Wieso werden kritisch denkende Menschen immer '‘Schwurbler‘‘ genannt?

13 Antworten

Früher war z. B. Querdenker mal ein positiver Begriff, also ein kritisches oder innovatives Denken "outside-the-Box", eben mal anders als 08/15.

Das kritische Denken und Hinterfragen, neuer Blickwinkel usw. ist an sich auch weiterhin sehr, sehr gut!

Nur... Schwurbler sind eben _nicht_ kritisch im positiven Sinne, sondern negativ gepolt, unbegründet tief misstrauisch gegenüber ganz vielem und hängen i. d. R. absurden Verschwörungsmythen an. Sie denken sie sind kritisch, weil sie irgendeinen ungeprüften Unsinn glauben, dabei haben sie i. d. R. die Basics bzgl. sauberer, seriöser Recherche, Quellenprüfung und Wissenschaftlichkeit nicht einmal gelernt, geschweige denn, dass es auch nur halbwegs angewendet würde.

Ihre Hauptmotivation ist "dagegen" zu sein.

Wenn man bspw. "telegram Kanal x" oder "russia today" als ebenbürtige Informationsquelle zu ZDF oder der süddeutschen Zeitung ansieht hat man eben leider noch kaum was verstanden bzgl. Medienkompetenz. Die behaupten dann einfach die normalen Medien seien alle die sogenannte "Lügenpresse", was kompletter Blödsinn ist, wenn man mal genauer hinschaut wie Journalismus und die Medien allgemein funktionieren. Da kann, hier in D., nicht einfach der Staat mal schnell hingehen und denen vorschreiben was sie schreiben sollen und es steht auch kein Oberilluminat bei all denen im Büro, es ist eine extrem vielfältige Branche.

Sicherlich läuft vieles falsch in der Medienlandschaft, viel Boulevarddreck und etliche schlechte Reporter und es gibt auch immer wieder einiges an Lügen, die kursieren, aber es gibt auch immer noch gute Journalisten da draußen, die kompetent und nicht korrupt sind und das schreiben was sie sehen und denken, wenn man gute Zeitungen liest und z. B. nicht die "Blöd" (wo man wirklich für dumm verkauft wird). Und die guten Quellen sind eben nicht irgendein dubioser Online-Channel... ;-)

Schwurbler basteln sich ihre Meinungen selbst, Stichwort Alternative Fakten. Und wer sich durch andere Spinner "informiert", der informiert nicht, sondern labert Bullshit nach. Denn Fakten sind Fakten, z.b. über Impfungen oder Klimawandel, und die basieren eben auf evidenzgestützter Wissenschaft und nicht auf Meinungen. Ich kann dreimal meinen, dass 2 plus 2 gleich 7 sei, wird dennoch nicht wahr. Und wenn es tausend Leute nachplappern, ist es immer noch falsch.

Meistens fehlt Leuten die nötige Bildung und die Medienkompetenz, um Fakten von Bullshit zu unterscheiden. Schwurbler und Faktenfälscher und Wissenschaftsleugner tun gern so, als seien sie seriös, und nennen sich Institut wie die Lügner von Eike. In Wirklichkeit haben sie null wissenschaftliche Expertise und sind nur dazu angetreten um ihre Lügen und Agenda zu verbreiten. Und so wie es aussieht, machst du dich zu deren Werkzeug. Beileid.

PS: jeder kann heute im Netz jeden Blödsinn behaupten, und durch Weglassen, Verkürzen oder Fälschen irgendwelche Behauptungen aufstellen, die auf den ersten Blick schlüssig erscheinen. Lass dich jicht von solchen politisch motivierten Machern verführen, denn wissenschaftliche Fakten und Forschung kennen keine Meinung.

erhari64  31.01.2023, 15:50

Dass man sich eine eigene Meinung bildet, dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Ansonsten bin ich aber ganz bei Dir.

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Schwurbler sind Menschen, die die Realität verneinen und sich alternative Wahrheiten aus vielerlei unseriösen Quellen ziehen.

Kritische Menschen mögen übrigens Schwurbler überhaupt nicht.

Ein wesentlicher wissenschaftlicher Prozess ist die Validierung einer These, je häufiger Thesen verifiziert oder Antithesen falsifiziert werden, desto wahrscheinlicher ist, dass eine These, die verlässliche Prognosen treffen kann auch tatsächlich wahr ist. So entsteht wissenschaftlicher Konsens. Das einzelne Theorien immer wieder auftauchen, um diesen Konsens anzuzweifeln ist ein notwendiger Teil wissenschaftlicher Arbeit.

Leider ist der Mensch gerne besonders und leider verknüpfen wir große soziale, wirtschaftliche oder politische Ereignisse mit vermeintlich großen, geheimnisvollen Phänomen. Nimm das Attentat auf Regan und vergleich es mit dem Attentat auf Kennedy. Soweit wir wissen waren beides Einzeltäter, einer war erfolgreich und änderten den Kurs der Geschichte, der andere nicht. Noch heute spinnen etliche Menschen die abstrusesten Theorien über das Kennedy Attentat ohne das die eigentliche Aktion anders geartet wäre als irgendein Attentat, wie auf das auf Regan, an das sich heute kein Schwein mehr erinnert.

Und so stürzen sich Menschen gerne auf kaum validierte Theorien, halbgare Theorien oder sogar einfach nur Humbug und erkennen darin, die eine Wahrheit, die allen anderen - nicht kritisch denken Menschen - verschlossen bleibt. Je größer die Thematik: Kriege, Klimawandel, Massensterben.. desto wahrscheinlicher muss etwas großes, verborgenes die zugrundeliegende Ursache sein. So die Überzeugung. Das man dabei den eigentlich Prozess ignoriert, die deutlich wahrscheinlichere Wahrheit völlig ignoriert wird hingenommen, der mehrheitliche Konsens verstärkt sogar noch die eigne Wahrnehmung.

Und das ist dumm. Menschlich aber dumm.

Ich finde das ganze ehrlich gesagt sehr faszinierend, was derzeitig abgeht.

Eigentlich ist genau diese Denkweise etwas sehr konservatives und autoritätshöriges, was ich persönlich als politisch sehr Rechts einstufe.

Dennoch lässt es sich nicht leugnen, dass Deutschland einen immensen Linksruck in den letzten Jahren erfahren hat, der in anderen Bereichen kaum Autorität oder Form zulässt.

Derzeitig habe ich echt das Gefühl, dass sich in Deutschland eine Gesellschaft entwickelt, die sich politisch aus dem rechten und dem linken politischen Spektrum alle negativen Attribute rauspickt und sie versucht in einem großen Brei zu vereinen.

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Aber mal zurück zu deiner Frage.

Die Menschen denken heutzutage sie wären besonders gut informiert, obwohl sie ihr Wissen wie du andeutest meist nur aus einer Quelle beziehen.

Das hat meiner Meinung nach viel mit den klassischen Medien und den neuen sozialen Medien zu tun.

Viele Menschen machen in ihrer Freizeit nichts anderes mehr als sich Headlines von Artikeln/Bildern durchzulesen oder tendenziösen Journalismus zu konsumieren und meinen dann besonders gut informiert zu sein.

Es wird viel Zeit darin investiert sich in möglichst vielen Dingen zu belesen, was einem absolut 0 tiefgreifendes Verständnis von einer Thematik vermittelt.

Da viele also selbst nie wirklich tiefes Verständnis entwickeln und immer weiter mit immer mehr Themen bombardiert werden, ist es einfacher einfach das zu glauben was man vorgesetzt bekommt und dann einfach alle Meinungen die davon abweichen zu ignorieren.

Abgekürzt gesagt, die Menschen werden durch den Aufbau der modernen Medien dazu konditioniert das eigene Denken zu vernachlässigen und Autoritätshörig zu werden, unabhängig davon ob die Autorität legitim ist in diesem Fall oder nicht.