Braucht es Zoos zum Artenschutz?

Das Ergebnis basiert auf 10 Abstimmungen

Ja 60%
Nein 40%
Wintermadl  02.02.2024, 19:44

Ich verstehe den Zusammenhang nicht mit veganer Ernährung und nicht in den Zoo gehen? Musst die Tiere im Zoo ja nicht essen...

MyNameIsMike 
Fragesteller
 02.02.2024, 19:45

Ist nicht nur eine Ernährung, sondern eine Lebenseinstellung. Man versucht Tierleid nicht nur auf den Teller zu vermeiden.

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Ja
Ich kann mir nich vorstellen das in eine Art Gefängnisszelle für ein Tier, ein glückliches Leben ermöglicht nur weil es alles hat was es zum Leben braucht.

Wenn du dieses Argument konsequent zu Ende denkst, dann musst du aber prinzipiell jede Tierhaltung ablehnen. Denn es macht aus tierethischer Sicht absolut keinen Unterschied, ob wir Löwen, Wölfe oder Aras im Zoo halten oder Katzen, Hunde und Wellensittiche als Liebhabertiere bei uns zu Hause. Wenn wir ersteren einen höheren Stellenwert einräumten als letzteren, würden wir speziesistisch handeln. Wenn wir es also akzeptabel finden, uns Haustiere zu halten, dann müssen wir ungekehrt genauso konsequent sein und davon ausgehen, dass die Haltung von Wildtieren nicht per se schlecht ist.

Das ausschlaggebende Kriterium ist nicht, ob wir eine Tierart halten dürfen, sondern wie wir es tun. Tiergerecht muss es sein, d. h. ein Tier muss seinen artspezifischen Bedürfnissen gerecht ernährt, gehalten und betreut werden. Dazu sind Halter laut Tierschutzgesetz sogar verpflichtet und dieses Gesetz müssen Zoos genauso einhalten wie Hunde- und Katzenhalter.

aber glücklich macht es einen nicht weil die Freiheit fehlt

Tiere haben gar keinen Freiheitsbegriff wie wir ihn haben. Wir dürfen die Tiere nicht vermenschlichen und daher nicht davon ausgehen, dass jedes Tier grundsätzlich genauso fühlt, denkt und leidet wie ein Mensch. Jedes Tier ist anders und das müssen wir berücksichtigen. Ich möchte dir ein Beispiel nennen: wenn ein Löwenmännchen ein Rudel übernimmt, dann tötet es für gewöhnlich die Jungen seines Vorgängers. Dieser Löwe ist aber weder grausam noch ist er ein Kindsmörder, sondern das ist ein normaler Teil seines löwentypischen Verhaltens, mit dem er erreichen möchte, dass die Löwinnen schneller wieder paarungsbereit sind und seine eigenen Jungen zur Welt bringen. Aus seiner Sicht handelt er "richtig", obwohl aus menschlicher Sicht solches Verhalten moralisch absolut falsch wäre.

Die Freiheit in der Natur ist außerdem eine romantische Vorstellung, die mit der Realität jedoch nichts zu tun hat. Kein Tier in der Natur ist "frei". Viele Tierarten sind territorial, d. h. an feste Reviergrenzen gebunden, die sie in der Regel auch einhalten. Es gibt natürlich auch Tierarten, die keine festen Reviergrenzen haben und scheinbar frei herumwandern. Wirklich "frei" sind aber auch diese Tiere nicht. Denn sie wandern ja nicht umher, weil sie das gerne tun, sondern weil sie dazu gezwungen sind, z. B. um neue Nahrungsgründe zu erschließen oder in klimatisch günstigere Gebiete auszuweichen. Und sie nutzen dafür auch stets die gleichen Pfade und wandern nicht beliebig frei umher. Unsere europäischen Zugvögel beispielsweise folgen festen Zugrouten und die Gnuwanderung in der Serengeti folgt einem m.o.w. immer gleichen Rundkurs. Und drittens gibt es nennenswerte Wildbestände heutzutage nur noch in den wenigen verbliebenen Nationalparks, Reservaten und Naturschutzgebieten, deren Wildbestände vom Menschen im Prinzip genauso verwaltet werden wie die Bestände im Zoo. In den meisten Fällen sind die Schutzgebiete sogar genauso umzäunt wie die Gehege im Zoo. Wir "sperren" die Tiere im Grunde genommen auch in der Natur schon längst ein. Und selbst dort, wo die Tiere wirklich "frei" sind, beschneiden wir ihre Freiheit durch Straßen, Acker und Siedlungen.

Noch ein Wort zum Terminus "Tiergefängnis", bevor ich auf deine eigentliche Frage (brauchen wir Zoos für den Artenschutz?) eingehen möchte. Zootiere verstehen ihre Gehege nicht als Gefängnis, sondern als "ihr" Revier, dessen Grenzen sie sogar verteidigen und akzeptieren. Viele Grhegebegrenzungen sind sogar rein symbolisch, damit die Zoobesucher nicht zu den Tieren herrin kommen, sie könnten von den Tieren aber problemlos überwunden werden. Ich gebe zu, dass Tiere früher in Zoos in viel zu kleinen Käfigen gehalten wurden und die Gitterstäbe vermittelten auch den Eindruck einer Gefängniszelle. Das ist aber nur der menschliche Eindruck. Ein Tier empfindet Gitterstäbe nicht schlimmer als Glas oder Trockengräben. Die modernen Zoogehege von heute sind außerdem viel größer und strukturierter als früher. Die Tiere bekommen im Zoo ausreichend Platz, um sich ihren Bedürfnissen entsprechend bewegen zu können. Es gibt z. B. Untersuchungen mit GPS-Trackern, die zeigen, dass Elefanten im Zoo genauso weite Strecken laufen wie in der Natur (Linti 2017). Tiere müssen im Zoo nicht leiden. Die meisten Arten erreichen im Zoo sogar ein wesentlich höheres Alter als in der Natur (Tidière et al. 2016). Im Zoo müssen die Tiere keinen Hunger leiden und wenn sie krank sind, werden sie vom Veterinär behandelt oder ihr Leiden wird schmerzfrei beendet. Ein Tier, das in der Natur an Hunger, einer Verletzung oder Krankheit stirbt, leidet oft tagelang schwere Qualen und Schmerzen.

Und damit kommen wir nun zu deiner ursprünglichen Frage (sorry für die lange Vorrede). :)

Braucht es Zoos zum Artenschutz?

Der letzte Zustandsbericht zur Bedrohung der Artenvielfalt des Weltbiodiversitätsrats schätzt, dass 1 Mio. der geschätzt 8 Mio. auf der Erde lebenden Arten vom Aussterben bedroht sind (IPBES 2019). Laut einer neueren und noch genaueren Schätzung sind sogar 2 Mio. Arten vom Aussterben bedroht (Hochkirch et al. 2023). Brauchen wir Zoos also für den Artenschutz? Auf jeden Fall! Angesichts der dramatischen Ausmaße, die die Artenkrise schon jetzt angenommen hat, sind Zoos heute sogar wichtiger denn je.

Etliche Tierarten wären schon längst ausgestorben, wenn es Zoos und ihre Nachzuchtprogramme nicht geben würde. Etwa 50 Tierarten verdanken ihr Überleben ausschließlich Zoos und Zuchtprogrammen in menschlicher Obhut, z. B. Wisent, Schwarzfußiltis, Kalifornischer Kondor und Spix-Ara (zoos.media 2015). Auch bedrohte Tierarten, die in der Natur noch nicht ganz ausgestorben waren, konnten durch Zuchtprogramme von Zoos und durch Auswilderungsprojekte vor dem gänzlichen Aussterben gerettet werden, z. B. Wildkatze, Luchs, Auerhuhn, Bartgeier oder Waldrapp. Das mag angesichts der Tatsache, dass täglich etwa 130 bis 150 Arten aussterben, wenig erscheinen und vielleicht ist es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Das sind aber immer noch 50 Arten mehr, als die fanatischen Zoogegner gerettet haben und für jede einzelne der geretteten Arten macht es sehr wohl einen Unterschied aus.

und warum man sie nicht in ihrer natürlichen Umgebung schützt.

Aber genau das machen die Zoos. Zoos gehören zu den größten Unterstützern von Naturschutzprojekten direkt vor Ort. Die Zoos beteiligen sich also nicht nur im Artenschutz außerhalb der natürlichen Lebensräume, dem sog. Artenschutz ex situ, sondern auch im Schutz in situ. Zoos unterstützen Naturschutzprojekte überall auf der Welt finanziell, materiell und bzw. oder personell. In zahlreichen Regionen hilft die finanzielle Unterstützung der Zoos den Schutzprojekten dabei, Land zu kaufen und dauerhaft unter Schutz zu stellen oder es werden Ranger ausgebildet und bezahlt, die die Tiere vor Wilderern schützen. Auch Projekte, die die lokale Bevölkerung aufklären und in den Artenschutz einbinden, werden unterstützt. Ein paar Beispiele:

  • Der Zoo Osnabrück unterstützt als eines der Gründungsmitglieder finanziell die Organisation Sphenisco zum Schutz der bedrohten Humboldt-Pinguine oder das Projekt Save the Rhino zum Schutz der Nashörner in Afrika und Asien.
  • Der Zoo Leipzig ist seit 2002 Unterstützer des Endangered Primate Rescue Center (EPRC) in Vietnam, seit 2013 ist er Träger des Projekts. und übernimmt allein die Hälfte der gesamten Personalkosten.
  • Der Kölner Zoo untersützt ein Projekt zum Schutz der Elefanten auf Sri Lanka und der Schwarzfußkatzen in Südafrika.
  • Erwähnt werden muss unbedingt auch die Arbeit der Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz (ZGAP) e. V., die von vielen Zoos unterstützt wird und seit 1989 v. a. Schutzprojekte für kaum beachtete Arten durchführt, die aber trotzdem unseres Schutzes bedürfen.
  • Und natürlich muss auch die Arbeit der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt erwähnt werden, ohne die es die Serengeti in ihrer heutigen Form schlicht nicht mehr gäbe. Die ZGF betreibt beispielsweise die Fahrzeugwerkstatt, in der sämtliche Fahrzeuge des Parks repariert werden, hilft beim Einsammeln von Schlingfallen, beim Monitoring der Tierbestände aus der Luft und bei Managementprojekten.

Darüber hinaus trägt auch die Forschung, die in Zoos und in Kooperation mit Forschungsinstituten wie dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (das im Übrigen vom damaligen Berliner Tierparkdirektor Heinrich Dathe begründet wurde) betrieben wird, dabei, die Wildtierbestände noch besser zu verstehen ubd effektiver zu schützen. Und schließlich klären Zoos ihre Besucher über das Thema Artenschutz auf und sensibilisieren sie dafür. Im Zoo Leipzig werden beispielsweise jährlich die "Entdeckertage Artenschutz" abgehalten.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

um immer mehr menschen zu füttern braucht man immer mehr fläche. das beisst sich extrem damit, tierarten in ihrer natürlichen umgebung zu erhalten.

um die biodiversität des planeten zu erhalten, müssen die menschen aufhören, sich unkontrolliert zu vermehren.

also ja. es braucht zoos. ein bisschen was von dem geld für die projekte kommt durch die eintrittsgelder wieder rein. aber wirklich nur ein bisschen.

etliche schwer bedrohte tierarten gibt es tatsächlich nur noch oder fast nur noch in zoos und die genetischen varianten der in "freiheit" lebenden tiere genügt zur erhaltung der art nicht mehr.

Nein

Zoo‘s betreiben kein Artenschutz. Sie verstören Tiere, halten sie in viel zu kleinen Gehegen/Käfigen, schneiden Vögel die Federn ab damit sie nicht weg fliegen können. Nichts daran ist Artenschutz. Ein sanctuary wo nur Mitarbeiter hin dürfen, wäre da eher angebracht.

hier noch ein Video dazu:

https://youtu.be/hFMV3O1s1U4?si=AUR3FQ2TA4Aj0die

MyNameIsMike 
Fragesteller
 02.02.2024, 19:48

Denen werden die Flügel abgeschnitten?! Wie kann sowas von einen Tierschutz Verein genehmigt werden, den ja viele Zoos haben z.B mit den WWE... unglaublich, könnte kotzen wenn sowas höre/lese.

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Birdfocus  02.02.2024, 19:49
@MyNameIsMike

nicht die ganzen Flügel aber gewisse Federn die sie zum fliegen brauchen. Bei Flamingos wird es z.B. gemacht. Deswegen fliegen die ja auch nicht weg obwohl sie meistens kein Netz oder Käfig über dem Gehege haben.

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MyNameIsMike 
Fragesteller
 02.02.2024, 19:53
@Birdfocus

Trotzdem unter aller Sau! Für das Tier ist es eigentlich das gleiche. Ich dachte immer, das ich alles schon gehört habe. Bin einfach sprachlos. Übrigens: Robert Marc Lehmann mag ich sehr, werde ich mir gleich anschauen!

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Birdfocus  02.02.2024, 20:02
@MyNameIsMike

Ja definitiv, das habe ich auch nicht verneint. Bin da auch jedes Mal wieder schockiert was da alles ab geht. Ich will auch gar nicht wissen was hinter den Kulissen ab geht.

und ja, Robert ist wirklich wer ganz besonderes :) ich mag seine Aufklärung.

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MyNameIsMike 
Fragesteller
 02.02.2024, 20:28
@Birdfocus

Das wollte ich auch nicht sagen das du es verneint hast 😄 Ich auch nicht, hoffe aber das irgendwann alle Missstände irgendwann ans Licht kommen.

Auf jeden Fall, sollte mehr Leute wie Robert geben!

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Darwinist  08.02.2024, 17:02
@MyNameIsMike
Ich dachte immer, das ich alles schon gehört habe.

Früher wurden in Zoos viele Vögel kupiert, das stimmt. Das ist aber schon länger verboten und wird heute in Zoos nicht mehr gemacht. Einzelne Vögel mit kupierten Flügeln findet man zwar noch, weil viele Vogelarten sehr alt werden können. Diese wurden aber noch kupiert, als das Kupieren noch nicht verboten war.

Auch die Praxis des Stutzens der Schwungfedern ist inzwischen verboten. Sie wird bisweilen aber noch in Ausnahmefällen geduldet. Viele Zoos sind dabei, die Haltung hier bereits umzustellen. Vögel werden in Zukunft wohl nur noch in großen Volierenanlagen gehalten werden, die übernetzt sind (z. B. Aralandia in Wuppertal oder die Flamingo-Lagune im Zoo Leipzig). Das heißt auch, dass die Haltung vieler Vogelarten, die nicht in solchen Volieren gehalten werden (können), perspektivisch auslaufen wird.

Übrigens: Robert Marc Lehmann mag ich sehr, werde ich mir gleich anschauen!

Dann weißt du hoffentlich, dass Herr Lehmann zwar gegen Zoos wettert, ihr Geld aber gerne nimmt.

In einem YouTube-Video bewirbt er beispielsweise das Naturschutzprojekt Tamandua mit dem Slogan: "So geht richtiger Artenschutz", um zu suggerieren, dass Zoos keinen richtigen Artenschutz betreiben würden. Was er aber verschweigt: Tamandua leistet so hervorragende Arbeit, weil es finanziell von Zoos unterstützt wird, wie man auf der offiziellen Seite des Projekts lesen kann. Das von Herrn Lehmann erwähnte Ameisenbärenschutzprojekt wird u. a. vom Zoo Dortmund, dem Zoopark Itatiba und dem Sao Paulo Aquarium finanziell unterstützt (Quelle: www.tamandua.org/parceiros/).

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MyNameIsMike 
Fragesteller
 08.02.2024, 17:09
@Darwinist

Okay, danke dir für die ausführliche Antworten! Hab ich so nicht gewusst.

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