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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Vor einigen Monaten entdeckte ich sie zufällig bei youtube. Sofort empfand ich - als Ex-UNI-Philosoph - ihre Monologe als sehr anregend, weil ich schnell mitdachte und oft erkannte, was daran falsch auf mich wirkte.

Hier zum Bespiel referiert sie über die Tugend, an sich ja hochinteressant, aber sie spricht vom "Training des Geistes". Als Geisteswissenschaftler spricht man schon lange Zeit nicht mehr von "Geist, Körper und Seele", das sind heutzutage schöne antiquarische Begriffe des Laien.

Wir sprechen philosophisch-psychologisch vom "Bewusstsein eines Nervensystems", von fast zehn zugehörigen verschiedenen Intelligenzformen, die geboren werden, sich unterschiedlich in den Individuen entwickeln, obwohl es ein übergeordnetes Bewusstsein außerhalb der Individuen zu geben scheint.

Wir sprechen zum Beispiel längst vom sozial-emotionalen Bewusstsein (Empathie - Sympathie - Antipathie < vgl. sozial-emotionale Intelligenz > Mitgefühl, nicht Mitleid < vgl. ideologischer Vorwurf gegen das Christentum).

Sie nennt das noch "innere Haltung". Als ich in den 1980er Jahren an der UNI war, war diese "preußisch-soldatische" Begrifflichkeit bereits überholt.

Sie hat in alter Philosophie promoviert, so vermute ich, ist ihre Sprache nicht rückwärtsgewandt, sondern noch nicht vorwärts geschritten. Man braucht im Deutschen dazu keine ewigen Anglizismen der Geringgebildeten zur scheinbaren Bildung, höchstens philosophische Fachbegriffe, die sie ja verwendet, aber so altdeutsch übersetzt.

Deshalb wirken ihre Vorträge auf mich leider zurückgeblieben und schullehrerhaft, jedoch brav mütterlich vorgetragen, als ob das nachdenkende Gehirn nicht rebellisch wäre, sondern sich nur im Strom der Masse treiben lassen würde. Das sind nur dadurch langweilig wirkende Proseminare.

Ihre Anregungen sollten revolutionär wirken - können. Aber vielleicht sollen sie das ja gar nicht, weil sie Geld erwirtschaften sollen: Je mehr Zuhörer, desto mehr Einnahme. Schade.

Ich empfehle ihre Vorstellungen seit einigen Wochen nicht mehr weiter. Sie führen denkerisch in die Vergangenheit, sind wie eine feste Grundsteinlegung zum Philosophieren erst in den nächsten hundert Jahren... Traurig.

Endymion3114 
Fragesteller
 26.07.2023, 13:19

Sie hat zu Meister Eckhardt promoviert. "Grund und Erkennen in deutschen Predigten von Meister Eckhardt" ist der Name ihrer Dissertation.

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Skoph  26.07.2023, 15:23
@Endymion3114

Genau, habe ich damals auch recherchiert - und so ist mein (Vor-)Urteil leider entstanden, was sich in einigen ihrer Videotexte bestätigt fand. Irgendwie ist das aber schade, weil sie durchaus einen scharfen Verstand zu philosophischen Themen vorweisen kann, aber warum denn nur so regressive Ausdrucksformen ihres Denkens?!

Zum Beispiel sprechen wir auch nicht mehr nur vom kategorischen Imperativ Kants, wie immer noch viel zu viele UNI-Dozenten*innen, sondern von einem neuen ethisch-rechtlichen Imperativ, dessen Sozialkomponente vor dem rechtlichen seinen Schwerpunkt setzt. Die psychisch-soziale Gemeinschaft ist wichtiger als die rechtlich-moralische. Auch das bespricht sie irgendwo so schauerlich altbacken. Einfach nur schade. Vielleicht sollte man ihr das ´mal mitteilen. Aber vielleicht ist das längst geschehen - und ihr Philosophieren kann eben nicht aus der schrumpeligen Haut vergangener Jahrhunderte. Mist!

Da inspiriert mich noch immer mehr R. D. Precht, der zwar die Emotionalität und Impulsivität des Menschen in der Erkenntnistheorie wie in der rational-wissenschaftlichen UNI-Philosophie gefordert vergisst, aber außerordentliche Wege wie H. Lesch in allen Bereichen aufzeichnet, um miteinander fruchtbar - nicht furchtbar - darüber streiten zu können. Grüße!

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