Wie kann man sich mit 16 politisch einbringen?

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Der klassische Weg führt in eine Jugendabteilung der Partei, für die er sich interessiert, aber da muss man sich wirklich im Klaren sein, dass man sich für eine "Karriere" in der Politik komplett selbst aufzugeben hat und keine eigene Meinung mehr haben darf: Politiker kann im Grunde genommen jeder werden, der sich halbwegs gut verkauft und nicht wie der letzte Hanswurst rüberkommt, sich überall anbiedert, irgendwelchen alten Opas in der Partei hemmungslos nach dem Mund redet und daraufhin protegiert wird. Das hat nix mit Können oder Kompetenz oder einer Ausbildung oder einem Studium usw. zu tun, sondern damit, dass man sich selbst mit allen seinen Zielen, Träumen, Wünschen und im weitesten Sinne auch seiner Identität aufgibt.

Der Weg in die Politik ist daher wenig spektakulär und hat viel mit Selbstaufgabe zu tun. Ob das erstrebenswert ist, sei dahingestellt. Die Kurzform geht so: Man schließt sich einer Partei an, muss sich anbiedern, den "Großen"/Alten nach dem Mund reden und Netzwerke knüpfen - viel mehr ist nicht dahinter. Man fängt im Wohnort bzw. Ortsverband der Partei an, bahnt sich seinen Weg durch die Gremien, das fängt meist als Beisitzer oder Kassenprüfer etc. im Ortsverband an und führt über einen Posten als Delegierter zum Kreisparteitag immer weiter: man nickt mit dem Kopf, biedert sich überall an, tritt ordentlich nach unten - immer auf die Kleinen und immer feste drauf, bis kein Blut mehr fließt - und dann geht es schon irgendwie weiter nach oben.

Ich hätte selbst ein ganz Großer in der CDU werden können und bekam jegliche Unterstützung zugesagt. Ich hätte gezielt zunächst zum Kreistagskandidaten sowie zum künftigen MdL und "jungen Quoten- und Vorzeige-Ausländer" aufgebaut werden sollen, schlug es aber aus und zog mich aus der Kommunalpolitik vollkommen zurück, weil ich den Rummel um meine Person und den Verzicht auf Privatsphäre sowie permanente Belästigung sogar in der Freizeit oder beim Einkaufen usw. einfach nicht mehr ausgehalten habe, merkte, dass es diverse "Ziehväter" nicht ehrlich meinten (denen ging es nicht um mich, sondern darum, dass sie gut dastehen und "einen jungen Kerl" im Hintergrund wie eine Marionette steuern wollten) und mich niemandem anbiedern wollte. Das hatte den Effekt, dass mein "politischer Mentor", der mich gern als neuen Kreisrat usw. gehabt hätte, von mir sehr enttäuscht war, aber im Nachhinein doch Einsehen hatte.

Fühlte mich anfangs gebauchpinselt nach all den Demütigungen, die ich als "Ausländerkind" immer einstecken musste und trug meine Nase immer höher bis es schier reinregnete, merkte aber rasch, dass ich dazu eingesetzt werden sollte, um die verlängerte Werkbank alter CDU-Opas zu sein, die mit Anfang 70 nicht mehr selbst in Erscheinung treten wollten und nach außen zwar vor Presse und Regionalradio tönten, dankbar und demütig der jungen Generation Platz machen zu wollen, aber dann die "Jungen" doch beeinflussten, wo es ging und das auf eine teils beklemmende Art. Ich habe es am eigenen Leib erfahren und war dann auch Opfer von Bedrohungen usw., als ich gesagt habe, dass ich das nicht mehr mitmache. Am Ende ist jemand an meine Stelle getreten, den sie dann sogar dazu gebracht hatten für einen Bürgermeisterposten zu kandidieren, der ihm am CDU-Stammtisch von eben jenen Opas schon versprochen wurde. Er scheiterte krachend und hat mir unendlich leid getan, obwohl ich ihn damals eigentlich nicht sehr sympathisch fand.

Ich rate von einer solchen Laufbahn ab, wenn man die Wahl hat. Verändern können wird man in der Regel sowieso nichts - wenn man überhaupt etwas bewirkt, ist es ein reiner Kompromiss, der nichts mit der ursprünglichen Idee zu tun hat - und das kann zermürbend sein, weil man viel Zeit und Kraft investiert und nichts auf die Reihe kriegt.

Den größten Spielraum hat man in der Kommunalpolitik, etwa als Gemeinderat - war ich auch schon - aber es hängt enorm vom Gremium ab. Zieht man etwa an einem Strang, kann das Spaß machen, es wird aber unerträglich, wenn Querschläger dabei sind und sogenannte "Aberaberabers", die bei jedem Beschlussvorschlag sich mit mit "ja, aber..." zu Wort melden und immer irgendeinen kleinlichen Einwand hegen. Die sind zwar sehr unbeliebt, zumal ihre Einwände meist gar nicht brauchbar waren, sondern nur das Ziel haben sich ins Gerede zu bringen, aber durch solche Leute zerreden sich Sitzungen und es dauert drei oder vier Stunden, bis keiner mehr zuhört.

Will man einfach "ein bisschen mitmischen", ist das was anderes, das mache ich in der CDU immer noch so ganz am Rande und auf Ortsverbands-Ebene ist das schön und kommunikativ mit netten Kontakten, aber mehr muss wirklich nicht sein.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung