Wo liegen die sittlich-moralischen Grenzen und Chancen der Epikur?

2 Antworten

Epikur geht es wie allen Philosophen der Antike um eine umfassende Lebensphilosophie. Ebenso wie alle anderen geht er davon aus, dass Menschen gesellschaftliche Wesen sind. Das umfasst den immerwährenden Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft und dazu gibt es von ihm grundsätzlich den Spruch, dass "der Mensch nicht in Freude leben kann, ohne gleichzeitig vernünftig, anständig und gerecht zu sein, wie er auch nicht vernünftig, anständig und gerecht sein kann, ohne in Freude zu leben." (zitiert nach Carl-Friedrich Geyer:Epikur zur Einführung) Interessant ist die umgekehrte Wiederholung, die zum Ausdruck bringt, dass das eine das andere bedingt und umgekehrt. Auffallend ist auch, dass Epikur nicht von DER VERNUNFT, DEM ANSTAND und DER GERECHTIGKEIT spricht sondern von einem moralischen Handeln eines jeden einzelnen.

Im Gegensatz zu seinen Mitphilosophen steht Epikur Abstrakta wie GERECHTIGKEIT eher kritisch gegenüber und darin unterscheidet er sich von den anderen antiken Autoren mit idealistischer Grundeinstellung. Epikur hat nichts gegen Götter oder höhere Geistigkeit, aber im Leben der Menschen haben sie nichts zu suchen. Ob Tugenden oder moralische Einstellungen, nach Epikur ergeben sie sich aus dem Miteinander der Menschen und variieren auch entsprechend und sind keine höheren Anweisungen von Göttern oder einer höheren Vernunft. Vernünftig sein, anständig sein und gerecht, alles das ist Menschensache und da müssen wir uns schon herumschlagen, das richtige Maß zu finden, das dem Individuum und der jeweiligen Gesellschaft grecht wird.

Diese Einstellung Epikurs hat später großen Einfluss auf die Aufklärung, die von ihm z.B. den Gesellschaftsvertrag übernehmen und sich speziell in England im Utilitarismus manifestieren. Doch einen großen Unterschied gibt es zwischen Epikur und den Utilitaristen. Letzere wollen ein "positiv definiertes Glück der Menschen" ihrem Streben voranstellen. Epikur ist da zurückhaltender, eher wie später Karl Raimund Popper. Er überlässt lieber jedem Individuum selbst, sein persönliches Glück zu finden und grenzt negativ ab, d.h. was muss beschnitten werden, um dem Glück der einzelnen und dem Wohl der Gesellschaft nicht im Weg zu stehen. Darum heißt es zum Gesellschaftsvertrag bei ihm:

„Das der menschlichen Natur entsprechende Recht ist eine Vereinbarung über das Mittel, mit dem verhindert wird, dass sich Menschen gegenseitig schädigen oder schädigen lassen.“

"schädigen lassen" bedeutet, nicht nur die aktive Rücksichtnahme aufeinander sondern auch die Abwehr allen Strebens und Handelns, das Mitgliedern der Gemeinschaft Schaden bringt. Einer steht für den anderen ein. Er sagt aber auch, dass die menschliche Natur nicht die Natur von Engeln und Heiligen ist. Da bleibt Epikur Realist und seine Ethik geht von fehlbaren Menschen aus und nicht von Heiligen.


Mehr siehe z.B. http://epikureer.de.tl/Defination-Epikureer.htm

Epikur hat kein Buch über Ethik geschrieben wie Aristoteles. Er hat überhaupt kein ethisches System entworfen. Seine Philosophie war darauf gerichtet, innere Ruhe und Freude zu erlangen durch die Philosophie und das Wissen, das durch sie entsteht.

Von Epikur ist ja nicht viel überliefert, und das meiste nur in Bruchstücken. Das wenige kann eigentlich jeder selbst lesen, vor allem den Brief an Menoikeus. Der ist ja nun wirklich nicht schwer geschrieben. Aber den selbst zu lesen, kann ich Dir wirklich nicht ersparen. In Übersetzung, versteht sich.

Es gibt auch eine vollständige zweisprachige Werkausgabe, griechisch/italienisch.Ich kann beides ein wenig, aber mühsam ist das schon.