Der Urknall ist Unsinn - was haltet ihr von dieser Aussage?

Das Ergebnis basiert auf 39 Abstimmungen

Das ist Schwachsinn, weil... 79%
Andere Antwort 13%
Das ist richtig, weil... 8%

19 Antworten

Das ist Schwachsinn, weil...
Einstein, die Urknallgläubigen und Anhänger des expandierenden Universums bräuchten wohl mehr IQ, wenn sie diese einfachen fakten nicht verstehen

Ein Text der mit Beleidigungen und Falschaussagen beginnt, sowie versucht Wissenschaft als eine Art religiöse Sekte darzustellen, scheint nicht gerade Faktenbezogen, Seriös oder gar Vertrauenseinflößend.

Wenn man den Text mal auseinander nimmt, steht da bloß Unsinn: Wäre das mit dem Urknall wahr, hätte der Mensch sich zeitlich und räumlich vom Urknall wegbewegt, weswegen er ihn nur aus der Entfernung betrachten, aber nicht seine Vergangenheit offen legen kann.

Das ist Schwachsinn, weil...

...dem Schreiber erhebliche Wissensmängel nachzuweisen sind, worauf ich gar nicht weiter eingehen werde. Da will sich jemand nur wichtig machen.

Das ist Schwachsinn, weil...

Texte, die alleine schon derart viele Fehler (in Bezug auf Grammatik und Rechtsschreibung) enthalten, sollte man nicht ernst nehmen.

Schaust du nur weit genug, siehst du was vor zig Jahren war. Bestes Beispiel: Andromedarnebel. Schaust du ihn an, siehst du wie dieser vor 2.537.000 Jahren aussah. Du Blickst also weit in die Vergangenheit.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium
Das ist Schwachsinn, weil...
  • Aus Sicht der Textkritik: Wer eine Schlussfolgerung darstellen möchte, sollte dies in klaren, einzelnen Schritten und guter Ausdrucksweise tun. Das fehlt hier alles.
  • Aus Sicht der Rhetorik: Wer in einer Diskussion unterliegt und dennoch gewinnen möchte, mag den Gegner denunzieren. Hiermit fängt der Text sogleich an, gibt die Argumentation also von vornherein verloren. Warum dann noch diesen Text schreiben?
  • Aus Sicht der Logik: Eine Aussage, die auf einer anderen, falschen Aussage beruht, kann im Ergebnis eine richtige oder eine falsche Aussage treffen. Der Wahrheitsgehalt ist indefinit. Denn:
  • Aus Sicht der Physik: Hier wird versucht zu argumentieren (und mehr ist es nicht) auf der Basis einer unbeschränkt hohen bzw. unendlichen Lichtgeschwindigkeit. Die Lichtgeschwindigkeit ist gut belegt. Diese Aussage hier ist falsch.
Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Das ist Schwachsinn, weil...

Hallo Xoloitzcuintli,

erlaube mir eine längere Antwort.

Wenn man sich fragt, ob an einem Argument gegen eine etablierte wissenschaftliche ERkenntnis "etwas dran" ist, dann helfen einem verschiedene Dinge bei der Beurteilung dieses Einwandes:

1) Wirkt die Quelle seriös (was als einziges Argument dagegen mMn aber nicht reicht)

2) Ist das Argument in sich schlüssig oder passiert irgendwo eine Falschdarstellung der eigentlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse? (Oder ein anderer Fehler)

3) Bleibt die wissenschaftliche Erkenntnis am Ende trotz des Argumentes stichhaltig, weil bestimmte Grundlagen von dem Argument gar nicht berührt werden?

Es gibt noch mehr... aber beschränken wir uns mal auf diese 3:

Zu 1) Ist die Quelle seriös?

"Irgendwo im Internet" ist keine seriöse Quelle, nein. Ich habe gesucht - und ich habe Deine Quelle nicht gefunden. Verrätst Du uns, wo Du das her hast? Ich nehme an, das Original war nicht deutsch, sonst hätte ich es gefunden.

Red Flags sind

  • der Einstieg mit Beleidigungen;
  • die Unterstellung, der Urknall wäre ein der Religion gleiches Glaubenssystem
  • die inflationäre Verwendung von Ausrufezeichen
  • das Fehlen von Quellenangaben
  • die unwissenschaftliche Sprachstruktur

Hier also ein klares "Nein, nicht seriös". Im Internet findet sich viel Wissen, aber eben auch viel Schwachsinn.

Zu 2) Ist das Argument in sich schlüssig oder passiert irgendwo eine Falschdarstellung der eigentlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse?

Nein, da sind ein paar Fehler in dem Text:

Der Text geht von einem konkreten Ort des Urknalls aus. Der Urknall fand aber an allen Orten im beobachtbaren Universum statt.

"Urknall" meint einen heißen, dichten Anfangszustand, in dem der Raum anfängt, sich auszudehnen. Jeder Ort, den wir heute im beobachtbaren Universum sehen, war bereits in dem Anfangsvolumen beim Urknall enthalten. Entsprechend kann jeder Ort im beobachtbaren Universum von sich sagen, dass dort der Urknall (also der Beginn der Raumausdehnung) stattgefunden hat.

Zweitens versteht der Autor des Textes offenbar nicht, dass wir sehr wohl in der Zeit zurücksehen, wenn wir weit entfernte Orte des Universums beobachten. Genau gesagt blicken wir immer in der Zeit zurück, selbst wenn wir die Sonne, den Mond oder unsere Limo auf dem Tisch anschauen: Denn das Licht, das in unser Auge fällt und uns das fragliche Objekt zeigt, war eine Zeit lang unterwegs: Die Lichtgeschwinbdigkeit ist nun mal nicht unendlich schnell. Der Satz...

Es kann also nur eine Zurückschau durch die Entfernung, aber keinesfalls in der Zeit (in Richtung Urknall) geben,

...ist also grundlegend physikalisch falsch.

Wir sehen sehr weit entfernte Galaxien so, wie sie waren, als sie das Licht ausgestrahlt haben, das wir heute sehen. Und wir sehen mit der Hintergrundstrahlung das erste Licht, das sich nach dem Urknall frei ausbreiten konnte, weil es (endlich) kühl genug geworden war, dass Atomkerne und Elektronen sich stabil verbinden konnten.

Völlig falsch ist zusätzlich der letzte Satz des Textes:

wie die Relativitätstheorie auf der Fehlinterpretation der "Rotverschiebung" beruht

Erst mal beruht die Relativitätstheorie überhaupt nicht auf der Rotverschiebung. Einstein hat die Spezielle Relativitätstheorie 1905, die Allgemeine 1915 veröffentlicht... die Rotverschiebung der Galaxien wurde durch Hubble in der zweiten Hälfte der 1920er entdeckt, also NACH der Relativitätstheorie. Die hatte da bereits Erfolge in Tests an der Beobachtung aufzuweisen, etwa die Erklärung der Periheldrehung des Merkur oder die korrekte Vorhersage der Lichtbeugung bei einer Sonnenfinsternis.

Zweitens ist die Rotverschiebung eben nicht der einzige Beobachtungshinweis auf den Urknall. (Mehr dazu gleich)

Und drittens: Selbstverständlich wurde die Frage, ob man die Rotverschiebung korrekt interpretiert, diskutiert. Sowohl eine reine Dopplerverschiebung (Bewegung der Lichtquelle durch den Raum) als auch eine gravitative Rotverschiebung (die auch schon wieder aus der ART kommt) fallen zur Erklärung weg. Dafür sind die beobachteten Werte der Rotverschiebung bei weit entfernten Galaxien zu hoch - sie entsprechen Werten über der Lichtgeschwindigkeit. Eine Ausdehnungsrate, die sich über die Entfernung aufaddiert, erklärt sie mühelos.

Immer wieder geistert auch die alte Theorie von der Lichtermüdung in diesem Zusammenhang herum: Nach diesem mittlerweile widerlegtem Modell verliert das Licht einfach mit der Zeit an Energie und wird dadurch langwelliger ("röter"). Diese These scheitert jedoch einerseits daran, dass sie die Blauverschiebung etwa der Andromeda nicht erklären kann, andererseits sagt sie die Beobachtungen weit entfernter Supernova-Explosionen falsch voraus: Bestimmte Klassen von Supernovae laufen nach einem bestimmten Schema ab. Im Falle der Lichtermüdung müsste ihre Dauer in weit entfernten Galaxien genauso lange erscheinen wie in nahen Galaxien... die Rotverschiebung durch die Expansion des Universums sagt jedoch auch eine Streckung der Dauer des Vorgangs in unseren Beobachtungen hervor... und das ist genau das, was wir beobachten. Hier ist das ausführlich erklärt:

http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2010/08/09/warum-das-licht-nicht-mude-wird-rotverschiebung-und-supernovae/?all=1

Fazit hierzu also: Der Text strotzt vor falschem Physikverständnis

3) Bleibt die wissenschaftliche Erkenntnis am Ende trotz des Argumentes stichhaltig, weil bestimmte Grundlagen von dem Argument gar nicht berührt werden?

Eindeutig ja, weil die von der Urknalltheorie korrekt vorhergesagte (!) HIntergrundstrahlung und Elementhäufigkeit im Universum ja wesentlich stichhaltigere Belege des Urknalls sind als die Rotverschiebung alleine. Beide Belege kommen im Text aber gar nicht vor.

Hintergrundstrahlung:

In den 1940ern berechneten Physiker, wie dicht und heiß das Universum an Anfang gewesen ist, wenn es im Urknall entstanden ist: Unvorstellbar dicht und heiß. So dicht, dass sich Starhlung am Anfang gar nicht ausbreiten kann - es kommt sofort wieder zu einer Wechselwirkung.

Das Universum muss sich am Anfang also erst einmal eine Zeit lang ausdehnen und abkühlen, bevor sich das Licht ungehindert ausbreiten kann.

Aus dieser Überlegung berechnete man, dass es eine Art Nachhall im Universum geben muss, wenn es im Urknall entstanden ist: Das entfernteste Licht, das man beobachten kann, das muss in alle Richtungen aus der Zeit stammen, als das Universum durchsichtig wurde: Das erste Licht, das sich im Universum ausbreiten konnte. Die Vorhersage war eine gleichmäßig aus allen Richtung kommende Strahlung, bis heute abgekühlt durch die Expansion auf unter 3 Kelvin.

1964 haben Penzias und Wilson diese Hintergrundstrahlung entdeckt - obwohl sie gar nicht danach suchten. Sie gilt bis heute als einer der besten Belege für den Urknall, weil die Mikrowellenstrahlung in keinem anderen kosmologischen Modell derart zwanglos erklärbar wird, vom Urknall aber korrekt vorhergesagt wird.

Die Häufigkeiten der Elemente im Universum:

Nur in den ersten Minuten ist es im Urknallmodell heiß genug, damit sich im ganz jungen Universum Elementarteilchen bilden können. ("Primordiale Nukleosynthese") Deswegen bestimmt die im Modell beschriebenen Temperatur- und Druckkurven, wie viel Materie wir in Universum beobachten und in welchem Verhältnis der Elemente.

Die errechneten Verhältnisse von Wasserstoff und Helium stimmen sehr, sehr gut mit den Beobachtungen im Universum überein. Das Urknallmodell erklärt also dieses beobachtete Verhältnis.

Falls Du Englisch kannst: Dieser Artikel fasst eigentlich recht gut zusammen, dass unsere experimentellen Bestätigungen bis in eine Zeit wenige Sekunden nach dem Urknall zurückreichen:

http://profmattstrassler.com/2014/03/26/which-parts-of-the-big-bang-theory-are-reliable/

Fazit zu 3): Dein Text lässt die wichtigsten Belege für den Urknall einfach weg... und hofft, dass es niemandem auffällt.

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU
Xoloitzcuintli 
Fragesteller
 31.07.2020, 20:44

Na ist mal eine Antwort. Danke, dass du die einzelnen Aussagen in dem Text angesprochen hast und genau erläutert hast, warum die Aussagen falsch sind.

Der Text ist im Übrigen durchaus deutsch. Ich fand ihn im Kommentarbereich unter einem Video. Dass dies keine seriöse Quelle ist, ist mir jedoch bewusst. Mich interessierte lediglich, was andere von solchen Aussagen halten.

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