Caesar verbot außerordentliche Kommandos - Antonius lies sich außerordentliches Kommando geben?

2 Antworten

Bei der Klärung ist die Unterscheidung zwischen Rechtshandlungen/Verfügungen (acta) eines Amtsinhabers und Gesetzen (leges; Singular: lex) zu beachten, außerdem die Möglichkeit, das Beschließen neuer Gesetze zu erreichen, die bis dahin gültige Gesetze ersetzen bzw. die gültigen Gesetze in einer Ausnahmebestimmung durchbrechen.

Mächtige Politiker hatten verhältnismäßig große Aussichten, einen gewünschten Beschluß einer römischen Volksversammlungen zu erreichen, wenn die Stimmung im Volk günstig für sie war (worauf es auch Einflußmöglichkeiten gab) und sie von anderen unterstützt wurden. Marcus Antonius hatte Anfang Juni 44 v. Chr. die Unterstützung zahlreicher in der Stadt Rom anwesender Veteranen Caesars.

Gaius Iulius Caesar hat 46 v. Chr. als Konsul ein Gesetz beantragt, die Amtsdauer von Statthaltern zu begrenzen. Ein Prokonsul sollte eine Provinz nicht länger als 2 Jahre leiten, ein Propraetor nicht länger als 1 Jahr (Marcus Tullius Cicero, Orationes Philippicae 1, 19; 1, 24; 3, 38; 5, 7; 8, 28; Cassius Dio 43, 25, 3). Dieses Gesetz wurde von einer Volksversammlung beschlossen. Nach Ciceros Darstellung war es ein Gesetz des populus (Volks, Gesamtvolk, Staatsvolk) und von den Zenturiatskomitien (comitia centuriata) beschlossen.

Das Gesetz richtete sich wie richtig erkannt gegen eine Machtansammlung und den Aufbau einer außerordentlich starken Machtstellung.

Allerdings schaffte Caesar damit nicht jedes außerordentliche Kommando/jede außerordentliche Befehlsgewalt ab. Insbesondere hatte er selbst so eine außerordentliche Machtstellung als Diktator (für 10 Jahre bzw. dann auf Lebenszeit).

Martin Jehne, Der Staat des Dictators Caesar. Böhlau : Köln ; Wien, 1987 (Passauer historische Forschungen ; Band 3), S. 386:  

„46 wurde eine lex Iulia de provinciis verabschiedet, die die Höchstdauer der Statthalterschaft bei praetorischen Provinzen auf ein Jahr, bei consularischen auf zwei Jahre festsetzte. Dieses von Cicero so gepriesene Gesetz ist wohl – soweit unsere lückenhaften Daten eine Überprüfung zulassen – zwischen 46 und 44 nicht übertreten worden. Caesar baute hiermit offenbar eine Sicherheitsschranke ein, die die Wiederholung seines eigenen Beispiels unmöglich machen sollte: Niemand sollte sich während eines langen Aufenthalts in einer Provinz - möglicherweise verbunden mit erfolgreicher Kriegsführung - große Clientelen und eine tiefgehende Anhänglichkeit seiner Soldaten verschaffen können.“

Marcus Antonius hat als Konsul (er hat dieses Amt in dem Amtsjahr schon zu Beginn als Kollege Caesars ausgeübt) den Senat zu einer Versammlung am 17. März 44 v. Chr. einberufen. In einem Kompromiß wurde beschlossen, einerseits den Caeasarmördern Straffreiheit für die Tötung zu gewähren, andererseits Caesars Rechtshandlungen/Verfügungen (acta Caesaris), seine amtlichen Maßnahmen und Beschlüsse, als gültig/rechtskräftig anzuerkennen, da dies für den Staat nützlich sei (Marcus Tullius Cicero, Epistulae ad Atticum 16, 14, 1; Marcus Tullius Cicero, Orationes Philippicae 2, 109; Appian, Emphylia [Bürgerkriege; lateinischer Titel: Bella civilia] 2, 135 [563 - 564]).

Anfang Juni 44 v. Chr. wurde von der Volksversammlung der Plebs (concilium plebis) ein Gesetzesantrag von Volkstribunen beschlossen. Danach wurde für Marcus Antonius statt Makedonien (Macedonia) Gallia Cisalpina und Gallia Comata als Provinz bestimmt. Marcus Antonius und Publius Cornelius Dolabella bekamen dafür eine Verlängerung der prokonsularischen Befehlsgewalt auf 5 Jahre und Marcus Antonius konnte seine makedonischen Legionen nach Gallien überführen (Marcus Tullius Cicero, Orationes Philippicae 1, 16 – 17; 1, 24 – 25; 2, 109; 5, 7; 8, 27 – 28; Nikolaos von Damaskus; Fragmente der Griechischen Historiker [FGrHist] 90 F 130, 30 [122] - formaler Weg nicht angegeben - ; Appian, Emphylia [Bürgerkriege; lateinischer Titel: Bella civilia] 3, 7 [27] - Versuch eines Senatsbeschlusses - ; dann Gesetz in den Tributkomitien: 3, 9 [30]; 3, 9 [31]; 3, 11 [37 – 38]; 3, 15 [52]; 3, 15 [55]; 3, 17 [62]; Cassius Dio 45, 9, 3; 45, 20, 3 – 4; 45, 22, 3; 45, 25, 1; 45, 34, 5; 46, 23, 4; durch Senatsbeschluß); Livius, Periochae 117: durch lex de permutatione provinciarum; vgl. Ulrich Gotter, Der Diktator ist tot! : Politik in Rom zwischen den Iden des März und der Begründung des Zweiten Triumvirats. Stuttgart : Steiner, 1996 (Historia : Einzelschriften ; Heft 110), S. 53; zur Politik des Marcus Antonius vgl. Helmut Halfmann, Marcus Antonius. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2011 (Gestalten der Antike), S. 64 – 80).

Tarsia 
Fragesteller
 06.04.2015, 00:14

WOW. Danke ^.^

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Albrecht  06.04.2015, 00:14

Cicero (Marcus Tullius Cicero, Orationes Philippicae 1, 16 – 20; 1, 24, 2, 109, 5, 7 [sexennium = Zeitraum von 6 Jahren]; 8, 27 – 28 (quinqennium = Zeitraum von 5 Jahren]) erhebt bei Angriffen auf Marcus Antonius den Vorwurf, einerseits sollten die Rechthandlungen/Verfügungen Caears (acta Caesaris) gültig sein, andererseits würden dessen Gesetze (leges) bzw. das Gesetz (lex) über die Provinzen umgestürzt. Auch wenn Cicero an einer Stelle (Marcus Tullius Cicero, Orationes Philippicae 1, 17) die acta Caesaris zu den leges Caesaris rechnen will, sind dies in genauer staatsrechtlicher Bedeutung unterschiedliche Dinge. Die von Caesar beantragten Gesetze sind aufgrund der Zustimmung Gesetzes des römischen Volkes, von einer Volksversammlung beschlossen. Wenn später eine neue gesetzliche Regelung beschlossen wird bzw. ein von einer Volksversammlung beschlossenes Gesetz in einem Ausnahmefall eine Abweichung enthält, bedeutet dies dies nicht, die alten Gesetze würden als niemals gültig behandelt. Sie werden als bis zum Zeitpunkt der neuen Gesetzgebung gültig bzw. als weiterhin gültig und nur in einem Ausnahmefall durchbrochen behandelt.

Inhaltlich steht das Gesetz zu den prokonsularischen Kommandos in einem Gegensatz zum Gesetz, das Caesar beantragt hat. Das neue gesetz dient dazu, sich in neuen Verhältnissen nach dem Tod Caesars eine Machtstellung abzusichern.

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Für den Einzelfall kann ich nicht sagen, wie er es handhabte; aber er fälschte auch schon einmal angebliche Gesetzespläne Cäsars, ließ sich eine Leibwache bewilligen u.a.. - Außerdem "billigte er in der zweiten Märzhälfte Senatsbeschlüsse wie die Abschaffung der Diktatur oder die Einsetzung einer Kommission, die Caesars Amtshandlungen prüfen sollte." (Wikipedia zu M.A.)

Bei der Auseinandersetzung zwischen Antonius, Cäsarmördern und Oktavian wurde allerseits mit harten Bandagen gekämpft, und die Volksversammlung war kein Bundesverfassungsgericht, sondern vom jeweiligen Machthaber in Rom relativ leicht zu manipulieren.

Tarsia 
Fragesteller
 02.04.2015, 12:59

Okay danke :)

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