CChemie Klassenarbeit?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Moin,

kein Problem...

Erster Spiegelstrich
Jedes Atom eines Elements hat eine gewisse Elektronegativität (EN). Unter EN versteht man ein relatives Maß für die Stärke, mit der ein Atomrumpf ein bindendes Elektronenpaar zu sich heran zieht.

Die EN ist keine absolute Größe, keine Eigenschaft, die man direkt messen kann. Man kann die jeweiligen Werte nur relativ, das heißt im Vergleich mit anderen ermitteln. Das haben einige Forscher untersucht. Dazu braucht man eine Bezugsgröße. Linus Pauling hat zum Beispiel bemerkt, dass in allen (molekularen) Verbindungen der Bindungspartner Fluor stets ein bindendes Elektronenpaar am stärksten zu sich heranzieht. Darum hat er Fluor willkürlich den EN-Wert 4 zugeschrieben. Alle anderen Elemente haben dann im Vergleich mit dem EN-Wert 4 von Fluor ihre Werte erhalten. So bekam unter anderem Sauerstoff den EN-Wert 3,5, Wasserstoff den Wert 2,2 und Kohlenstoff den Wert 2,5 zugesprochen...

Wie auch immer. Jedenfalls gibt es für (fast) alle Elemente heute EN-Werte. Und wenn du nun die Lewis-Schreibweise einer (molekularen) Verbindung anschaust, kannst du den Differenzbetrag der EN-Werte beider betrachteten Bindungspartner anschauen. Nimm als Beispiel ein Wassermolekül:

H–O–H

Sauerstoff hat die EN = 3,5
Wasserstoff hat die EN = 2,2

Das bedeutet, dass Sauerstoff beide Elektronenpaarbindungen zu den Wasserstoffatomen stärker zu sich heranzieht, weil der Betrag der EN-Differenz
3,5 – 2,2 = 1,3 ist.
Das Sauerstoffatom zieht also die Bindungselektronen in beiden Bindungen stärker zu sich heran, also von den Wasserstoffatomen weg.
Elektronen sind aber negativ geladene Teilchen. Und wenn negativ geladene Teilchen stärker zu einem Bindungspartner hin verschoben sind, dann erhält der betroffene Bindungspartner (hier das Sauerstoffatom) eine negative Teilladung (Partialladung). Gleichzeitig werden die bindenden Elektronenpaare von den jeweiligen Wasserstoffatomen weggezogen. Wenn also die negativen Ladungsträger in dem bindenden Elektronenpaar von einem Bindungspartner weggezogen werden, dann erhält dieser Bindungspartner eine positive Partialladung, verstehst du?
Man sagt dann auch, dass die Bindungselektronen ungleich zwischen den Bindungspartnern verteilt sind. Die Bindung ist polar (hat eine Seite, die positiviert und eine, die negativiert ist).

Das bindende Elektronenpaar wird bei Molekülverbindungen nicht völlig zum elektronegativeren Bindungspartner hin verschoben. Wäre das der Fall, käme es zu einer Übergabe eines Elektrons von einem Bindungspartner zum anderen. Auch das gibt es. Dann entstehen Ionen (geladene Teilchen) und es kommt zur Ausbildung einer Ionenbindung. In Molekülverbindungen wird das bindende Elektronenpaar aber wie gesagt nicht völlig verschoben, sondern nur teilweise zum elektronegativeren Bindungspartner hin verlagert. Darum erhält dieser Bindungspartner auch keine echte elektrische Ladung (wie sie bei Ionen vorkommt), sondern nur eine Partialladung zugesprochen. Dies deutet man durch ein kleines Delta aus dem griechischen Alphabet vor der Ladung an.

[kleines Delta +]^ H–O^[kleines Delta –]–H^[kleines Delta +]

Das gleiche könntest du nun auch für das Molekül der Verbindung Kohlenstoffdioxid machen:

O=C=O

EN von Sauerstoff: 3,5
EN von Kohlenstoff: 2,5
EN-Differenz: (3,5 – 2,5 =) 1,0

[Delta –]^O=C^[Delta +]=O^[Delta –]

Zweiter Spiegelstrich

Ob ein Molekül ein permanenter Dipol ist oder nicht, hängt von zwei Dingen ab:

  1. Das Molekül muss überhaupt über polare Atombindungen verfügen.
  2. Das Molekül muss eine Geometrie haben, in der zwei Pole mit unterschiedlicher Teilladung vorhanden sind (wenn man sich das Molekül als Kugel vorstellt).

Schauen wir uns diesbezüglich noch einmal die beiden Beispiele von oben an.

Wasser (H2O) und Kohlenstoffdioxid (CO2).

In beiden Fällen sind drei Atome miteinander verbunden (beim Wasser ein Sauerstoffatom und zwei Wasserstoffatome; beim Kohlenstoffdioxid ein Kohlenstoffatom und zwei Sauerstoffatome). In beiden Fällen sind die Elektronenpaarbindungen polarisiert (Sauerstoff ist jeweils der negativ teilgeladene Bindungspartner).
ABER: nur das Wassermolekül ist ein Dipolmolekül! - Wieso?

Die Lösung dieser Frage liegt an der Molekülgeometrie. Das Wassermolekül ist gewinkelt gebaut. Das heißt, dass das Sauerstoffatom und die beiden Wasserstoffatome nicht auf einer Linie liegen. Dadurch hat das Molekül eine Seite, der negativ teilgeladen ist und eine Seite, die positiv teilgeladen ist. Wenn man sich ein Wassermolekül als Kugel denkt, ist ein Pol positiviert (Seite mit den Wasserstoffatomen) und ein Pol negativiert (dort sitzt das Sauerstoffatom).
Zwei Pole mit unterschiedlicher Teilladung = Dipol!

Das Kohlenstoffdioxidmolekül ist dagegen linear gebaut. Das heißt, dass alle Bindungspartner auf einer Linie liegen. Dadurch befinden sich auf zwei Seiten die negativierten Sauerstoffatome, während sich in der Mitte der positivierte Kohlenstoff befindet. Wenn du dir dieses Molekül als Kugel vorstellst, sind die beiden Pole gleich teilgeladen, nämlich negativiert, während der „Äquator” positiviert ist. Aber um ein Dipolmolekül zu sein, müssen die Pole verschiedene Teilladungen haben. Das ist bei Kohlenstoffdioxid-Molekül nicht der Fall. Keine zwei verschieden teilgeladene Pole, kein Dipol. So einfach ist das!

Alles klar?

LG von der Waterkant

MasterCaster 
Fragesteller
 10.11.2019, 18:47

Boah, wie ausführlich kann man denn bitte eine Frage beantworten??

Vielen vielen Dank, dass du dir so viel Zeit für mich genommen hast!

Ich hätte trotzdem noch zwei kleine Fragen: (Gedankenstrich 2)

Wir haben jetzt genau 5 räumliche Strukturen im Unterricht behandelt

Tetraedrisch, pyramidal, gewinkelt, trigonal und linear.

Könnte man jetzt genau sagen, bei welchen räumlichen Strukturen das Molekül als Dipol gilt und bei welchen nicht, oder ist das trotzdem noch immer Situationsbedingt?

Nun zu meiner zweiten Frage: (Gedankenstrich 1)

Du hast, wie schön erwähnt, alles echt gut erklärt, sodass ich es auch verstanden habe, aber trotzdem kann ich mir nicht vorstellen wie so eine Frage aussehen könnte, könntest du vielleicht noch eine Frage stellen, die genau so in der Klassenarbeit drankommen könnte?

LG

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DedeM  10.11.2019, 20:08
@MasterCaster

Zu Frage 1
Die Geometrie eines Moleküls ist nur ein relevanter Aspekt für die Frage, ob ein Molekül ein Dipol ist oder nicht. Darum: Nein, man kann nicht allein anhand der Geometrie entscheiden, ob ein Molekül ein Dipol ist oder nicht. Zwei Beispiele:

Im Tetrachlormethan (CCl4) hast du eine tetraedrische Molekülgeometrie. Außerdem hat Chlor die etwas höhere EN (3,0) gegenüber Kohlenstoff (2,5), so dass alle C–Cl-Bindungen (leicht) polar sind. Da aber in dem Tetraeder alle negativierten Chloratome außen liegen, während das positivierte Kohlenstoffatom im Zentrum des Tetraeders liegt, gibt es keine zwei Pole mit unterschiedlichen Partialladungen. Daher ist Tetrachlormethan kein Dipol.

Wenn du aber zum Beispiel Dichlormethan (CH2Cl2) anschaust, so hast du es zunächst wieder mit einer tetraedrischen Molekülgeometrie zu tun. Aber diesmal hat der Kohlenstoff zwei Bindungspartner, mit denen er nahezu unpolare Bindungen ausbildet, weil die EN-Differenz zwischen Wasserstoff und Kohlenstoff mit 0,3 nicht groß genug ist, um eine spürbare Polarität hervorzurufen. Die Differenz liegt innerhalb von natürlichen Schwankungen in der Elektronendichte.
Auf der anderen Seite ist die EN-Differenz von 0,5 zwischen Kohlenstoff und Chlor gerade groß genug, um von einer leicht polaren Bindung zu sprechen. Und wenn du dir den Tetraeder jetzt als Kugel vorstellst, gibt es eine Seite mit einem negativierten Pol (die Chloratome) und einen anderen Pol, der teilweise positiviert ist (die CH2-Seite). Zwei Pole mit unterschiedlicher Teilladung: das heißt, dass Dichlomethan ein Dipol ist.

So könnte man auch die anderen Molekülgeometrien mal so, mal so beurteilen, je nachdem, wer die Bindungspartner sind und wie sich gegebenenfalls die Teilladungen über das Molekül verteilen.
Wie gesagt, es sind zwei Aspekte, die zu berücksichtigen sind: 1. gibt es überhaupt polare Bindungen? 2. Wie ist die Verteilung der polaren Bindungen in Bezug auf die Molekülgeometrie? Das musst du dann von Fall zu Fall neu untersuchen.

Was die Frage 2 angeht, so ist das schwer zu sagen. Eine Möglichkeit könnte sein, dass du eine Reihe von Moleküldarstellungen vorgelegt bekommst und eine Tabelle mit EN-Werten (vielleicht dürft ihr auch ein PSE mit den entsprechenden Angaben verwenden). Dann sollst du begründet ermitteln, welche der Substanzen Moleküle mit Dipolcharakter haben.
Eine andere Idee wäre, zwei Moleküle vorgelegt zu bekommen mit der Information, dass eines davon ein Dipol sei, das andere nicht. Nun sollst du begründen, warum das so ist.
In beiden Fällen könnte noch hinzu kommen, dass ihr nur eine Summenformel erhaltet, dann das Molekül in Lewis-Schreibweise selbst erstellen müsst, um dann die oben stehenden Aufgaben zu beantworten.

Ansonsten schau mal hier:

https://www.chemie.schule/k10/k10ue/ueb_Molekuelbindung_EN.htm

Eine Information ist für dich vielleicht noch von Interesse:

EN-Differenz 0,0 bis 0,4 ---> unpolare Atombindung
EN-Differenz 0,5 bis 1,6 ---> zunehmend stärker werdende polare Atombindung
EN-Differenz ab 1,7 ---> Ionenbindung

Aber das sind nur Faustregeln (es gibt Ausnahmen). Doch diese Richtwerte, zusammen mit der dir wahrscheinlich bekannten anderen Faustregel: Metall und Nichtmetall ergeben eine Ionenbindung; Nichtmetall und Nichtmetall ergeben eine Atombindung - sind zusammen gut geeignet, um abzuschätzen, ob eine Verbindung ionischer oder molekularer Natur ist.

Nochmals ein lieber Gruß von der Waterkant

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Das Atom mit dem höheren EN-Wert zieht die Bindungselektronen ein klein wenig zu sich hin und erhält damit formal eine negative Partialladung - womit für das andere Atom eine positive resultiert.

Beispiel Wasser: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/b5/Hydrogen-bonding-in-water-2D.png/220px-Hydrogen-bonding-in-water-2D.png

Die resultierenden Ladungsschwerpunkte dürfen nicht aufeinander fallen (Problem bei räumlich gebauten Molekülen) wie beim CCl4 oder einfacher beim CO2: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:CO2_Polarization_V.2.svg

Schau Dir das nochmal an: https://de.wikipedia.org/wiki/Dipolmolek%C3%BCl

MasterCaster 
Fragesteller
 10.11.2019, 18:36

Vielen Dank für deine Hilfe! :)

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Hallo MasterCaster

die Elektronegativität (EN) eines Elementes ist ein Maß dafür, wie stark dieses Element Bindungselektronen in einer Bindung an sich zieht. Je höher dieser Wert ist, desto elektronegativer ist das Element und umso stärker zieht es die Bindungselektronen an sich.

Spitzenreiter mit einer EN von 4.0 ist Fluor, gefolgt von Sauerstoff mit 3.4.

Zur Beurteilung, ob und wie stark polar eine Bindung ist, wird die Differenz der EN in der jeweiligen Bindung betrachtet.

Als geeignete Beispiele gelten CO₂ und H₂O.

Im CO₂ ist der Sauerstoff mit 3.4 der elektronegativere Partner gegenüber dem Kohlenstoff mit 2.6. Die Differenz von 0.8 zeigt, dass die Bindung polar ist und die Bindungselektronen mehr zum Sauerstoff verschoben sind. Jedes Sauerstoff bekommt dadurch eine partiell negative Ladung, der Kohlenstoff eine partiell positive Ladung.

Im H₂O sind die Verhältnisse ähnlich. Sauerstoff mit 3.4 der elektronegativere Partner gegenüber den beiden Wasserstoffatome mit 2.2. Auch hier zeigt die Differenz von 1.2, dass die beiden H-O-Bindungen polar sind mit der partiell negativen Ladung am O-Atom und den partiell negativen Ladungen an den H-Atomen.

CO₂ und H₂O sind beide Moleküle mit polaren Bindungen, aber nur H₂O ist ein Dipolmolekül. Der Grund findet sich in der Struktur der Moleküle.

Im CO₂ sind C und O jeweils über Doppelbindungen miteinander verbunden und die Atome liegen auf einer Linie. Die partiell negativen Ladungen befinden sich symmetrisch an den Enden des Moleküls. Da diese Dipolmomente zahlenmäßig gleich groß sind, aber in genau entgegengesetzter Richtung wirken, heben sie sich aus. Das CO₂ ist daher kein Dipol-Molekül.

Anders beim H₂O. Hier sorgt der gewinkelte Bau dafür, dass sich die Dipolmomente nicht aufheben. H₂O ist daher ein Dipol-Molekül.

Hier sind die beiden gegenübergestellt:

http://www.explain-it-arium.de/wp-content/uploads/2014/08/Einfluss-der-Geometrie-auf-die-Polaritaet1.gif

LG

MasterCaster 
Fragesteller
 10.11.2019, 18:24

Vielen lieben Dank für deine ausführliche Antwort!!

Eine Frage hätte ich trotzdem noch.

Das mit dem Dipolmolekül habe ich dank deiner Hilfe verstanden! :)

Jedoch kann ich mir bei dem ersten Punkt in der Checkliste nichts vorstellen..

Könntest du evtl. noch eine kleine Frage daraus machen, wie es in unserer Klassenarbeit auch drankommen könnte?

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Zwergbiber50  10.11.2019, 18:39
@MasterCaster

Ich kann es versuchen :)

Wie verteilen sich die Bindungselektronen in einem Molekül anhand der EN-Werte und wer bekommt die positive, wer die negative Partialladung?

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MasterCaster 
Fragesteller
 10.11.2019, 18:52
@Zwergbiber50

Ich habe so viel Zeug über das Thema im Internet gelesen, dass ich echt Angst bekommen habe, dass so Zeugs auch bei uns drankommen könnte. Natürlich haben wir das zwar nicht im Unterricht besprochen, jedoch dachte ich, dass es keinen anderen Weg auf die Lösung gäbe.

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