Bewerbung Anforderungen zu hoch?

2 Antworten

Nun das sind erst einmal mehrere Sachen. Was Stellenausschreibungen und die Anforderungen angeht, die kannst du erstmal ein wenig ignorieren. Gerade als Berufseinsteiger bzw. bei einer Juniorstelle kannst du natürlich noch keine Berufserfahrung von zehn Jahren in fünf Sprachen, drei RDBMS's und 20 Frameworks haben. In der Realität reicht eine gute Auffassungsgabe und logisches Verständnis, die Fähigkeit Probleme in Teilprobleme zu zerteilen und sich daran vorzuarbeiten.

Die Ausschreibungen selbst entstehen manchmal relativ praxisfern. Mal ein Beispiel bei uns, kleiner Laden der Software herstellt für die Industrie (Logistik). Der Personalverantwortliche ist quasi durchs ganze Büro gehuscht und hat jeden gefragt mit was für Technologien so gearbeitet wird. Am Ende ist daraus eine Stellenausschreibung geworden, die sowohl alle Sprachen und Bereiche bei uns abgedeckt hat, was eigentlich 3-4 verschiedene sind und kein Mensch alleine macht, ebenso wie Kenntnisse in Frameworks oder Libraries, die wir sehr, sehr spärlich nutzen.

Sprich du hattest dann was ala gute Kenntnisse in C#, Java (Android), C(++), PHP, HTML, (S)CSS, JavaScript, SQL, Laravel, Oracle PL/SQL, Infragistics, WinForms, List&Label und natürlich noch die gängigen Softskills. Natürlich bringt das keiner mit, um in den ganzen Themen fit zu sein ist der Tag zu kurz, da kannste gar nicht bei allen am Ball bleiben.

Klar in einem kleinen Laden konnte ich einfach zu den rüber gehen und sagen, da muss er noch mal ran, das ist nicht eine Stelle, klären wo wir wen brauchen und entsprechend anpassen. Aber auch die Personaler selbst wissen, dass in einen so breiten und spezifischen Bereich wie der IT kaum einer mit genau den Stack und Wissen antanzen wird, das man für das Unternehmen best case hätte.

Ansonsten ist der Bewerbungsprozess in der IT auch ein wenig außer Kontrolle geraten mit ähnlichen Code Tests ala LeetCode und co. Die meisten Algorithmen die abgefragt werden in einigen Unternehmen, werden niemals im Unternehmen selbst Anwendung finden und wenn ist das nix was man auswendig lernt, sondern etwas, dass man nachschlägt, wenn das kein Algorithmus ist, den man häufig nutzt und wenn das der Fall ist, dann gibt es dafür entsprechende Abstraktionen, damit man das Rad nicht immer neu erfinden muss.

Aber ja viele lernen dann eben im voraus Wochen oder Monate lang auf Plattformen wie LeetCode. Nicht für ihren Beruf, sondern für die Bewerbung. Ist natürlich auch immer abhängig von Firmengröße, Region und Firmenkultur. So Startups in Berlin werden sich stark an den amerikanischen Markt orientieren, anders sind Konzerne und wieder anders sind kleinere konservative deutsche Unternehmen, die eher für Businesskunden arbeiten oder eine Inhouse IT.

Ansonsten mach dich nicht groß verrückt, die Leute kochen alle nur mit heißen Wasser, das ist in der IT nicht anders, man wirft nur noch exzessiver mit Buzzwörtern um sich. Habe in der IT schon in sämtlichen Positionen und in sämtlichen Gehaltsklassen totale Flachpfeifen als auch sehr gute Leute gesehen.

Und natürlich wird dein Einstiegsgehalt nicht riesig sein und natürlich kannst du noch nicht groß Wissen mitbringen. Weiß nicht wie genau es in Leipzig aussieht. Der Durchschnitt mit Bachelor für den Einstieg wäre um 41k, mit Master knapp 45k. Da sind natürlich auch große Firmen mit drin und Branchen die gut bezahlen. In einer 10 Mann Webschmiede im Osten oder Norden wirst du das vermutlich nicht kriegen, in einen mittelständischen Unternehmen in einer halbwegs lukrativen Branche halte ich deine Vorstellungen allerdings für realistisch.

Wenn du es erstmal bis zum Bewerbungsgespräch schaffst, dann bringst du theoretisch erst einmal genug mit. Danach zählt dann in erster Linie die Persönlichkeit bzw. die Soft-Skills und wie gut man sich riechen kann.

Was coden im Bewerbungsprozess angeht, bei sowas ist Kommunikation sehr wichtig. Nicht still arbeiten und dann rufen fertig oder kann ich nicht, sondern sagen was einen durch den Kopf geht, damit der gegenüber merkt, dass man das Problem versteht, ggf. versteht, dass es mehrere Teilprobleme sind, wie man sich diesen nährt usw. Dann hast du ggf. nicht die Lösung, weil du einen bestimmten Algorithmus nicht auswendig kennst oder herleiten kannst aber man weiß du hast das Problem verstanden, kennst ggf. den Namen vom Algorithmus und würdest bei der Arbeit sicherlich mittels Nachschlagemöglichkeiten die Aufgabe relativ schnell und problemlos bewältigen.

Und was dein Wissen angeht, das wird immer minimal bleiben. Je länger du in dem Bereich bist, desto mehr Technologien, Sprachen, Tools und Konzepte wirst du kennenlernen, ebenso das was unter Abstraktionen steckt, die du erst einmal als selbstverständlich gesehen hast.

Du lernst mit der Zeit immer mehr Sachen kennen, über die du nix oder wenig weißt und lernen wirst du nie alles können. Du kennst jetzt 30 Sachen und kannst 10 davon gut. In einigen Jahren kennst du 1.000 Sachen und kannst 30 davon gut. Ist dann eben immer die Sichtweise. Du kannst dreimal mehr als zuvor und hast guten Fortschritt gemacht, man kann sich natürlich auch fertig machen bzgl. den 970 Sachen, die man nicht kann.

Ansonsten erst einmal viel Glück und mach dich nicht zu verrückt. Angst brauchst du keine haben. Wenn es in einem Unternehmen nix wird, dann folgt eben das nächste Gespräch und das Nächste. Bringt letztlich auch Übung und Routine, baut Nervosität ab und macht dich besser im Bewerbungsgespräch.

Nur um dir nochmal einen Einblick zu geben bzgl. Skillset und Anforderungen. Ich habe in der Ausbildung hauptsächlich C++ gemacht und ein wenig Assembler.

Beworben habe ich mich anschließend auf eine Stelle im Webbereich, was ich zuvor hier und da in der Jugend als Hobby gemacht hatte privat. Dort habe ich dann relativ schnell auch weitere Sachen übernommen, sei es Pflege von alten C++ Code, der alle paar Jahre mal ausgegraben wird, sehr viel Oracle PL/SQL, ein paar DBA Tätigkeiten, etwas Java (Android) für Wearables und mittlerweile mache ich auch etwas Projektleitung und bin für einige Bereiche bei uns, wie Materialflussrechner der Hauptansprechpartner, nachdem der Kollege der das vorher gemacht hat in Rente gegangen ist. Was ich auf dem Papier mitgebracht habe ist also so ziemlich überhaupt nicht das, was ich eigentlich mache, genauso wenig das worauf ich mich beworben habe. Das sind heute ggf. noch 15-20%.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Softwareentwickler/Projektleiter seit 2012

Niemand wird alle Anforderungen erfüllen. Viel wichtiger ist es authentisch zu sein. Eine Bewerbung wird im ersten Schritt 3 bis maximal 60 Sekunden gesichtet. Das ist dannschon die erste Auswahl. Wirst Du zum Gespräch geladen , dann hast Du schon mal was geschafft. Das Gehalt wird ja besprochen und eine Bewerbung ist ja kein Vertrag. Wenn Dir das Gehalt nicht taugt, dann nimmst den Job halt nicht. Aus welcher Ecke (Stadt) kommst Du denn und was willst Du in der IT machen ? Was hast Du für Vorstellungen, auch gehaltlich ?
Stell Deine Fähigleiten heraus, aber übertreib es nicht. Man begegnet nicht nur Personalen, sondern oft auch Fachleuten. Mir war mein Bauchgefühl immer wichtiger als irgendwleche Abschlüsse. Die sagen ja nur aus, daß Du gelerntes wiedergeben kannst. Eigentlich sind die bedingungen für IT'ler imemr noch halbwegs gut, trotz Corona.

DerBremerLebt26 
Fragesteller
 29.01.2021, 02:50

Hallo HarryXXX,

Was mir zusätzlich Kummer bereitet sind Interview Fragen zu einer Programmiersprache. Ich dachte mir einfach nur wie bringst du den Leuten bei das du gut Programmieren kannst und dann schaue ich mir die Fragen an und denke mir Jo... Anscheinend überschätze ich mich irgendwo bzw. im Umgang bin ich schon gut dabei aber mein Wissen ist ja echt minimal. Ich werd jetzt die nächste Woche diese Fragen alle schön durchkauen und hoffe nur das ich mich nicht übelst blamiere. Zur Stelle als Java Entwickler und Vorstellungen sind bei 38-40k. Stadt Leipzig.

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HarryXXX  29.01.2021, 02:58
@DerBremerLebt26

Das sind etwa 3000 / Monat und bei 13 Gehältern.. Da sollte allemal drin sein. Leipzig is an sich ne gute Stadt zum arbeiten. Java-Leute gibt’s halt wie Sand am Meer. Da wäre etwas Flexibilität von Vorteil. Wenn Du unbedingt programmieren willst , es ist sicher kein nachteil das Interesse daran zu betonen . Ideal wäre es , wenn Du ein paar selber programmierte Beispiel vorweisen könntest. Java selber is nicht grade mein Spezialgebiet, dazu kann ich Dir keine Tipps geben.

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DerBremerLebt26 
Fragesteller
 29.01.2021, 03:10
@HarryXXX

Ich habe auf GitHub ein kleines Beispiel Projekt hochgeladen und auch Dokumentiert. Das Gehalt darf man doch verlangen ja würde ich auch meinen. Wenn mir hinterher 30k Angeboten werden wäre ich echt enttäuscht.

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