Gerhard Roth Willensfreiheit Gehirnforscher?

3 Antworten

Eigentlich braucht man die Libet -Experimente doch gar nicht. Wenn man nicht gerade an eine immaterielle Seele glaubt, muss man davon ausgehen, dass alle Gedanken, Entschlüsse, Emotionen uns. Zuerst auf der neuronalen, unbewussten Ebene entstehen müssen, ehe etwas davon ins Bewusstsein gelangt. Ich habe mich aber gefragt, wie es mit der Planung und Steuerung verläuft. Dazu habe ich bei Singer keine Antwort gefunden,allerdings noch nicht alles gelesen, eigentlich erst damit angefangen. In dem hier Zitierten schreibt Roth, Verstand und Vernunft spielen eine Rolle. Beide sind aber Teile des Bewusstseins, Überlegungen,Gedanken,Abwägungsprozesse: Das ist doch keine Separate Instanz, sondern wieder eine Projektion der auf neuronalen Ebene erzielten Ergebnisse im Bewusstsein, nur eine Art Bericht davon, was das Gehirn chemisch-physikalisch bereits produziert hat. Das verstehe ich nicht. Oder soll das nur heißen, dass das Bewusstsein für die Planung unentbehrlich ist, weil sich die bewusst erlebten Bilder /Produkte wieder auf die Prozesse im Gehirn auswirken und damit eine Art Kontinuität entsteht, weil durch das bewusste Erleben die Aufmerksamkeit aufrecht erhalten wird.. also eine Art Wechselwirkung: Was ich bewusst erlebe, ruft Emotionen hervor und wird als Erlebtes im Gedächtnis gespeichert, so dass sich die Neuronen weiter damit beschäftigen und eine langfristige Planung damit möglich ist? Mit anderen Worten: durch bewusstes Erleben bleibt das Gehirn am Ball, auch wenn das Problem gerade nicht mehr akut ist , ohne Bewusstsein könnte es ansonsten sofort entsorgt werden, sobald nicht akut und damit nicht im biologischen Sinne notwendig? Oder was meint er mir Vernunft und Verstand? Wenn ich Singer richtig verstehe, gibt es nur unbewusstes Neuronenspiel, wo alles zustande kommt und das Bewusstsein, das nichts kann, außer zu empfangen. Weiter nichts. Das Gehirn als Sender und die Projektion im Bewusstsein. Und das ist für mich logisch, weil ALLES, was wir bewusst erleben, zuerst entstehen MUSS, und es kann nur chemisch/physikalisch entstehen, also unbewusst, es kann logischerweise erst nach dem Entstehen bewusst werden. Sorry f. Wiederholungen, uch habe aber Probleme, es hier verständlich zu artikulieren, zumal Deutsch nicht meine Muttersprache ist.

Ich meinte nicht das Buch von Roth, sondern dieses Lehrbuch, aus dem die hochgeladene Seite stammt, ich wollte wissen, in welcher Klasse man mit solchen Problemen konfrontiert wird. So eine Zusammenstellung hätte ich selber gerne. Lg

gauss58  02.05.2019, 21:00

Ich sehe, Du hast Dich mit dem Thema beschäftigt. Ein paar allgemeine Anmerkungen zu Libet und Roth:

Handlungen geht eine bewusste Entscheidung voraus. Die Einleitung einer Handlung ist durch Messung des sog. Bereitschaftspotenzials im Gehirn feststellbar. Nun würde man erwarten, dass die bewusste Entscheidung zeitlich vor dem Bereitschaftspotenzial liegt. Benjamin Libet wollte durch Experimente diese Auffassung verifizieren. Er wurde aber belehrt: Die bewusste Entscheidung erfolgt nachrangig. D.h., vor der bewussten Entscheidung ist diese unbewusst schon getroffen worden. Da stellt sich die Frage, welche Bedeutung das Bewusstsein hat bzw. wie frei unser Wille ist. Das Thema beschäftigt seitdem Hirnforschung und Philosophie.

M.E. knüpft der Text hier an. Die freie Willensentscheidung ist eine Illusion. Wir erleben uns subjektiv als Entscheider, aber das Ich-Bewusstsein trifft diese Entscheidungen nicht. Im nächsten Abschnitt kommen das Unbewusste und das limbische System ins Spiel. Hier erfolgt ein Erklärungsansatz, wie Entscheidungen zustande kommen. Im folgenden Abschnitt thematisiert Roth die Rolle von Vernunft und Verstand als Ratgeber. Vernunft und Verstand sind aus dem Blickwinkel der Evolution jüngere Bausteine im Gehirn und daher auch gegenüber dem emotionalen Handlungssystem nachrangig. Und zu guter Letzt haben diese Erkenntnisse Einfluss auf den subjektiven Schuldbegriff.

Roth hat sich in "Das Gehirn und seine Wirklichkeit" zur Rolle des Bewusstseins geäußert. Bewusstsein sei das Eigensignal des Gehirns und trete dann auf, wenn wir Neues lernen und als Folge davon Neuverknüpfungen im Nervennetz erfolgen. Wenn man sich für Roth interessiert, sollte man m.E. dieses Buch lesen. Hier sind alle kritischen Themen von Roth enthalten.

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IleniaEva  02.05.2019, 23:25
@gauss58

Danke. Ich habe gesehen, dass das Buch von 1996 ist, es wird wohl nicht mehr alles dem aktuellen Stand der Forschung entsprechen. Ich dachte, ich beginne mit den neuesten, dann kann ich bie den älteren erkennen, was der Autor schon revidiert hat. Ich will aber zuerst alles von Singer lesen. Er schreibt sehr verständlich und sachlich. Ich würde so gerne den beiden Fragen stellen, es wird aber nicht möglich sein. Weisst du, wo man sich über Hirnforschung informieren kann, wo man Leute findet, die sich mit dem Thema befassen. Ich finde es wichtig zu wissen, was mich und andere Menschen treibt, wie wir tatsächlich funktionieren. Ich wollte auch noch Dennet und Nagel lesen, aber als berufstätige Mutter habe ich leider nicht genug Zeit. Lg

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gauss58  03.05.2019, 07:19
@IleniaEva

Gerhard Roth habe ich mal in einem Vortrag gehört. Im Internet findet man sicherlich Infos, ob er irgendwo auftritt. Thomas Nagel beschäftigt sich in "Der Blick von nirgendwo" mit der Frage, wie das Subjektive in eine objektiv beschreibbare Welt passt. Von Wolf Singer habe ich vor Jahren "Ein neues Menschenbild?" gelesen, wo er auf Basis der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse der Hirnforschung am Selbstverständnis des Menschen rüttelt. Letztendlich gilt: Das Phänomen Geist bleibt rätselhaft.

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Gerhard Roths Ausführungen zur Willensfreiheit sind keine leichte Lektüre. Wenn man einen solchen Text erschließen will, sollte man zu jedem Abschnitt eine Kernaussage formulieren. Anhand dieses Gerüstes ergibt sich dann nach und nach das Gesamtbild. Z.B. zu Abschnitt 2: “starke Form der Willensfreiheit gleich Illusion“, zu Abschnitt 3: „Entscheidung wird vom Unbewussten getroffen“ oder Abschnitt 4: „ Verstand und Vernunft sind Ratgeber, aber keine Entscheider“. Wenn man dann den roten Faden erkannt hat, kann man auch eine verständliche Zusammenfassung dazu schreiben. Ich bin sicher, dass Dir das gelingen wird.

Hallo kannst du mir schreiben, aus welchem Buch du die Seite hast,den Titel oder die ISBN?Ich wäresehr dankbar. Roth ist kein Philosoph sondern Hirnforscher. Lg

gauss58  02.05.2019, 18:03

Gerhard Roth hat als Hirnforscher eine Doppelqualifikation (Promotion in Philosophie und in Zoologie). Das macht ihn für interdisziplinäre Fragestellungen interessant, die ihn auch selbst beschäftigen. Das Buch ist unter dem Text angegeben. Der Schlüssel zu Roths Verständnis der Willensfreiheit liegt im Libet-Experiment.

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IleniaEva  02.05.2019, 19:13
@gauss58

Meine Antwort steht jetzt oben, ich habe sie im falschen Feld verfasst, ich hoffe, du liest sie trotzdem, weil ich jemanden suche, der mir ein paar Fragen zu diesem Thema beantworten kann.

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