Darf man ein Wahlgeheimnis weitererzählen?
Ich habe einem Bekannten einst nach politischen Diskussionen mal erzählt, was ich zur letzten Bundestagswahl gewählt habe und ihm deutlich gemacht, dass diese Information vertraulich ist. Vor kurzem hat sich herausgestellt, dass er einer andere Bekannten von mir dies weitererzählt hat und die hat es wiederum auch einem anderen Bekannten weiter erzählt. Das ist natürlich nicht meinem Interesse.
Wir haben in Deutschland ja auch so etwas wie das gesetzliche Wahlgeheimnis. Nun ist mir durchaus bewusst, dass ich da rechtlich wohl kaum vorgehen mag gegen diesen Verrat. Ist auch nicht in meinem Interesse. Was mich aber interessiert: Haben diese Personen mit dem Weitererzählen eigentlich eine Straftat begangen, weil sie mein Wahlgeheimnis verletzt haben? Zumindest dem ersten wurde von mir klar gemacht, dass es sich dabei um ein Geheimnis handelt.
9 Antworten
Wahlgeheimnis bedeutet, dass bei der Stimmabgabe gewährleistet sein muss, dass diese nicht von anderen beobachtet werden kann und auch anhand der Stimmzettel nicht nachvollziehbar sein darf, wer was gewählt hat. Deshalb gibt es Wahlkabinen und auch ein Verbot, in diesen zu filmen oder zu fotografieren, identische Stimmzettel usw. Strafbar sind Verstöße gegen die Bundeswahlordnung, die zum Ziel haben, das Wahlgeheimnis zu umgehen.
Wenn Du jemandem anvertraust, was Du gewählt hast, ist das deine Sache. Da musst Du eben in Kauf nehmen, dass es doch weitererzählt wird.
Das Wahlgeheimnis ist hier irrelevant, sondern es fehr um Art. 2 Abs. 1 GG. Die informationelle Selbstbestimmtheit wird nicht dadurch aufgegeben, daß man einen Inhalt Dritten vertraulich mitteilt (Landgericht Köln, Urteil vom 2.10.2008, Az.: 28 O 558/06, LG Saarbrücken, Urteil vom 16. Dezember 2011, Az.: 4 O 287/11, jeweils bezogen auf schriftliche Mitteilungen, aber in Analogie übertragbar, da auch das vertraulich gesprochene Wort in gleicher Weise geschützt ist). Das steht nicht einer Genehmigung zur Verbreitung gleich.
Umgekehrt aber ist es auch nicht strafrechtlich bewehrt, d.h. es ist eine Frage zivilen Rechts. Du könntest eine Unterlassungserklärung fordern und dann auch ggf. Schadensersatz fordern, wenn ein nachweislicher Schaden entstanden sein sollte. Damit aber bestätigtest Du, es mitgeteilt zu haben.
Die fiese Variante will ich hier nicht diskutieren, da ich kein Freund von Unehrlichkeit bin.
Jetzt habe ich auch etwas Zeit, die mir vorher abging, aber ich wälze jetzt nicht die DSGVO ;).
Früher wäre es unter § 43 BDSG a.F. gefallen (faktisch ist es immer noch eine Ordnungswidrigkeit, die nur nicht verfolgt werden wird, denn die DSGVO schließt nur Inhalte für den rein persönlichen, aber nicht für der privaten Gebrauch aus). Es ist, wie z.B. Adresse und Telefonnummer, ein personifiziertes Datum. Auch eine einmal ohne Verbreitungsgenehmigung mitgeteilte Telefonnummer darf nicht weitergegeben werden. Faktisch, und dies ist schon auf AG-Ebene gerichtlich anerkannt, ist schon die Eintragung in das Adreßbuch im Smartphone deliktisch, wenn man gleichzeitig WhatsApp darauf betreibt, da man WhatsApp das Auslesen und die Weitergabe der im Adreßbuch eingetragenen Daten zugestanden hat.
Die Information darüber, was man bei der letzten Wahl gewählt hat, steht einer Mitteilung der eigenen Telefonnummer gleich.
Das Wahlgeheimnis ist eine gesetzliche Regelung, die die Durchführung von Wahlen selbst regelt. Die ist auf deine private Indiskretion nicht anwendbar.
Haben diese Personen mit dem Weitererzählen eigentlich eine Straftat begangen, weil sie mein Wahlgeheimnis verletzt haben?
Nein. Bei der Offenbarung des Wahlgeheimnis hast du selbst die Verantwortung zu tragen, wem und wann du es erzählst - mit allen möglichen Risiken. Solange es nicht die AfD ist, ist es doch legitim Position für jede demokratische Partei zu beziehen. Du musst es nur gut begründen können.
"legitim": gesetzlich anerkannt, rechtmäßig; im Rahmen bestimmter Vorschriften [erfolgend] (Duden)
Auch wenn ich selbst nicht AfD Anhänger bin, muß ich widersprechen: es ist legitim, die AfD zu wählen, solange sie nicht als verfassungsfeindlich eingestuft wurde (ob es unseren politischen Vorstellungen nun passt oder nicht).
Umgekehrt, sie als "nicht legitim" zu bezeichnen ist demnach undemokratisch.
Sorry.
Wärst du dann nicht der, der eine Straftat begangen hat?
Dein Freund hat ja nicht über die Wahlkabine gespickt, sondern du warst so doof es ihm zu sagen.
Davon ab: Steh zu deiner Wahl. Du hast die Wahlfreiheit und bist dadurch ja geschützt.
Aus welcher Norm ergebe sich da ein Unterlassungsanspruch?