Zeitaufwand beim Informatikstudium?

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Das variiert sehr sehr stark von Hochschule zu Hochschule.

Die FU Berlin beispielsweise rechnet damit, dass Du 60 Stunden pro Woche für das Studium aufwendest, wenn Du in Regelstudienzeit absolvieren möchtest.

Üblich ist es, bei einem Vollzeitstudium einen Gesamtaufwand von 40 Stunden pro Woche anzusetzen, was auch einer Vollzeitbeschäftigung eines Arbeitnehmers entspricht.

Diese Schätzungen sind aber allgemein sehr sehr grob. Meistens wird zu niedrig geschätzt, d. h. Du musst tatsächlich mehr Zeit aufwenden, als in den Modulplänen angegeben wird. Eine tatsächliche Mehrbelastung von bis zu 50 % ist noch nicht wirklich ungewöhnlich. Andernfalls, wenn Du einiges an Vorkenntnissen hast und nicht das Ziel hast, die allerbesten Noten zu erzielen, sondern nur "irgendwie durchzurutschen" (auch wenn ich das natürlich nicht empfehlen würde), kommst Du bei einigen Modulen vllt. auch mit der Hälfte der geschätzten Zeit durch. Das lässt sich wirklich kaum sagen.

Bei den meisten "normalen" Modulen wird davon ausgegangen, dass Du mindestens das, was Du an Präsenzzeit hast, noch einmal zu Hause eigenständig investierst. Bei Seminaren oder der Abschlussarbeit kann der Anteil, den Du eigenständig erbringst, auch mal 90 % und mehr betragen.

grtgrt  30.04.2017, 17:45

So ist es. Zudem gilt:

Der Zeitaufwand, der absolut notwendig ist, das Studium erfolgreich abzuschließen, hängt natürlich ganz wesentlich auch ab von deinen Fähigkeiten (aber kaum von deinen einschlägigen Vorkenntnissen).

Auf jeden Fall gilt: Ein Informatikstudium ist ganz sicher nicht schwieriger als jedes andere Ingenieurstudium; Für durchschnittlich begabte Abiturenten ist es deutlich einfacher als ein Studium der Mathematik oder gar der Physik.

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NoHumanBeing  30.04.2017, 22:11
@grtgrt

Ein Informatikstudium ist ganz sicher nicht schwieriger als jedes andere Ingenieurstudium; Für durchschnittlich begabte Abiturenten ist es deutlich einfacher als ein Studium der Mathematik oder gar der Physik.

Das würde ich nun nicht behaupten.

Ich habe in meinem Bachelor nur Informatik studiert, in meinem Master hingegen Informatik und Physik.

Ja, manche Physik-Module sind in der Tat extrem schwierig. (Was oftmals weniger am Inhalt, als einfach an der Stofffülle oder an den Klausuren liegt. Als Dozent kann ich so ziemlich jedes Fach so mit Inhalt "zubomben" oder so prüfen, dass es niemand besteht, wenn ich es darauf anlege.) Andere hingegen waren "normal" und einige waren selbst für mich, der keinen entsprechenden Bachelor in Physik hat, zu bestehen. (Es waren immerhin alles Mastermodule.) Hingegen gab es durchaus Informatikmodule, bei denen ich "Ehrenrunden" gedreht habe und sogar welche, die für mich schlicht unerreichbar waren (ohne vorher ein Dutzend anderer Module zu hören), sodass ich letztlich auf andere Modulkombinationen umsatteln musste.

Dass einer der Studiengänge inhärent "schwieriger", als der andere ist, kann ich daher nicht bestätigen. Die Überschneidungen sind sogar erstaunlich groß, vor allem was die Mathematik betrifft. Was ich merke ist, dass das Physikstudium viel beliebter ist, als das Informatikstudium und deshalb stärker nachgefragt wird. Nachdem beide Studiengänge an unserer Uni NC-frei sind, ist klar, dass im Physikstudium in den Einführungsveranstaltungen aufgrund der höheren Bewerberzahl viel stärker "gesiebt" wird, als im Informatikstudium, wo man eher froh ist, wenn man die Studienplätze überhaupt voll bekommt. Wenn man diese Phase aber erst einmal "überlebt" hat, sehe ich keinen großen Unterschied mehr zwischen den Studiengängen, was die Anforderungen betrifft. Beide sind wirklich sehr sehr anspruchsvoll.

... und ich würde durchaus behaupten, dass sie mit zu den anspruchsvollsten Studiengängen gehören. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass ein Mathematikstudium noch schwieriger ist. Mir zumindest würde das extrem penible formale Beweisen wohl nicht wirklich liegen. Ich bin auch gerne formal, aber ... irgendwo hört's auf. ;-)

Bei der Informatik kommt es aber auch sehr stark darauf an, was konkret Du machst. Gerade die Richtung Sicherheit (Kryptographie, etc.) ist extrem schwierig und theorielastig, aber eben auch durchaus interessant. Und vermutlich ist es einfacher, eine Hochschule zu finden, bei der der Informatikstudiengang "leichter" ist, weil Informatik so ziemlich überall angeboten wird, Physik hingegen nicht. Aber wenn Du an einer Universität, die ein Physikstudium anbietet, ein Informatikstudium aufnimmst, wirst Du wahrscheinlich ganz genau so "geknüppelt" werden, wie Du es im Physikstudium würdest, gerade weil an vielen Universitäten entweder die Informatikfakultät aus der Mathematikfakultät hervorging oder es überhaupt keine separate Fakultät für Informatik gibt, sondern der Informatikstudiengang schlicht der Mathematikfakultät zugeordnet ist.

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bruhvergessen  21.09.2019, 18:12

8Stunden und 30 Minuten pro Tag also "Lernen" in Berlin??

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Danke Leute für die Antworten. 

Mein Gedanke ist, dass ich gerne Richtung It Forensik gehen würde und bei der Polizei arbeiten würde. Kryptographie finde ich unglaublich spannend. Ich war in der Schule immer gut in Physik und ich habe einen Bruder der das studiert. Danke für eure Detailreichen Eindrücke! 

NoHumanBeing  01.05.2017, 12:40

Na, da hast Du Dir was vorgenommen.

Informatik in Richtung Sicherheit/Forensik ist tatsächlich eines der anspruchsvollsten Fachgebiete, die es gibt, gerade wenn man es studiert. (Gibt es überhaupt eine andere Möglichkeit? Ich glaube nicht.)

In diesem Fachgebiet verbringen die Leute mehr Zeit mit ihrer Ausbildung (Studium), als in der Medizin, die ja allgemein für ihre lange Studiendauer bekannt ist.

Ich wünsche Dir daher viel Ausdauer ... und die nötige finanzielle Sicherheit, denn wenn Du diesen Weg einschlägst, dann kommt so bald nichts rein.

Ich gehe selbst diesen Weg (wenn auch nicht unbedingt mit dem Ziel, später für die Polizei zu arbeiten) und befinde mich bald seit zehn Jahren in Ausbildung, davon allein sechzehn Semester Studium - und bin noch nicht fertig. Und nein, das liegt nicht daran, dass ich trödeln würde, eher im Gegenteil. Wenn man es zusammennimmt, dürfte ich insgesamt schon drei Semester "eingespart" haben.

Es gibt schon einen Grund, weshalb Experten auf diesem Gebiet absolute Mangelware sind. Also mach Dich auf was gefasst. ;-)

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Reydetective 
Fragesteller
 01.05.2017, 12:42
@NoHumanBeing

Das hört sich sehr krass an und ich hoffe du schaffst das. Danke für die Antwort. Wo studierst du eigentlich?

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NoHumanBeing  01.05.2017, 12:45
@Reydetective

In Berlin - deswegen weiß ich das mit den 60 Stunden auch aus erster Hand. ;-)

Und ja, ich bin inzwischen recht zuversichtlich (was nicht immer so war), weil ich ja inzwischen nicht mehr sooo viel vor mir habe. ;-)

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Ich habe zwar nicht Informatik sondern Mathe mit hohem Informatikanteil studiert aber vielleicht hilft dir meine Erfahrung trotzdem:

60-70h Wochen sind normal