Erfahrungen mit JOIN-UP Methode? (M.Roberts)

7 Antworten

Wenn du das nur über Bücher lernst, wirst du ein JU kaum so hinkriegen, wie MR das gedacht hat - und dadurch kann es lebensgefährlich werden. Ein JU stellt das Pferd ja vor die Wahl "Komm mit mir mit oder renn bis du umfällst". Gleichzeitig wird dem Steppentier Pferd, das eigentlich dafür geschaffen ist, mit seinen schnellen Beinen einem Raubtier (wie dem Mensch) geradeaus davonzuheizen, diese Möglichkeit genommen - ein richtiges JU wird in einem mindestens 2m hohen, vollverblendeten RoundPen gemacht. Das macht für das Pferd den Eindruck, als würde es ewig laufen und laufen, das Raubtier wäre immer nur 3m hinter ihm und es könne nicht weg.

Das, was daran so gefährlich werden kann: wenn man ein Fluchttier derart in die Ecke treibt, dass es in der Flucht sein Heil nicht mehr zu finden glaubt, greift es aus Verzweiflung und Angst an, wenn es darin auch nur einen Funken Hoffnung sieht - und der kann zB darin liegen, dass das Raubtier einen Moment lang abgelenkt ist. Wie schnell das passieren kann, weiß jeder! Da reicht ein Niesen, ein Stolpern, ein Gruß von jemandem außerhalb.

Das "Kopf senken und kauen", auf das hin MR das Pferd zu sich einlädt, ist Ausdruck von teils Erschöpfung, teils großem psychischem Stress, also eine so genannte Übersprungshandlung - das Pferd muss irgendwohin mit der inneren Anspannung, und weil rennen nix bringt, muss es was anderes tun und kaut. Wenn man ein JU auf die Spitze treibt und das Pferd wirklich so lange wegjagt bis es körperlich komplett fertig ist und deswegen aufgibt und eigentlich dem Raubtier sagt "okay, ich kann nicht mehr, friss mich endlich" kann es sogar vorkommen, dass es in die so genannte learned helplessness rutscht, und so ein Tier lässt sich alles gefallen, weil es eh nix dagegen tun kann - man hat ein willenloses Etwas produziert und freut sich über das brave Pferdchen. Sowas würd ich niemals wollen - meine Pferde haben einen eigenen Kopf und sagen mir sehr genau, wenn ich was falsches oder ungerechtes mache, und genau so will ich das auch, denn ich will sie gut behandeln und ihnen Sicherheit bieten, damit sie mir vertrauen.

Allerdings sind JU's ursprünglich dazu gedacht gewesen, Mustangs einzureiten, die vorher keinen Kontakt zu Menschen hatten. Meiner Meinung nach ist ein richtiges, originales JU mit dem mitteleuropäischen Durchschnittspferd gar nicht mehr möglich, weil es vom ersten Atemzug an Erfahrungen mit Menschen gemacht hat. Die verwirrt man höchstens und nimmt ihnen noch das letzte bisschen Vertrauen in das Gute im Menschen, wenn man es voll durchzieht.

Was heutzutage von vielen JU genannt wird, aber eigentlich keins ist, ist simple Bodenarbeit mit positiver Verstärkung - bietet das Pferd was an, was ich will (zB es kommt zu mir), dann wird es gelobt. Macht es was unerwünschtes (zB weggehen), dann antworte ich darauf "gut, wenn du das jetzt machen willst, dann mach es aber ordentlich" und lasse es antraben, bis es zu meiner Zufriedenheit trabt und lasse es dann wieder durchparieren. Wird das in einem RoundPen gemacht, nennen das viele JU - ist aber keins.

Ich hab übrigens seit 20 Jahren Kontakt mit Pferden, aber wirklich verstehen tu ich sie erst seit gut 10 - seit ich meinen ersten Kurs zum Thema Pferdesprache und natural horsemanship besucht habe. In dieser einen Woche hab ich mehr verstanden als in all den Jahren davor. Und in dieser Woche hab ich gelernt, den Pferden zuzusehen und zuzuhören - denn nur so kann man sie wirklich verstehen lernen. Da hilft das beste Buch nix, wenn man es nicht live erlebt.

goldpapaya 
Fragesteller
 05.04.2013, 16:13

Danke für die ausführliche Antwort!

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goldpapaya 
Fragesteller
 05.04.2013, 16:13

Danke für die ausführliche Antwort!

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Ich habe keine Erfahrungen mit einreiten gemacht, aber eine bei mir am Stall hat diese methode mit ihrem Pferd gemacht und es ist dadurch schon viel ruhiger geworden und vertaut viel mehr. Sie war 5-jährig als sie mit der Methode angefangen hat, war teilweise zickig beim putzen und ließ sich nicht anfassen und setzte auch ihren kopf auf dem platz immer wieder durch. Mittlerweile ist sie ausgeglichener, ist auch dem platz auch viel ruhiger und gehorchsamer geworden und lässt sich auch überall anfassen.

Die besitzerin hat mit der methode zwar nicht eingeritten, aber ihr pferd vertraut ihr echt viiel besser als vorher und es hat schon auch mit dem training zu tun. Sie hat damit vor ca einem halben jahr angefangen und es lassen sich schon starke verbesserungen sehen.

Sie hat sich die Grundlagen mit Büchern angeeignet :), ich weiß allerdings nicht was sie alles kann und was nicht, ich hab davon leider nicht so viel ahnung...

Zu den anderen Fragen kann ich dir leider nix sagen weil ich mich nich so sehr damit auskenne :) ich hoffe die infos helfen dir trotzdem ;D

lg

Ich denke man kann allein aus einem Buch sowieso nix umsetzen. generell ist join-up ja nicht für das 08/15 pferd entwickelt sondern für menschenscheue, wilde pferde. wie shcon gesagt wurde arbeitest du hier vor allem auch mit psychischem druck.

einem pferd, dass sein leben lang schon mit menschen kontakt hatte kann man nicht so einfach simulieren, dass man ein raubtier ist, weil unsere pferde einfach nicht mehr diesen ur-fluchinstinkt ausgeprägt haben und erstmal ihre bezugsperson fragen, wie sie reagieren sollen.

aber das grundprinzip: komm zu mir, wenn du wegläufst schick ich dich erst recht weg, kann man eigentlich ganz gut anwenden. hab selbst bücher von roberts und hab teile daraus auch schon in der arbeit mit pferden angewendet. dieses grundprinzip schlägt eigentlich bei den meisten pferden gut an und lässt vor allem auch den reiter mehr auf seine körpersprache achten, die er anschließend dann dem pferd weitervermittelt.

ich würde mich an deiner stelle zwar mal in das thema einlesen und gerne auch einige dinge übernehmen aber würde ich nicht alleinige mit join-up einreiten sondern noch einige andere methoden weiter übernehmen. ich persönlich halte nichts davon wenn man sich nur auf eine methode beschränkt. man sollte sich mit mehreren beschäftigen und für sich und sein pferd die teile herausnehmen, die anschlagen und brauchbar sind.

Ich bin sehr skeptisch mit dieser Methode, vor allem, wenn Laien versuchen, dies nach Büchern nachzumachen! Jede methode hat ihre Vor- und Nachteile und über all kann man viel falsch machen! Ich hatte immer Fohlen zur Aufzucht und habe diese selbst ausgebildet und eingeritten. Das allerwichtigste ist gesunder Menschenverstand und Verständnis für das Tier! Geduld und Sensibiltät, aber genau so Konsequenz und Durchsetzungsvermögen dem Tier gegenüber. Es gibt nicht "DIE" Methode, ein Pferd einzureiten und auszubilden! Es hängt vom Pferd ab und auch vom Menschen. Jedes Pferd lernt unterschiedlich und jedes Pferd bietet sich unterschiedlich an. Also muss der Mensch in der Lage sein, auf genau dieses Pferd zu reagieren und es entsprechend zu behandeln! Hole dir Rat und Hilfe, von jemandem, der sich damit auskennt, nicht aus Büchern und Videos! Bei Monty Roberts ist auch nicht alles Gold was glänzt!

Die JoinUp Methode kann man sich nicht "anlesen". Dazu bedarf es einer gehörigen Portion Vorwissen. Sowohl in den Büchern, als auch in den Lehrgängen wird leider immer nur ein Teil der Wahrheit erzählt. Einiges muß man selbst herausfinden. Eventuell liegt das auch an der kommerzialisierten Form des JU. Die Sprach der Pferde wird von MR leider auch nur in den Ansätzen erklärt. Auch heute lerne ich noch dazu.

Ja, JU funktioniert ABER: Den JU hat sich MR von den Wildpferden abgeschaut um eine bessere Methode für das Einreiten zu finden, weil er die bis dahin praktizierte Methode einfach grausam fand. Vorher wurden die Pferde nämlich "ausgesackt". Das bedeutet, daß sie an einen Pfahl gebunden und so lange mit Stöcken und Säcken geschlagen wurden, bis sie aufgaben. Wenn sie am Boden lagen, wurden ihnen die Beine zusammengebunden und weiter ging es mit der Tortour. Erst wenn das Pferd sich vollkommen aufgegeben hatte wurde es befreit und dann neu aufgebaut. Das war zu einer Zeit, als viele hundert Pferde in sehr kurzer Zeit eingeritten werden mussten. Die Alternative von MR mit dem JU war dagegen für die Pferde ein Segen.

Bedenke aber, daß ein richtiges JU immensen Stress für das Pferd bedeutet, denn es heißt aus der Pferdesprache übersetzt: Entweder Du schließt dich mir an ( zu meinen Bedingungen ) oder Du stirbst ( durch Ausschluß aus der Herde ).

Ich verurteile diese Methode nicht grundsätzlich. Wenn Beispielsweise der Umgang mit dem Pferd für den Menschen gefährlich wird, bin ich dafür und wende es an - und es funktioniert. In allen anderen Fällen gibt es Alternativen, die zwar länger dauern, aber eine bessere Vertrauesbasis herstellen. Wenn es eine Alternative gibt, nehme ich diese.

Anfangs ist man immer sehr begeistert, wenn man sieht wie einfach das aussieht und funktioniert. Wenn man aber genau hinsieht und den Stress erkennt, dem das Pferd ausgesetzt wird, wird man schon vorsichtiger. Wenn man gelernt hat Pferde zu "lesen", erkennt man sehr schnell daß es solch massiver Methoden nur in seltenen Fällen bedarf. Dann verhält man sich aber auch bereits so, daß man eine Frage des Pferdes bereits mit einem Blick oder einer Kopfbewegung beantworten kann. Damit finden solche Eskalationen, in deren Folge man ein JU brauchen würde, aber gar nicht erst statt - Das halte ich für den richtigen Weg -.

LG Calimero