Bewegende Gedichte?

20 Antworten

John Maynard.


John Maynard!

„Wer ist John Maynard?“

„John Maynard war unser Steuermann,

Aushielt er bis er das Ufer gewann,

Er hat uns gerettet, er trägt die Kron’,

Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.

John Maynard.“


Die „Schwalbe“ fliegt über den Erie-See,

Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee,

Von Detroit fliegt sie nach Buffalo –

Die Herzen aber sind frei und froh,

Und die Passagiere, mit Kindern und Frau’n

Im Dämmerlicht schon das Ufer schau’n

Und plaudernd an John Maynard heran

Tritt alles: „Wie weit noch, Steuermann?

Der schaut nach vorn und schaut in die Rund’:

„Noch dreißig Minuten … Halbe Stund’.“


Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei –

Da klingt’s aus dem Schiffsraum her wie Schrei,

„Feuer“ war es, was da klang,

Ein Qualm aus Kajütt’ und Luke drang,

Ein Qualm, dann Flammen lichterloh,

Und noch zwanzig Minuten bis Buffalo.

Und die Passagiere, buntgemengt,

Am Bugspriet stehn sie zusammengedrängt,

Am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht,

Am Steuer aber lagert sich’s dicht,

Und ein Jammern wird laut: „Wo sind wir? wo?“

Und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo,


Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht,

Der Kapitän nach dem Steuer späht,

Er sieht nicht mehr seinen Steuermann,

Aber durchs Sprachrohr fragt er an:

„Noch da, John Maynard?“

„Ja, Herr. Ich bin.“

„„Auf den Strand. In die Brandung.““

„Ich halte drauf hin.“

Und das Schiffsvolk jubelt: „Halt aus. Halloh.“

Und noch zehn Minuten bis Buffalo.


„„Noch da, John Maynard?““ Und Antwort schallt’s

Mit ersterbender Stimme: „Ja, Herr, ich halt’s

Und in die Brandung, was Klippe was Stein,

Jagt er die „Schwalbe“ mitten hinein,

Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so.

Rettung: der Strand von Buffalo.


Das Schiff geborsten. Das Feuer verschweelt.

Gerettet alle. Nur Einer fehlt!


Alle Glocken gehn; ihre Töne schwell’n

Himmelan aus Kirchen und Kapell’n,

Ein Klingen und Läuten, sonst schweigt die Stadt,

Ein Dienst nur, den sie heute hat:

Zehntausend folgen oder mehr

Und kein Aug’ im Zuge, das thränenleer.

Sie lassen den Sarg in Blumen hinab,

Mit Blumen schließen sie das Grab,

Und mit goldner Schrift in den Marmorstein

Schreibt die Stadt ihren Dankspruch ein:

„Hier ruht John Maynard. In Qualm und Brand,

Hielt er das Steuer fest in der Hand,

Er hat uns gerettet, er trägt die Kron’,

Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.

John Maynard.“


(Theodor Fontane)

heyy hier habe ich eine kleine sammlung der gedichte die ich eigentlich alle sehr schön finde..... Sprüche der Liebe - II.

Gedicht von Adolf Roehn

Ein Liebesbriefchen, das merke dir, Besteht aus Parfüm und rosa Papier, Aus etwas Lüge und etwas Treu', Und etwas Narrheit ist auch dabei.

Hörst du, daß vom Liebesfeuer Einer in Verzückung fiel: Denke gleich, das ist ein neuer, Später, später wird er kühl.

Die Weisheit der Liebe zu finden ist schwer, Weil selten die zwei sich vertragen; Die Dummheit der Liebe erkennt man viel mehr, Darüber ist vieles zu sagen.

In des Liebchens Äugelein Glüht ein himmlisch‘ Feuer, 's gleicht dem Diamantenstein Und ist auch so teuer.

Durchs Auge entzückt, Im Heizen erquickt, Im Magen gedrückt, Im Kopfe verrückt, Das heißt: liebbeglückt!

Die Liebe ist ein Herzensbrand, Die Liebe raubt uns den Verstand, Die Liebe macht die Wangen bleich, Die Liebe macht die Börse weich, Die Liebe schleicht sich ein geschwind, Die Liebe macht die Augen blind, Und das beweist doch schwerlich, Daß Liebe ungefährlich.

Wem Gott ein liebendes Herz beschert, Bei dem hat das schnöde Geld keinen Wert.

Die Liebe als ein Jugendrausch, Die will ich nicht verweisen; Doch ist's ein böser Satteltausch, Kommt sie zu halben Greisen.

Ein Herz ohne Liebe Kennt Schelte und Hiebe, Ein liebendes Herz Beglückt allerwärts.

Die Liebe macht glücklich, Die Liebe macht reich, Die Liebe verjüngt uns, Und doch macht sie bleich!

Adolf Roehn Aus der Sammlung Leben und Liebe

Unsichtbare Brücke

Es ist so schön, wenn in der Ferne es einen lieben Menschen gibt, von dem man weiss, er hat Dich gerne, und den man selbst so herzlich liebt.

Dann ist man niemals ganz alleine, - trifft einen auch des Schicksals Tücke, bau‘n die Gedanken eine feine, doch feste, unsichtbare Brücke.

Das macht so stark, und mutig schreitet man weiter auf dem stein‘gen Pfad, von Hoffnung, Zuversicht begleitet den Blick aufs Ziel gerichtet hat.

Die Todesfuge (von Paul Celan)

Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts wir trinken und trinken wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng.

Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete er schreibt es und tritt vor das Haus und es blitzen die Sterne er pfeift seine Rüden herbei er pfeift seine Juden hervor läßt schaufeln ein Grab in der Erde er befiehlt uns spielt auf nun zum Tanz

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts wir trinken dich morgens und mittags wir trinken dich abends wir trinken und trinken Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete Dein aschenes Haar Sulamith wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng

Er ruft stecht tiefer ins Erdreich ihr einen ihr andern singet und spielt er greift nach dem Eisen im Gurt er schwingts seine Augen sind blau stecht tiefer die Spaten ihr einen ihr andern spielt weiter zum Tanz auf.

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts wir trinken dich mittags und morgens wir trinken dich abends wir trinken und trinken ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete dein aschenes Haar Sulamith er spielt mit den Schlangen Er ruft spielt süßer den Tod der Tod ist ein Meister aus Deutschland er ruft streicht dunkler die Geigen dann steigt ihr als Rauch in die Luft dann habt ihr ein Grab in den Wolken da liegt man nicht eng

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts wir trinken dich mittags der Tod ist ein Meister aus Deutschland wir trinken dich abends und morgens wir trinken und trinken der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete er hetzt seine Rüden auf uns er schenkt uns ein Grab in der Luft er spielt mit den Schlangen und träumet der Tod ist ein Meister aus Deutschland

Dein goldenes Haar Margarete dein aschenes Haar Sulamith

Ein Denkmal schuf ich mir, das anders bleibt!

Dem Schandjahrhundert seinen Rücken zeigt's,

Der Liebe, die zuschanden ging, 's Gesicht.

Die Brust sich stolz wie's Rad des Fahrrads biegt.

Den Hintern zeigt's dem Halbwahrheitenmeer.

Und welche Landschaft daliegt ringsumher,

Und wie oft ich entschuldigen mich muss, –

Mein Aussehn bleibt wie's ist und damit Schluss.

Die Höhe und die Pose sind mir lieb.

Die Müdigkeit mich hier nach oben trieb.

Klag, Muse, bitte mich darum nicht an,

Denn wie ein Sieb ist lang schon mein Verstand

Und kein Gefäß gefüllt mit Göttertrank.

Mag man mich umhaun unter Streit und Zank,

Und mich beschuldgen, weil ich selbstgerecht,

Zerhacken mich, verstreuen links und rechts

Im weiten Land, den Kinderscharn zur Freude

Im Hof als losen Gipsabdruck verschleudern, –

Aus blinden weißen Augen Tränen gießend,

Werd ich als Wasserstrom zum Himmel schießen

von Iosif (Joseph) Brodskij

http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Brodsky