwortungsvoller, manchmal auch trauriger und unterbezahlter Beruf und er ist vielfältig, erfüllend und wunderbar.

Auf jeden Fall - sowohl um einen Einblick in den Beruf zu erlangen als auch um deine Chancen bei deiner Bewerbung für einen Ausbildungs- bzw. Studienplatz zu erhöhen - empfehle ich dir ein mehrwöchiges Praktikum. Das kannst du z.B. im Krankenhaus, in einer Hebammenpraxis, im Geburtshaus und/oder bei einer freiberuflichen Hebamme machen.

Mittel- bis kurzfristig (geplant war schon bereits Anfang 2020) wird ein vierjähriger dualer Studiengang zur Hebamme - Bachelor of Science - die Ausbildung an einer Hebammenschule ersetzen, um dem europäischen Standard zu entsprechen.

Da die Überführung der Ausbildung an die Hochschulen bis zum Stichtag 18. Januar 2020 noch nicht vollständig vollzogen war, ist in einem Übergangszeitraum auch noch die klassische Ausbildung an einer Hebammenschule möglich.

Im Moment macht das (noch) keinen Unterschied. Aber es ist zu erwarten, dass langfristig Bewegung in die Gehaltsstruktur kommt, dann gucken "Nichtstudierte" in die Röhre.

Alles Gute für dich!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Ich bin seit fast 40 Jahren Hebamme