Ballhausschwur/Auszug der Abgeordneten

2 Antworten

Die Abgeordneten, die sich versammeln wollten, hatten am 20. Juni 1789 ihren bisherigen Sitzungssaal abgeschlossen vorgefunden und daraufhin beschlossen, sich anderswo versammeln. Unter Führung von Mirabeau und des Präsidenten der Nationalversammlung Jean Silvain Bailly traten sie im Ballhaus des Versailler Schlosses erneut zusammen und leisteten dort den berühmten Schwur, nicht eher auseinanderzugehen, bis eine neue Verfassung ausgearbeitet und auf eine sichere Basis gestellt worden ist.

König Ludwig (Louis) XIV. hatte die Generalstände (États généraux) zum 5.Mai 1789 in Versailles einberufen. Die Generalstände waren die Gesamtheit der Vertreter der drei Stände Klerus (clergé), Adel (noblesse) und Dritter Stand (tiers état). Sie konnten beraten und Beschlüssen zustimmen.

Am 17. Juni 1789 erklärten sich die Abgeordneten des Dritten Standes (nach einer Abstimmung mit großer Mehrheit) zur Nationalversammlung (Assemblée nationale). Die Benennung hatte Emmanuel-Joseph Sieyès vorgeschlagen. Dieser hat den Schritt damit begründet, nach dem Ergebnis der Wahlprüfung sei die Versammlung des Dritten Standes bereits aus Vertretern zusammengesetzt, die von wenigstens 96/100 der Nation entsandt worden seien. Der Gedanken der Volksouveränität wurde so verwendet, um den Willen der Vertretung einer Mehrheit der Nation als den Willen der Nation selbst zu legitimieren (rechtfertigen).

Die anderen zwei Stände, Klerus (Geistliche) und Adel, sollten nicht einfach völlig von der politischen Willensbildung ausgeschlossen werden, sondern eine Vertretung der Nation statt von einzelnen Ständen stattfinden. Die Vertreter der anderen Stände wurden aufgerufen, sich der Nationalversammlung anzuschließen. Am 19. Juni stimmte eine knappe Mehrheit beim Klerus (149 gegen 137) dafür, sich der Nationalversammlung anzuschließen. Beim Adel war es zunächst nur eine Minderheit (80).

Ludwig XIV. setzte erst einmal eine königliche Sitzung (séance royale) für den 23. Juni an, gleichsam als sei inzwischen nichts geschehen. Die Einflüsse auf den König zum Entgegenkommen waren in dieser Lage schwächer als die reaktionären Einflüsse im Hof und der Familie. Angesichts von beträchtlichen Eigenmächtigkeiten des Dritten Standes glaubte Ludwig XI. nun stark auftreten zu müssen und versuchte, alles am 23. Juli durch die große Gesamtsitzung der Stände rückgängig zu machen.

Die Abgeordneten des Dritten Standes der Generalstände, fanden am 20. Juni 1789 im strömenden Regen ihren bisherigen Sitzungssaal abgesperrt und somit den Zugang verschlossen vor (angeblich für Vorbereitungsarbeiten, wie ihnen dann auf Anfrage mitgeteilt wurde) ohne dazu eine Information erhalten zu haben. Sie (sowie eine wenige Abgeordnete des Klerus, des 1. Standes; am bekanntesten ist von ihnen Henri Grégoire, ein Abbé [katholischer Weltgeistlicher]; in seinen Memoiren nennt er 4 Pfarrer, die außerdem teilgenommen hatten) beschlossen daraufhin, sich in einem anderen Raum (Salle du Jeu de paume) zu versammeln. In einer Ballsport-Halle (die ihnen dann als Sitzungsraum diente) erörterten sie unter Leitung des Präsidenten der Nationalversammlung, Jean-Sylvain Bailly, die Lage, berieten über zu unternehmende Schritte, entwarfen eine Eidesformel und leisteten (mit Ausnahme eines einzigen Abgeordneten) einen feierlichen Eid (Ballhausschwur). Eine Kernaussage war, sich nicht zu trennen und nicht auseinanderzugehen, bevor eine Verfassung geschaffen worden sei. Der Schwur war eine symbolische Bekräftigung eines revolutionären Schrittes. Begeisterte Zustimmung seitens des Volkes ermutigte die Angeordneten.

Am 22. Juni kam es in der Kirche St. Louis zu einer eine Vereinigung mit der Mehrheit der Geistlichen und mit einer kleinen Anzahl Adliger. Am 23. Juni blieben die Abgeordneten des Dritten Standes trotz Aufforderung zum Auseinandergehen und impliziten Drohungen des Königs sitzen.

Albrecht  24.02.2014, 05:51

In der königlichen Sitzung am 23. Juni 1789 ließ Ludwig XVI. von ihm jeweils mit einer kurzen Rede eingeleitete Erklärungen verlesen. Die Beschlüsse der Abgeordneten des dritten Standes seit dem 17. Juni 1789 erklärte er für ungültig, da sie ungesetzlich seien. In der Frage der Abstimmung nach Köpfen kam er etwas entgegen (Mehrheitsbeschlüsse, außer wenn in einem Stand Zweidrittel dagegen sind, wonach der König die Entscheidung treffen soll), zeigte auch Sympathie für eine Beseitigung von Steuerfreiheit der privilegierten Stände und verkündete Bereitschaft zu einigen Reformen. Doch befahl er ausdrücklich, auseinanderzugehen und sich am nächsten Tag nach Ständen getrennt in den zugewiesenen Sitzungssälen zu versammeln. Nachdem der König fortgegangen war, wies der Ober-Zeremonienmeister des Königs, der Marquis de Dreux-Brézé, nach einiger Zeit auf dessen Befehl hin. Die Abgeordneten es Dritten Standes folgte ihm aber nicht, sondern wiesen seine Aufforderung zurück. Einem Versuch, durch einige Soldaten mit Waffengewalt eine Auflösung zu erreichen, stellten sich liberale Adlige mit gezogenem Schwert entgegen.

Der König forderte dann nach dem Scheitern der Verhinderungsversuche unter dem Druck der Ereignisse den Rest des Klerus und des Adels auf, sich der Nationalversammlung anzuschließen (27. Juni 1789).

Bücher über die Französische Revolution enthalten Informationen z. B.:

Wolfgang Kruse, Die Französische Revolution. Paderborn , München : Wien ; Zürich : Schöningh, 2005 (UTB : Uni-Taschenbücher : Geschichte ; 2639), S. 16 – 18 und S. 224 – 225 (Glossar: Generalstände)

Ernst Schulin, Die Französische Revolution. 4., überarbeitete Auflage. München : Beck, 2004 (Beck's historische Bibliothek), S. 60 – 70

Hans-Ulrich Thamer, Die Französische Revolution. Originalausgabe. 4., durchgesehene Auflage. München : Beck, 2013 (Beck'sche Reihe : C.-H.-Beck-Wissen ; 2347), S. 20 – 32

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Das Ballhaus sollte geschlossen werden, daher beschloss der 3. Stand so lange dort zu verbleiben, bis dass eine Verfassung ausgearbeitet ist.