Gab es im alten Rom Süßigkeiten?

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Ja, das Essen von Süßigkeiten im alten Rom ist belegt.

Die antiken Römer(innen) hatten eine süße Küche.

Süßstoffe

Der weitaus am häufigsten verwendete Süßstoff war Honig. Außerdem gab es süße Früchte wie Datteln, Feigen und Weintrauben, wurden süße Weinprodukte wie Rosinen, Strohwein, Süßwein, Mostsirup und aus Früchten gewonnener Süßmost genutzt.

Zucker aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr ist anscheinend nicht als Süßstoff verwendet worden. Zu Zucker wird entweder angegeben, die Römer hätten ihn nicht gekannt (Rohrzucker in Palästina 7. Jahrhundert n. Chr., Griechenland 8./9. Jahrhundert, Ende des 10. Jahrhunderts über Venedig nach Westeuropa eingeführt), oder, er sei eine seltene und kostspieliges exotische Importware gewesen, hauptsächlich zu medizinischen Zwecken verwendet.

Jörg Kurz, Zucker. In: Antike Medizin : ein Lexikon. Herausgegeben von Karl-Heinz Leven. München : Beck, 2005, Spalte 739 gibt an:

Zucker aus indischem Zuckerrohr war seit hellenistischer Zeit als kostspielige Importware im Mittelmeerraum bekannt (Strabon 15, 1, 20). Als Süßstoff für Speisen und Getränke diente nicht Zucker, sondern Honig. Der seltene Zucker wurde bis in römische Zeit hauptsächlich medizinisch verwendet. Seiner Qualität nach erwärmend und trocknend (im zweiten Grad) nützte er bei Bauch- und Magenbeschwerden, bei Blasen- und Nierenleiden und äußerlich als Bestandteil von Augensalbe (Plinius, Naturalis historia 12, 32; Galenos, Περὶ κράσεως καὶ δυνάμεως τῶν ἁπλῶν φαρμάκων [Über Mischung und Wirkung der einfachen Arzneimittel; lateinischer Titel: De simplicium medicamentorum temperamentis et facultatibus] 7, 9. K 12, 71; Dioskourides, Περὶ ὕλης ἰατρικῆς [Über Heilmittel; lateinischer Titel: De materia medica] 2, 104; Symeon Seth, Σύνταγμα κατὰ στοιχείων περὶ τροφῶν δυνάμεων [Alphabetische Zusammenstellung der Wirkungen der Nahrungsmittel; lateinischer Titel: Syntagma de alimentorum facultatibus] 96 – 97 Lankkavel), außerdem – neben Honig – als erste Nahrung für den Säugling (Oreibasios, Ἰατρικαὶ συναγωγαί [Medizinische Sammlungen; lateinischer titel: Collectiones medicae - incerti libri – 29, 6). In byzantinischer Zeit wurde Zucker auch zunehmend für die Küche verwendet (Symeon Seth, Σύνταγμα κατὰ στοιχείων περὶ τροφῶν δυνάμεων [Alphabetischen Zusammenstellung der Wirkungen der Nahrungsmittel; lateinischer Titel: Syntagma de alimentorum facultatibus] 75 Lankkavel).

Andreas Gutsfeld, Sakcharon. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 10: Pol - Sal. Stuttgart ; Weima r: Metzler, 2001, Spalte 1236 – 1237 gibt an:

σάκχαρον, lateinisch sacc[h]aron, aus dem Mark des Zuckerrohrs, einer im Mittelmeerraum nicht heimischen Pflanze, gewonnener Zucker. Die Griechen lernten das Zuckerrohr und seinen süßen Saft erst mit dem Indienfeldzug Alexanders des Großen kennen (Strabon 15, 1, 20; Theophrast, Περὶ φυτῶν ἱστορία [Über die Geschichte der Pflanzen: lateinischer Titel: De historia plantarum 3, 15, 5). In kristalliner Form scheint Zucker nicht vor Beginn des 1. Jahrhunderts n. Chr., als der direkte Seehandel von Ägypten nach Indien in Gang kam, in den Mittelmeerraum gelangt zu sein (Περίπλους τὴς Ἐρυθράς Θαλάσσης [Küstenfahrt des Roten Meeres, lateinischer Titel: Periplus Maris Erythraei] 14 Casson). Jedenfalls fand in dieser Zeit das Wort in der Bedeutung „Zuckerkorn” Eingang in die lateinische Sprache.

Süßigkeiten/Naschwerk

Die antiken Römer(innen) hatten Backwaren und Süßspeisen.

Es gab verschiedene Arten von süßem Backwerk/Gebäck/Kuchen.

Anfangs waren die Römer(innnen) in der Ernährung allgemein genügsam. Später gönnten sich manche reichen Leute aufwändigere Genüsse. Die Armen konnten sich dies nicht leisten und mußten sich eher mit dem begnügen, was einfach und billig zur Verfügung stand. 

Bei einem römischen Gastmahl (cena) war der Nachtisch, gemessen an der üppigen Vielfalt des Vorgerichts und des Hauptgerichts in der Regel vergleichsweise bescheiden. Verzehrt wurden gewöhnlich ein wenig Obst, ein paar Nüsse und vielleicht einmal ein Stück Kuchen.

Das Wort für „Nachtisch“, „Dessert“ war bellaria. Süßes Backwerk/Kuchen hieß dulcium (Plural: dulcia). Der Zuckerbäcker/Konditor hieß pistor dulciarius (Plural: pistores dulciarii).

Ein Gebäck-/Kuchenstück hieß placenta (Plural: placentae). Die süßen Einzelstücke bestanden aus feinem Mehl (zunächst von Gerste, später überwiegend von Weizen), Wasser, Milch oder Fett sowie (meistens) einem Treibmittel. Zutaten wie Eier, Früchte, Gewürze, (Frisch-)Käse, Nüsse oder Süßstoffe bewirkten einen typischen Duft und Geschmack.

Zu den Süßspeisen zählten auch süße Weine und süße Früchte.

Manche Früchte wurden auch zu Marmelade/Konfitüre/Gelee verarbeitet.

Mit Hilfe von Eisblöcken (bei sonst nicht ausreichender Kälte aus Gebirgsgegenden beschafft) wurde anscheinend eine Creme (aus z. B. Honig, Wein und/oder zerdrückten Früchten) zu Speiseeis gefroren.

Marcus Porcius Cato, De agri cultura hat einige Rezepte einfacher Gerichte überliefert, die für einen Verwalter eines landwirtschaftlichen Guts und seine Familie bestimmt sind. Verwendet werden hauptsächlich Mehl, Frischkäse und Honig.

Marcus Gavius Apicius, De re coquinaria enthält delikate Süßspeisen für einen anspruchsvollen Feinschmeckergaumen. Das Kochbuch beitet Süßspeisen wie Krapfen, raffinierte Puddings, Omeletts (mit Milch und Honig), Eiercremes und Obstaufläufe an.

einige Cato-Rezepte:

Ilaria Gozzini Giacosa, Geniessen wie die alten Römer : antike Küche neu entdeckt. Aus dem Italienischen von Michaela Wunderle. Frankfurt am Main : Eichborn, 1995 , S. 150:

Mostbrote (Cato CXXI)

Mustaceos sic facito. Farinae siligimenae modium unum msuto conspargito. Anesum, cuminum, adipis. P.II, casein libram, etz de virga lauri deradito, eadem addito, et ubi definxeris, lauri folia subtus addito, coques.

Mostbrote mache so: Einen Echeffel Weizenmehl besprenge mit Most, Anis, Kumin, 2. Pfund fett, 1 Pfund Käse und schabe von einem Lorbeerzweige (Rinde) ab. (das alles) füge hinzu. Und sobald du die Kuchen geformt hast, lege lorbeerblätter unter, während du bäckst.

http://www.imperiumromanum.com/kultur/kulinarium/rezept_cato_04.htm

http://www.imperiumromanum.com/kultur/kulinarium/rezept_cato_05.htm

http://www.imperiumromanum.com/kultur/kulinarium/rezept_cato_07.htm

http://www.imperiumromanum.com/kultur/kulinarium/rezept_cato_08.htm

http://www.imperiumromanum.com/kultur/kulinarium/rezept_cato_09.htm

http://www.imperiumromanum.com/kultur/kulinarium/rezept_cato_10.htm

http://www.imperiumromanum.com/kultur/kulinarium/rezept_cato_12.htm

einige Apicius-Rezepte

Ilaria Gozzini Giacosa, Geniessen wie die alten Römer : antike Küche neu entdeckt. Aus dem Italienischen von Michaela Wunderle. Frankfurt am Main : Eichborn, 1995 , S. 150:

Mostbrötchen (Apicius 297)

Aliter dulcia: Musteos afros optomos rades et in lacte infundis. Cum biberint, in furnum mittis, ne arescant, modice. Exime eos calidos, melle perfundis, compungis ut bibant. Piper apsergis et inferes.

Eine Süßspeise auf andere Art: Entferne von den besten afrikanischen Mostbrötchen die Kruste und weiche sie in Milch ein. Wenn sie vollgesogen sind, gib sie in den Ofen, aber nicht zu lange, damit sie nicht austrocknen. Nimm sie heiß heraus, übergieße sie mit Honig und steche hinein, damit ssie sich vollsaugen. Streue Pfeffer darauf und serviere.

S. 151

Gebratene Brötchen (Apicius 298)

Aliter dulcia: Sigilineos rasos frangis et buccellas maiores facies. In lacte infundis, frigis et in oleo, mel superfundis et inferes.

Eine Süßspeise auf andere Art: Zerbrich Weizenbrötchen ohne Kruste und mache größere Brocken. Weiche sie in Milch ein und brate sie in Öl, gieße Honig darüber und serviere.

Gebackene Creme (Apicius 301)

Aliter dulcia: Accipies similam, coquees in aqua calida ita ut durissimam pultem facias, deinde in patellam expandis. Cum refrixeris, concidis quasi dulcia et frigis in oleo optimo. Levas, perfudnis mel, piper aspergis et inferes. Melius feceris, si lac pro aqua miseris.

Eine Süßspeise auf andere Art: Nimm Weizenauszugsmehl, koche es in heißem Wasser, so daß du einen sehr festen Brei erhältst, und rolle ihn dann auf einem Backblech aus. Wenn er abgekühlt ist, schneide gleichsam Plätzchen aus und backe sie in bestem Öl. Nimm sie heraus, übergieße sie mit Öl, streue Pfeffer darauf und serviere. Besser wirst du sie noch machen, wenn du Milch statt Wasser dazugibst.

S. 152

Heiße Creme (Apicius 300)

Aliter dulcia: Piper, nucleos, mel, rutam et passum teres, cum lacte et tracta coques. Coagulum eoque cum modicis ovis. Perfusum melle, (pipere) aspersum inferes.

Eine Süßspeise auf andere Art: Stampfe Pfeffer, Pinienkerne, Honig, Raute und Likörwein mit Milch und kcohe den teig. Koche mit ein paar Eiern den Brei. Serviere ihn mit Honig begossen und mit Pfeffer bestreut.

S. 153

Süße Omelettes (Apicius 129 – 143)

Patina versatilis. Nucleos, nuces fractas, torres eas et teres cum melle, pipere, liquamine, lacte et ovis. Olei modicum.

Patina versatilis vice dulci. Nucleos pineos, nuces fractas et purgatas, attorebis eas, teres cum melle, pipere, liquamine, lacte, ovis, modico mero et oleo.

Gestürztes Omelett: Pinien[k]erne und gehackte Walnüsse; zerstoße sie und stampfe sie mit Honig, Pfeffer, garum, Milch und Eiern. Gib etwas Öl hinzu.

Gestürztes Omelett, als Süßspeise serviert: Nimm Pinienkerne und geschälte, gehackte Nüsse, röste sie und zerstampfe sie mit Honig, Pfeffer, garum, gib Milch, Eier, ein wenig reinen Wein und Öl hinzu.“

Honig-Omelett (Apicius 303)

„Ova sfongia ex lacte: Ova quattuor, lactis eminam, olei unicam in se dissolvis ita ut unum corpus facias. In patellam subtilem adicies olei modicum, facies ut bulliat et adicies inpensam quam comparasti. Una parte cum fuerit coctum, in disco vertes, melle perfundis, piper aspargis et inferes.

Omelett mit Milch: Verrühre vier Eier, eine Hämin Milch (172 Liter), eine Unze Öl (etwa 30 g) miteinander, so daß du eine glatte Masse erhältst. Gib auf ein dünnes Backblech ein wenig Öl, laß es aufkochen und gib die Masse dazu, die du vorbereitest hast. Wenn sie von einer seite gar ist, stürze sie auf eine Pfanne, übergieße sie mit Honig, streue Pfeffer darauf und serviere."

http://www.imperiumromanum.com/kultur/kulinarium/rezept_apicius07_13.htm

In Bibliotheken gibt es Bücher zum Thema, z. B.:

Jacques André. Essen und Trinken im alten Rom. Aus dem Französischen übersetzt von Ursula Blank-Sangmeister. Stuttgart : Reclam, 2013, S. 62 – 78, S. 140 – 155, S. 164 – 166 und S. 181 – 185

Linda-Marie Günther, Kochen mit den Römern : Rezepte und Geschichten. München : Beck, 2015. ISBN 978-3-406-68145-5

Helmut Schareika, Weizenbrei und Pfauenzunge : die alten Römer bitten zu Tisch. Stuttgart : Theiss, 2007. ISBN 978-3-8062-2125-1

Elke Stein-Hölkeskamp, Das römische Gastmahl : eine Kulturgeschichte. 2. Auflage, unveränderter Nachdruck. München : Beck, 2011, S. 196 - 202

Die am häufigsten überlieferten Süßigkeiten dürften Kuchen und Kekse sein,  das am weitesten verbreitete Süßungsmittel Honig. Daneben wurden aber auch süße Speisen auf Grundlage von Früchten, oft werden Datteln genannt, und Nüssen zubereitet.

Es gab verschiedene Süßigkeiten auf der Basis von Honig, außerdem machten die Römer bereits Speiseeis mit Schnee vom Apennin.

Ja, es gab Süßigkeiten, nämlich Kuchen, Gebäck und Honig.