Baumpilz eigentlich nicht schlimm?

4 Antworten

Hallo,

So wie du schreibst, dass Insekten die Verbreitung von Pilzen fördern, die Bäume umbringen, das gibt es tatsächlich, es ist aber eher ein seltener Fall. Mir fällt da nur ein Beispiel ein:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Ulmensterben

In diesem Fall bringt es tatsächlich nichts, befallene Bäume zu fällen, um die Verbreitung der Krankheit einzudämmen, es wird auch nicht gemacht - jedenfalls nicht aus diesem Grund. Eventuell fällt man wertvolle Bäume solange man sie noch nutzen kann, oder einzelne müssen entfernt werden, weil sie eine Gefahr für angrenzende Wege/Parkplätze/ Wohngebäude... darstellen. Wenn sie abgestorben sind, fallen immer wieder Äste herunter, und irgendwann fällt der ganze Baum um.

Bei anderen Erkrankungen allerdings, insbesonders bei Befall mit Borkenkäfern, da ist es wirklich notwendig, die befallenen Bäume möglichst schnell zu fällen und aus dem Wald zu entfernen. Wenn die Käferbruten ausfliegen, dann befallen sie immer mehr, auch bisher völlig gesunde Bäume. Ja, dies ist besonders ein Problem der Fichte, und auch ja, sie leidet vor allem dort darunter, wo sie in großen Reinbeständen dort künstlich ausgebracht wurde, wo sie eigentlich nicht hingehört. Wir sind schon seit einiger Zeit dabei, diese Fichtenbestände umzubauen hin zu standortangepassten, möglichst gemischten Wäldern. Das dauert allerdings im Wald alles ziemlich lange, und es würde sehr helfen, wenn die Fichtenbestände noch ein paar Jahrzehnte erhalten blieben, um in ihrem Schutz Schattbaumarten wie Buche und Tanne großziehen zu können. In abgestorbenen Wäldern und auf Kahlflächen ist es deutlich schwieriger und die Baumartenwahl eingeschränkt.

Es gibt noch ein paar Pilzkrankheiten, die die Vitalität von Bäumen angreifen, Nadelschütten zB., aber auch ziemlich tödliche Krankheiten wie Eschentriebsterben oder Ahorn- Rußrindenkrankheit. Es gibt holzzersetzende Pilze, die Stämme faulen lassen, zT auch bereits während der Baum noch ziemlich lebendig ist. Dieses faulende Holz bietet viele wertvolle Lebensräume für Tiere wie Vöglel, Fledermäuse, Insekten,... und natürlich sind auch die Pilze selbstTeil der Biodiversität. Deshalb werden heute auch in bewirtschafteten Wäldern solche Biotopbäume und Totholz erhalten.

Und dann gibt es auch noch eine Beziehung zwischen Pilzen und Bäumen, die tatsächlich eine Symbiose und überlebenswichtig für unsere Waldbäume ist. Sie könnten ohne Mykorrhiza nicht überleben.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Mykorrhiza

Von Experte Silo123 bestätigt

Hallo, es gibt mehrere Ernährungsweisen von Pilzen. Die Mykorrhiza, also die Symbiose von Pilz und Pflanze, ist relativ jung in der Evolution. Die meisten Pilze sind Saprophyten, die sich von toter Biomasse ernähren. Es gibt aber auch Schwächeparasiten, die jede Gelegenheit ausnutzen, einen geeigneten Baum heimzusuchen. Diese Pilze beschleunigen nur das Vergehen, verursachen es aber nicht. Aggressive Parasiten gibt es seltener. Für sie ist es meist schwierig, einen gesunden Baum zu infizieren, weshalb die meisten davon auch rein saprophytisch leben können.

In der Tierwelt ist es nicht anders. Das schwächste und langsamste Gnu muss als erstes dran glauben und am Ende freuen sich Geier und Hyänen.

Silo123 hat das Falsche Eschen-Stängelbecherchen erwähnt. Es gibt da bei uns einen Wald, da steht keine Esche mehr mit Stammdurchmesser >30cm. Die hat man allerdings nicht gefällt, weil die krank waren, sondern weil man sie zu Geld machen will, bevor der Pilz drin sitzt. Ist das nämlich erst der Fall, verliert das Holz immens an Wert. Da stapelten sich die Stämme am Wegrand und die meisten waren kerngesund. Wirklich gefährlich für den Baum ist die sog. Nebenfruchtform des gerade mal 3mm kleinen Becherchens, die allerdings nicht bei allen befallenen Bäumen auch ausgebildet wird.

Bild zum Beitrag

Klein, aber böse - Falsches Eschen-Stängelbecherchen.

Woher ich das weiß:Hobby – Pilzsachverständiger der Deutschen Gesellschaft f. Mykologie
 - (Natur, Umwelt, Baum)
Silo123  24.05.2023, 07:22

Ja, an meinem letzten Wohnort hat man auch den Eschenbestand schon mal "prophylaktisch" sehr ausgedünnt.

Und wenn das falsche Stengelbecherchen mal meinen eigenen kleinen Auewald erreichen sollte, dann wird leider ein Massensterben einsetzen und es ist die Frage, ob überhaupt eine einzige Esche überleben wird. Dieser Auewald ist sehr eschenbetont. Als ich mich vor nicht langer Zeit mal mit einer Nachbarin über die Bäume unterhielt- sie hat auch ein paar Eschen an dem Bachrand der sich am Rande ihres Grundstückes fortsetzt (die andere Bachseite gehört mir) und sie meine, daß die Esche ein unverwüstlicher Baum sei, mußte ich sie leider eines anderen belehren (wegen falschem Stengelbecherchen)

Bei einer Aufforstung auf einer weiteren Kleinfäche entlang des Baches habe ich aber tatsächlich auch keine Eschen mehr genommen, weil es eigentlich nur eine Frage der Zeit ist, wann das falsche Stengelbecherchen auch unsere Eschen erreicht. Ich hatte vorher noch geschaut, ob schon gegen das falsche Stengelbecherchen resistente Eschen als Forstpflanze angeboten werden (man versucht mittlerweile die resistenten Eschen gezielt nachzuvermehren)- ich fand keine- also andere Bäume gewählt.

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Von Experte Morchelmeister bestätigt

Bäume müssen tatsächlich, um befallen zu werden, schon irgendwie geschädigt sein- da hast Du Recht.

Wobei es in einem ursprünglichen Wald auch normal ist, daß da ein paar Bäume geschädigt sind. Z.B. die ganzen Höhlenbrüter an Vögeln suchen nach Baumhöhlen und damit so eine entstehen kann, ist der Baum schon geschädigt.

Nehmen wir mal meinen einen Kirschbaum im Garten. Als erstes fiel mir auf, daß in den Baum ein Kleiberpärchen gezogen ist, also muß im Baum ein Hohlraum sein. Und ja jetzt geht es auch schon mit Pilzen los Der Schwefelporling ist da. Ich komme kaum hinterhergemampft und eingefroren- mag dem am liebsten paniert- aber dadurch weiß ich jetzt, daß die Tage der Kirsche gezählt sind- die wird nicht mehr lange leben- aber auch Bäume sterben halt irgendwann und diese Kirsche ist nicht die einzige uralte, die schon Schäden hat- , gibt vermutlich auch andere Baumarten mit Schäden- wo der Grünspecht seine Höhle hat, wo die Kohlmeise, das weiß ich noch gar nicht, aber ist halt ein Kreislauf.

U.U. werde ich den Schwefelporling im nächsten Jahr an einem anderen Baum finden, aber sicher an keinem jüngeren, ist halt der Lauf der Welt.

Wodurch es halt zu den massiven Schäden in modernen Wäldern kommt, sind die Monokulturen und der Trockenstreß der letzten Jahre und dann vermehren sich z.B. Borkenkäfer so extrem, daß ganze Wälder absterben. Und da halt die Wälder meist nicht mehr natürlich gemischt sind, gibt es EXTREMausbreitungen und da kann ein Fällen befallener Bäume die Ausbreitung verlangsamen.

Und dan kommt natürlich noch das Problem von Neozoen dazu (Verschleppung, klimawandel) und die versucht man echt zurückzudrängen, versucht teils sogar Ausrottung (was aber dauerhaft leider nicht funktionieren wird) Die Neozoen stellen echt ein Problem da, da auch gesunde Bäume gegen die kaum Abwehrmechanismen haben und ja auch ein neuer Pilz mach Probleme: das falsche Stengelbecherchen. Nur ca 1% der Eschen wird nicht befallen und dadurch werden Eschen fast ausgerottet. Es gibt da noch ein paar andere eingeschleppte Schädlinge. Und auch da ist ein Zurückdrängen erstmal sinnvoll. Aber auf DAUER müssen sich da wohl leider die Bäume anpassen.

Es ist eher so rum, das bereits kranke oder geschwächte Bäume leichter von Pilzen befallen werden (können).

Deshalb ist der Teil mit der Ansteckungsgefahr auch eher unrichtig. Das sieht man auch, wenn man durch einen Wald geht, der nicht so intensiv forstwirtschaftlich betreut wird, und wo tote oder kranke Bäume, stehen bleiben. Den gesunden Bäumen nebenan ist das herzlich egal.

treppensteiger  23.05.2023, 19:56

Borkenkäfer in einer Fichtenmonokultur wirken völlig anders. Die fressen sich halt durch, so lange es was zu fressen gibt. Aber auch die haben bessere Chancen bei vorgeschädigten Bäumen.

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