Als Gasteltern seht ihr euren Austauschschüler eher als Gast oder als Tochter/ Sohn?

3 Antworten

Er/Sie ist nicht eure Tochter/Sohn und ich würde sie/ihn nicht so behandeln, sondern wie ein jugendlicher Schüler eben, der evtl. Heimweh bekommt, unsicher und fremd ist.

Als erstes gilt es, den Schüler freundlich willkommen zu heißen und ihn in der Familie aufzunehmen, so dass er sich auch wohl fühlt.

Er sollte sich stets wohl und aufgenommen fühlen. Dann sollte man auf seine speziellen Wünsche eingehen, soweit man kann. Die eigenen Kinder nimmt man ja auch mit ihren Stärken und Schwächen an, so soll es auch bei dem Austauschschüler sein.

Er soll auf jeden Fall hinterher sagen können, dass es eine schöne Zeit war und evtl. wieder auf einen Besuch vorbei schaut.

Bei uns war eine Französin. Von Tochter kann da keine Rede sein. Mit unserer eigenen Tochter hat da von Anfang an die Chemie nicht gestimmt. Was die gemeinsamen Mahlzeiten betrifft, so sagte ihr Vater, der sie in einem Mercedes C-Klasse hergebracht hatte (ein Männlein, das 2 Kopf kleiner war als die große und schlanke Marie-Claude), dass sie zu Hause nie gemeinsam äßen, weshalb er, wie schon vorher per Mail kommuniziert, nochmals anfragen würde, ob es in Ordnung sei, wenn die Gastschülerin in ihrem Zimmer (sie schlief bei uns in einem eigenen Gästezimmer) die Mahlzeiten einnähme, und meine Frau und ich sagten, wie wir das schon per E-Mail getan hatten, nochmal: Ja, wir haben kein Problem damit.

Das Mädchen verhielt sich sehr höflich. Manchmal hatte sie "Herrenbesuch", und da fragte sie z. B. einmal, ob sie die angefangene Flasche Rotwein, die bei uns in der Küche stand (meine Frau hatte den für Bratensoße aufgemacht) haben könnte zur Bewirtung ihres Gastes, und unsere Tochter wurde von ihr gefragt, ob wir, die Gasteltern, was dagegen hätten, wenn sie nachts wegbliebe oder umgekehrt ein Junge mit ihr in ihrem Gästezimmer übernachte. Warum sollten wir was dagegen haben? Das Letztere kam aber nicht vor, über Nacht weg war sie aber oft.

Unsere Tochter (18 J. alt, Typ Lena Meyer-Landrut) fällte über die Austauschschülerin allerdings ein vernichtendes Urteil:

Unser Tochter sollte, wie alle, in der letzten Schulwoche, in der die Schüler aus Frankreich an dem hiesigen Gymnasium waren, ein Porträt über die Gastschülerin machen, die Deutschen auf Französisch und die Franzosen über den Sohn oder die Tochter der Gasteltern auf Deutsch.

Unsere Tochter nahm dazu ein Video auf, indem sie es auf Französisch übte und es uns Eltern zeigte. Auf Deutsch war das vernichtende Urteil das Folgende:

"Die Marie-Claude ist aus Frankreich hierhergekommen mit der Attitüde 'Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land" und hat wohl über mich gedacht, so wie diese Boche auf Facebook aussieht, wird die in der deutschen Wirklichkeit schon nicht aussehen, wahrscheinlich mit Fotoshop aufgehübscht. Und dann sieht die mich in echt und muss feststellen, dass ich im Gegensatz zu ihr keine solariumgegerbte Haut habe und auch vom Rauchen nicht großporig geworden bin. Sexy allein ist nicht alles, man muss heutzutage auch gesund aussehen - und nicht so auf schwül und verrucht geschminkt wie die. Ich bin nicht eingebildet, obwohl ich es mit Recht sein könnte, aber sie ist es. Und darum hat sie mich gehasst. - Das hatte zur Folge, dass sie die ganze Zeit nur mit Jungs aus unserer Klasse und anderen Jungs rumgehangen ist. Ich kann also über ihre Zeit hier nichts sagen. Viel Deutsch gelernt hat sie nach meiner Einschätzung nicht."

Meine Frau und ich haben zu unserer Tochter gesagt, dass wir nicht wissen, was wir machen sollen, wenn sie diese Exekution in der Schulklasse tatsächlich vorträgt, bis ich schließlich im bitteren Scherz sagte: "Wenn du das machst, enterben wir dich."

Sie brachte dann eine Kurzform, wo sie sagte, dass schon früher Gastschüler da waren, dass Marie-Claude aber im Gegensatz zu der Chinesin sehr selbständig sei und daher Bekanntschaften und Konversationsangebote außerhalb der Gastfamilie vorgezogen habe.

Marie-Claude selbst, die wirklich ihr Deutsch kaum verbessert hatte, den Vortrag aber auf Deutsch halten musste, hatte sich den vermutlich von einem ihrer hier gewonnen Freunde als Ghostwriter schreiben lassen, denn unsere Tochter sagte, er sei grammatisch korrekt gewesen, nur sehr kurz und in der Aussprache grauslig.

Inhaltlich sagte sie: Sie (also unsere Tochter) und ihre Eltern sind sportlich und nett. Die Eltern haben mir Wein gegeben. So habe ich deutschen Wein kennengelernt. Er schmeckte sehr gut.

In erster Linie als Gast .

Aber unser amerikanischer " Sohn " war dreimal da und hat mich immer " Mama " genannt , da kommen schon mütterliche Gefühle auf mit der Zeit.....