Wie konnten damals die Römer Latein sprechen ohne immer ein Wörterbuch dabei zu haben?

10 Antworten

Jedes Baby auf dieser Welt kann jede beliebige Sprache (egal wie komisch, schwierig oder merkwürdig dir andere Sprachen erscheinen) als Muttersprache erwerben - und zwar völlig mühelos! Das liegt daran, dass es sie tagaus tagein hört und von Anfang an mitbekommt, wie die Dinge und Rede-Absichten, in dieser ausgedrückt werden.

Du kannst diesen natürlichen Erstspracherwerb leider nicht mit dem Lernen einer Fremdsprache vergleichen - diese Fähigkeit geht - so die übliche Meinung - spätestens mit dem 10.Lebensjahr flöten. Und nicht-lateinische Muttersprachler mussten - wenn sie nicht gerade in Rom oder einer anderen lateinischsprachigen Gegend aufgewachsen sind, wo sie Latein schon als Kinder erwerben konnten - genau wie du jetzt lernen, was wie auf Latein genannt bzw. ausgedrückt wird. Und wenn sie nicht wussten, wie ein bestimmtes Ding heißt, dürften sie wohl einfach draufgezeigt haben ....

Tipp: Schreib dir deine lateinischen Lektionstexte ab (oder kopier sie dir, doch dann könnte der Platz knapp sein), wobei du immer eine Zeile über jeden lateinischen Satz freilässt. Suche anschließend zu jeder dir unbekannten Vokabel die Bedeutung und schreib sie dir unmittelbar über das lat.Wort. So prägen sich die Vokabeln besser ein, weil du keine - wenig alltagstaugliche, oder hast du schon mal jemanden in Vokabelgleichungen reden hören? - büffelst, sondern direkt mit den Vokabeln in einem sinnvollen Zusammenhang arbeitest.

Außerdem wirst du mit deinem so aufbereitetem Text viel besser im Unterricht mitarbeiten können, zumal du dich dann stärker auf die Endungen der Nomina und Verben konzentrieren kannst, die dir mitteilen, welche Funktion das Wort im Satz wahrscheinlich haben wird.

Zugegeben: Das ist zuerst recht viel Arbeit, doch wirst du schnell merken, dass der Aufwand immer kleiner werden wird, da sich die Vokabeln schon dadurch besser einprägen, dass du sie immer direkt mit ihrer Übersetzung siehst. Und ein einmaliges, vielleicht anfangs aufwendigeres Nachschlagen aller unbekannten Wörter auf einem Schlag, entschädigt später durch flüssigeres und schnelleres Übersetzen eines Texts, weil du dich nicht selbst immer wieder vom eigentlichen Text durch Nachschlagen einzelner Wörter ablenkst - ich denke, du kennst das ständige Hin-und-her-Blättern vom Lektionstext zum Vokabelverzeichnis.

Wenn du ernsthaft, was gegen deine Lateinvokabelblockade tun willst, kannst du das natürlich auch mit deinen bisherigen Lektionen machen. Dadurch wiederholst du gleichzeitig deine bisherigen Vokabeln sinnvoll (weil im Textzusammenhang).

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Habe Latein und Französisch auf Lehramt studiert.

Vokabel-Lernen bringt ja auch nichts. Die Gleichungen zwischen deutschen und lateinischen Wörtern stimmen nie genau und beim Vokabellernen prägt man sich nichts als einen in der Natur nicht vorhandenen makkaronischen Text (ein Wort deutsch, ein Wort lateinisch) ein, was eine sinnlose Quälerei ist,

Dabei merkt man sich auch noch die Reihenfolge der Vokabeln unwillkürlich mit.

Viel besser lernte man gleich einen Passus aus Cicero auswendig, da ist die Reihenfolge der Wörter sinnvoll (dh merkbar) und hilft einem dabei, die lateinische Syntax einzuspeichern.

Ich glaube nicht daran, dass das Lernen von Fremdsprachen so durchaus verschieden vom Erstsprach-Erwerb ist, dass man hierbei methodisch GAR NICHTS vom Erstsprach-Erwerb lernen könnte. Wer auch immer eine Sprache beherrschen will, muss IN dieser seiner Zielsprache arbeiten, das heißt, sie gebrauchen.

Im 18. Jh wusste man das noch. Friedrich der Große lernte so prima Französsich, weil er eine französische Gouvernante hatte, die der einzige Lichtblicjk am preußischen Hof war und für ihn eine Art liebe Oma darstellte. Mit der sprach er ausschließlich Französisch und beherrschte das dann als Erwachsener besser und fehlerfreier als das Hochdeutsche, in dem er niederdeutsche Einschläge hatte (Dativ und Akkusativ entsprechend dem Hochdeutschen hat er nie sauber unterscheiden gelernt) und auch rhetorisch wurde er im Deutschen nie so gut war wie auf Französisch. Grund: Auch seine Elten und Geschwister sprachen noch ein sehr knubbliges Deutsch.

Dieser direkte Umgang mit dem Französischen war es, der es bei ihm gebracht hatte.

Im Latein-Unterricht unterhält man sich heute nicht mehr auf Latein, sondern man übersetzt mühselig Texte (mühselig, weil Übersetzen das Können der Quellsprache schon voraussetzt, die man aber an diesem Punkt überhaupt noch nicht kann) und unterhält sich über die lateinische Grammatik auf Deutsch! Der Misserfolg dieser verrückten Methode ist offensichtlich. Noch nach neun Jahren Latein an der Schule steht man einem unbekannten lateinischen Text so hilflos gegenüber wie der Ochs vorm neuen Scheunentor.

Aber  die klassischen Philologen an den Universitäten  wollen von moderneren Methoden nichts hören. Und dadurch bleibt auch an den Schulen  der sog Latein-Unterricht  eher ein Latein-Verhinderungs-Unterricht.

Vom Erstsprach-Erwerb ist zB zu lernen, dass jeder Mensch beim Anfangs-Gebrauch der Sprache Fehler macht. Denn keiner hat je eine Sprache GUT gesprochen, der nicht damit angefangen hat, sie erstmal SCHLECHT zu sprechen. Also müsste der Sprachunterricht etwas Fehler-Toleranz entwickeln und die Schüler ermuntern, trotzdem zu sprechen. Fehler entweder durch (nie mehr als drei Wörter auf einmal) korrigieren ohne Theater oder sogar durchgehen lassen, stattdessen die Schüler mit massig korrektem Sprachtext bombardieren,  der die Fehler zurückdrängen wird, wie es ja auch beim muttersprachlichen Spracherwerb geschieht..

Auswendiglernen von korrektem Text ist hierfür prima. Auch kursorische Lektüre, wobei man fremde Vokabeln eben von Zeit zu Zeit nachschlägt, bis sie sich festgehängt haben.

Sprachbeherrschung bedeutet, die Wendungen der  Sprache angemessen zu den Sprechsituationen zu verwenden. DAZU gibt es mittlerweile einen Weg zum Heil, nämlich COMICS! Das heißt, die lateinischen Asterix-Übersetzungen, bei denen die Siituationen die Worte und die Worte die Situationen erklären.

Auch die römischen Kinder lernten ihren Wortschatz dadurch, dass sie Wörter mit Situationen verknüpften. Was "gloria" war, das verknüpften sie zB mit einem Triumphzug für einen militärischen Sieger, den sie vom Straßenrand aus gesehen hatten usw. Durch dies Leben in ihrer Sprache wurde ihnen der lateinische Wortschatz viel besser geläufig, als er auch dem besten Könner des Lateinischen heute mit all seinen Wörterbüchern geworden sein kann.

Den lebenden Gebrauch des Lateinischen gibt es heute nicht mehr (nicht mal in der katholischen Kirche wird im Gottesdienst noch Latein gesprochen); also braucht man dafür Ersatz; siehe oben.

Bei dem Vorschlag, beim Latein-Erwerb etwas vom natürlichen Spracherwerb zu lernen aber fallen die klassischen Philologen sofort mit dem spitzen Schrei "Küchenlatein" in Ohnmacht, (Ein Glück, dass sie mit dem Sprachunterricht der altrömischen Kinder noch nichts zu tun hatten.)

Meine Theorie ist, dass man auch deutschen Schülern heute sehr viel von mir aus rein kupferne Latinität durchgehen lassen muss, bis sie in der Sprache einigermaßen "schwimmen" können und ANSCHLIESSEND die rhetorischen Verfeinerungen an diesem Latein  anzubringen. Von der goldenen Latinität braucht dabei NICHTS verloren zu gehen; ein Beispiel  für den Übergang vom Küchen- zum klassischen Latein ist Luther.

Der hatte als Student in Erfurt in seinem Wohnheim (seiner sog. 'Burse') Latein zu sprechen; das kann nicht mehr als das mittelalterliche fehlerhafte Latein gewesen sein, das die Studenten aller Herren Länder, die in Erfurt studierten und in seiner Burse wohnten, aqus der Schule drauf hatten.

Nachmittags ging Luther aber zu Kursen in klassischer Latinität, welche von den neuen humanistischen Lehrern in Erfurt in ihren Häusern privat den Willigen beigebracht wurde.

Und DAS war effektiv. Luther galt in Erfurt als neuer Cicero, so prima war sein Latein. Wer Luthers lateinische Texte liest (zB die Mitschriften zu seinen Vorlesungen), der ist verblüfft über die Eleganz seiner Ausdrucksweise, kein Stück von der zT groben Direktheit in seiner deutschen Ausdrucksweise.

(Der deutschen Sprache hatte  Luther für seine Bibelübersetzung und seine theologischen Schriften auf Deutsch ein literarisches Register erst einziehen müssen, im Lateinischen war es schon vorhanden).

Tolle lateinische Wörterbücher, die es mW noch gar nicht gab, hatte er wohl áuch nicht. Diese glänzende Sprachbeherrschung kam auch bei ihm aus dem intensiven Gebrauch dieser Sprache und sonst von nichts!

Also die Frage ist gar nicht, wie die römischen Kinder ohne Wörterbücher einen guten lateinischen Wortschatz kriegen konnten, sondern wie die Methoden des Latein-Unterrichts in der Schule endlich dem gesunden Menschenverstand angepasst werden könnten, damit auch heutige Latein-Lerner zu einem angemessenen und verwendungsfähigen lateinischen Wortschatz kommen könnten. Das wäre von großem praktischen Nutzen, da man ohne das ja auch den eigenen, deutschen Wortschatz mit seinen vielen lateinisch-stämmigen Wörtern nicht durchschaut.







Dasselbe könnte auch jemand von Deutsch sagen, der es gerade lernen muss - also schön geschmeidig bleiben!
Und glaub mir - Deutsch ist auch nicht gerade einfach...

Ähnliches denke ich mir, wenn ich kleine Kinder Französisch sprechen höre:
Wie bekommen sie die Nasale so perfekt hin? ;-)

Da gab es bestimmt verschiedene Grade, in denen die Römer Latein beherrschten. Das verschriftlichte Latein, welches bis heute überliefert ist, war sicher die höchste Stufe und wurde so nicht von allen Römern, sondern nur von der Oberschicht gesprochen.

Das Deutsch von Erich Fried und von Tante Erika an der Aldikasse unterschied sich nicht nur in der Größe des Wortschatzes, sondern auch in der fehlerfrei einsetzbaren Grammatik.

Ein Wörterbuch?

Du benutzt doch bestimmt ein Latein-Deutsch-Buch. Glaubst du, das hatten sie auch?

Sie lernten es bereits als Muttersprache und konnten es daher einfach so, komplett ohne Wörterbuch, zumal die meisten im alten Rom gar nicht lesen und schreiben konnten.