Boshaftigkeit

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Hallo Valeria,

bevor ich diese Frage beantworte habe ich mir auch Deine anderen Fragen durchgelesen und finde viele Faktoren für das Verhalten Deines Vaters!

Kleine Frage...war er vor dem Schlaganfall anders? Durch Schlaganfall kann es zu Persönlichkeitsänderungen kommen. Auch der Diabetes könnte eine Rolle spielen, da es dadurch zu mikrovaskulären Veränderungen im Gehirn kommt. Beides wird als "Hirnorganisches Psychosyndrom" bezeichnet.

Vermutlich spielen auch seine eigene Kindheit, negative Lebenserfahrungen und traumatische Erfahrungen (wie z.B. der Tod Deiner Mutter) eine Rolle (dann könnte man es als akzentuierte Persönlichkeit oder Depression abrechnen ;).

Wenn eine psychische Krankheit dahinter steckt hilft nur Psychotherapie, aber ich weiß nicht, ob Du ihn dazu motivieren kannst!

Was auch wichtig ist: viele Menschen entwickeln Wut gegen die Menschen, die ihnen HELFEN! Das ist etwas sehr typisches bei der Pflege älterer Menschen. Es fällt ihnen schwer Hilfe anzunehmen und sie werden daher bösartig. Es spielt auch eine Rolle, dass sie verletzt sind, sich schämen und Angst haben vor der Abhängigkeit und davor ihre Selbstständigkeit zu verlieren.

Hier in der Nachbarschaft gibt es eine ältere, demente Dame, die immer von ihrem Rollstuhl aus unflätig schimpft. Sie wird ihrer Tochter geschoben, die unheimlich gut mit der Situation umgeht: Sie bleibt ruhig und freundlich und sagt..."Mama, das willst Du doch garnicht sagen." - Ich glaube das ist ein guter Weg damit umzugehen!

Ansonsten ist es wichtig Deinem Vater möglichst viele Aufgaben und möglichst viel Selbstständigkeit zu geben. Kann er Aufgaben in Haus und Garten oder mit den Kindern übernehmen? Einkaufen gehen? Oder seine Medikamente selbst vorbereiten (ggf. unter Aufsicht). Wichtig ist auch sich bei Ihm zu bedanken und sei es nur für Kleinigkeiten oder ihm zu sagen, was man an ihm gut findet, oder wie er der Famlie helfen kann. Z.B. "Du kannst doch so gut basteln, willst Du nicht mal mit den Kindern ein Vogelhaus für den Garten machen?" oder "Meine Tochter... hat Probleme mit dem Vorlesen, hättest Du Lust mit ihr zu üben?" - etwas suchen, das er gut kann, etwas was vielleicht mit seinem Beruf zu tun hat.

Vielleicht ist es hilfreich, wenn Du Dir eine Unterstüzung suchst damit Du mit der schwierigen Situation leichter umgehen kannst. Hierbei kann z.B. Hypnotherapie (auch als Selbsthypnose mit CD) oder Tanztherapie oder Psychotherapie nützlich sein.

LG und alles Gute! Hourriyah

Valeria77 
Fragesteller
 23.12.2012, 16:30

Mein Vater war vor seinem Schlaganfall wohl schon so, nur damals ließ er alles an meiner Mutter aus, wie jetzt nach und nach rauskam. Durch ihren starken christlichen Glauben hat sie es bei ihm ausgehalten und auch der Umstand, dass es damals für eine Frau schwieriger war, alleine drei Kinder großzuziehen, auch wenn sie, wie meine Mutter eine Doktorin war. Mein Vater hatte eine belastende Kindheit, während des Krieges hatte sein Vater eine Geliebte, die er in die eigene Wohnung einquatierte! Meine Oma ließ sich das gefallen und ließ sich -damals noch schuldig- scheiden. Da mein Opa in der Ostzone war, waren mein Vater und sie auf sich alleine gestellt, mussten die Wohnung untervermieten, schneidern etc. Eigentlich wollte mein Vater nicht Arzt werden, aber der "Familienrat" beschloß das so- da sein Vater noch Bücher zu dem Bereich hatte (er war selbst Arzt), mein Vater hatte bis zum Schlaganfall eine eigene Praxis in München. Den Kontakt brach sein Vater zu ihm ab, was er nie verstand und seine Mutter lebte mit uns im Haus bis sie verstarb. Ich lobe ihn, wenn er die kleine vom Kiga abholt, sich um sie kümmert, glaub mir, aber manchmal bringt er Sachen, da würde ich gerne aufgeben. Gestern fiel mir ein Schmuckteller von der Wand und er sagte: "Früher hätte man sein Dienstmädchen für so etwas entlassen". Heute hat er sich dafür entschuldigt. Das ist ja das schlimme. Wäre er immer böse, dann würde ich sofort gehen, aber er hat auch nette Seiten.

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hourriyah29  25.12.2012, 20:30
@Valeria77

Hallo Valeria,

danke für Deinen Kommentar. Du hast ja schon einige Gründe gefunden, warum Dein Vater vielleicht so ist. Was wäre er denn lieber geworden, statt Arzt? Kann man das irgendwie als Hobby nachholen? Als Arzt hätte er die Möglichkeit gehabt sich helfen zu lassen (Psychotherapie oder Supervision). Hat er von sich aus garnichts gemacht? Vielleicht kannst Du ihn für Selbsthypnose-CDs (Eberwein oder Hypnosynchron kann ich sehr empfehlen) erwärmen. Das könnte ihm helfen.

Meiner Meinung nach solltest Du aber Dich vor allem auf Dich selbst, Deine Bedürfnisse, Deine Resourcen (Freunde, Hobbies, Sport, Entspannung, Interessen) und Unterstützungsmöglichkeiten für Dich (Entlastung in Haushalt, ev. bei der Pflege und auch Selbsthypnose oder Therapie) konzentrieren. Deinen Vater kannst Du vermutlich nicht mehr ändern, aber lernen selbst "cooler" mit der Situation umzugehen.

LG, Hourriyah

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Ja, solche Menschen gibt es. Meist haben sie selbst viele üble Dinge in ihrem Leben erlebt und haben keinen anderen Weg gefunden, damit umzugehen, als selbst zynisch und bösartig zu werden.

Helfen kann ganz grundsätzlich eine Therapie - aber die muss der Betreffende selbst wollen. Wenn er keine Notwendigkeit dafür sieht, wird er kaum zu bewegen sein, eine solche zu beginnen. Vielen Menschen machen Therapien auch Angst, weil sie befürchten, Schlimmes von sich preisgeben zu müssen und dafür verurteilt zu werden.

Ja das gibt es, behandelbar ist das nur, wenn der Betroffene das selber will. Bösartigkeit ist keine Krankheit sondern eine freie Entscheidung.

Oh ja, die gibt es und sie sterben nicht aus. Dies liegt oft daran, dass sie kein Einfühlungsvermögen besitzen und nach Macht suchen, die sie sonst nirgendwo im Leben haben, weil sie in diversen Lebensbereichen versagt haben. Ein Mensch, der mit sich selbst im Einkang ist, wird selten böse sein.

Allerdings. Zyniker, die verbittert sind, einfach. Die mit allem und vor allem sich selbst unzufrieden sind, und die das auch zeigen, indem sie an allem etwas auszusetzen haben.

Lg