Bdeutet lautes Diskutieren, dass die Person falsch liegt?

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Die Person kann u. U. sogar recht haben, selbst wenn sie schreit.

Schreien ist häufig eher ein Ausdruck der Verzweiflung. Die Person weiß sich nicht anders zu helfen. Sie schafft es nicht anders, ihren Standpunkt zu vertreten.
Schreien ist objektiv gesehen meistens unnötig, es sei denn, man befindet sich in einer lauten Umgebung oder der Gesprächspartner kann schlecht hören.

Ein provokanter Diskussionspartner hat es leicht, solche Menschen auf die Palme zu bringen. Beide Parteien nehmen Einfluss auf den Verlauf des Gesprächs. Bei zwei "Hitzköpfen" schaukelt sich die Lautstärke schnell hoch.

Wer schreit, lenkt schnell die Aufmerksamkeit auf sich. Mit Schreien kann man viele Menschen leicht einschüchtern.
Es ist eine Form des Durchsetzens nach dem Prinzip der Gewalt, also total unargumentativ → "Ich zwinge euch dazu, mich anzuhören!" / "Ich bin der Lauteste. Ihr braucht euch nicht bemühen. Ihr werdet sowieso nicht gehört."

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Ganz anders einzuordnen ist der Fall, dass jemand schlecht hört. Solche Menschen sprechen immer lauter, egal ob sie verzweifelt sind oder nicht.

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Jetzt ist natürlich die Frage, wen es stört, wenn jemand schreit. Das sind dann meistens diejenigen, die es schon von Haus aus nicht gewöhnt sind. Im Grunde ist es ja nicht schlimm, wenn jemand schreit. Niemand wird dadurch verletzt.

Manche Menschen verhalten sich aber so, wenn sie angeschrien werden, als ob man sie richtig verletzt hätte. Manche trifft das sogar so hart, dass sie in Tränen ausbrechen (obwohl objektiv kein physischer Schaden entstanden ist).

Ich versuche mal, auf Deine Frage wortgetreu einzugehen, d.h. wirklich nur das mit lauter Stimme durchgeführte Diskutieren zu thematisieren - nicht also die Situation, indem der einer anfängt zu schreien. Wichtig ist dabei natürlich, dass der betreffende Mensch in der Regel in einer normalen Stimmlage diskutiert und nun in der besonderen Situation deutlich "stimmgewaltiger" auftritt. 

In der Regel zeigt sich so ein Verhalten, wenn der betreffende von der Thematik emotional stark berührt ist, d.h. wenn das in Rede stehende Problem auch das seine ist. Das tritt ganz besonders in politischen Positionierungen oder bei Fragen zu religiösen Einstellungen und Haltungen auf. Bei Ehepaaren speziell auch bei Fragen zur "Kindererziehung" oder bei Geldproblemen. Die persönliche Betroffenheit kann der Sprecher dann nicht verbergen und wird dabei naturgemäß lauter, weil er so (unbewusst) seinen Argumenten mehr Nachdruck und "Durchschlagskraft" zu geben gedenkt. Damit ist natürlich noch nichts über die Güte der Argumente gesagt, die sicher primär von der rhetorischen Technik, dem Maß der Orientiertheit und der Fähigkeit, die Dialogsituation korrekt einschätzen zu können abhängig ist. Man sollte sich somit hüten vorschnell aus der Lautstärke des Vortrags auf die fehlende  Qualifikation der Argumente zu schließen. 

Allerdings gilt fast immer auch die Regel, dass ein hohes Maß an persönlicher Betroffenheit, d.h. emotionaler Erregung, die sog. "höheren Denkfunktionen" beeinträchtigen kann. Hierbei werden mitunter wichtige Taubzonen des Taktgefühls überschritten und Kränkungen artikuliert. Lange aufgestaute Anklagen brechen sich jetzt den Weg ins Freie. Man neigt zu den sog. "Rundumschlägen", bei denen dem Anderen grundlegende Fähigkeiten abgesprochen werden (z.B."Dein grandioser Egoismus ist einfach unerträglich!!"). Die reine Sachargumentation wird damit mehr oder weniger stark behindert, und das führt dann dazu, dass der Andere sich  erneut darin bestätigt sieht, dass jemand, der mit lauter Stimme argumentiert, vermehrt Unrecht hat. Die Frage nach Recht oder Unrecht haben ist also zunächst nicht so leicht zu klären - allerdings wird die Qualität der Argumentation sicher dabei leiden. 

Erfahrene Leute erbitten vom Anderen in solchen Situationen in der Regel auch um Aufschub, bis sie das delikate Thema in einer emotional nicht mehr so aufgeladenen Situation besprechen können, z.B. am folgenden Tag. 

Deeskalation der Stimmungslage ist also das Gebot der Stunde, wenn man sich in einer sachlichen Argumentation einigen möchte.

Rolf Mengert

Nein, das bedeutet nur, das die Person wütend ist. Sie kann im Recht oder im Unrecht sein. Meist weil Argumente nicht ausreichen. Das muss aber nicht immer heissen, das ihre Argumente falsch sind, sondern kann z.B. auch daran liegen, das der andere nicht hören will.

Grüß Dich Sinclaireven!

Das ist oft der Fall, aber es gibt auch eine andere Sichtweise, die das relativiert. Entscheidend sind die Argumente, die einleuchten und es auch neutrale und unabhängige Nachweise gibt, die das eigene Argument bestätigen. Meist ist das aber nicht möglich in einer Debatte. In ihr gelassen zu bleiben ist sehr schwer und die meisten können das nicht. Es ist nämlich oft so, dass wer Recht hat, nicht immer mit seiner Meinung zum Zuge kommt, weil er, aus welchen Gründen auch immer,  nicht ausreden darf oder einfach unhöflich und peinlich zugequatscht wird. Und wem dessen Meinung nicht passt, kann dann mit der Lautstärke mehr werden, was wiederum Widerspruch im Anderen hervorruft und ebenfalls die Lautstärke steigert. Hinterher weiß man oft nicht mehr, wer zuerst laut wurde. Nicht selten ufert das in gegenseitiger Schuldzuweisung aus. Diese Mechanismen kannst Du zu 99,9% in Talkshows oder in anderen Diskussionsrunden beobachten, die politische oder religiöse Inhalte zum Thema haben. Da haben es selbst hartgesottene Moderatoren sehr schwer, hier Beruhigung hinein zu bringen. Dafür müssen sie besonders geschult sein und ganz bestimmte Methoden anwenden, um das zu erreichen. Maybritt Illner im ZDF kann das hervorragend. Und in der Sendung hart aber fair in der ARD.

Herzlichen Gruß

Rüdiger

Nicht immer...kommt auch wirklich auf den Typ drauf an, außerdem ist es auch situationsbedingt. Wenn dir nämlich keiner mehr zuhört, dann wirst du auch automatisch laut und das heißt nicht, dass du auch mit deiner Meinung falsch liegst. Also...je nachdem würde ich sagen :)