Ist das 'Eindimensionale Denken', das H. Marcuse Ende der 60er beschrieb, heute noch aktuell und existent?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Eindimensionalität steht als Metapher für ein Denken, dass die Abhängigkeit bestimmter Phänomene von nur einer Außenbedingung für richtig hält. Beispiel: Die Laufgeschwindigkeit eines Hundes ist abhängig von der Kraft seiner Beinmuskeln. Oder: Der Preis einer Ware ist abhängig von der Nachfrage. Im ersten Fall würde ein Biologe sagen, dass hier ein vereinfachtes Verständnis der Aussage zugrunde liegt, das dem Sachverhalt nicht gerecht wird. Die Sache wäre komplizierter: Es wären auch die Länge der Knochen, die Ausbildung der Gelenke, die Körpermasse, die Länge des Fells und noch viele weitere Aspekte zu berücksichtigen. Also: Eindimensionales Denken ist in der Regel zu stark vereinfachend und wird, wenn man sich der Realität stärker annähern will, als unzureichend zurück gewiesen. Man sagt: Denken sollte von der Realität komplexer Netzwerke ausgehen, von Interdependenzen, von wechselseitigen Abhängigkeiten, von Situationsfaktoren und "dem Faktor Mensch", was immer ein Hinweis auf eine mögliche Unberechenbarkeit ist.

konstanze85 
Fragesteller
 28.01.2011, 23:24

auch an dich vielen dank für deine einleuchtende und sehr gute erklärung und das beispiel.

0

Ich biete mal zwei Ansätze:

Der Student weiß am Anfang nichts über alles; erwirbt dann über immer weniger Fachgebiete immer mehr Wissen, bis er als "Fachkraft" alles über nichts weiß...

Eindimensionales Denken umschreibt die Unfähigkeit eines Menschen, eine wie auch immer geartete Ausgangssituation in ihrem Weiterverlauf anders einzuschätzen als auf eine Zuspitzung auf ein immer gleiches oder sehr ähnliches Endszenario, welches eine bestimmte Handlungsweise erfordert. Mögliche Abweichungen im projezierten Situationsfluß werden als nicht relevant abgetan oder gar nicht wahrgenommen.

konstanze85 
Fragesteller
 28.01.2011, 23:12

vielen dank für die genaue und einleuchtende erklärung. auch an dich die frage: kann man metaebenes denken (nicht eindimensional) ausprägen bzw. sich aneignen. wie würde das gehandhabt ?

0
andisazi  28.01.2011, 23:58
@konstanze85

Ich könnte dir nicht einmal sagen, ob ich "metaebenes" Denken beherrsche, dieser Begriff ist mir unbekannt und ich könnte mich auch nicht unvoreingenommen selbst bewerten. Mein Vorschlag allerdings führt in die Welt der SF-Literatur: ich würde dir den "Dune" - Zyklus von Frank Herbert ans Herz legen; besser bekannt als "Wüstenplanet". Abgesehen davon, daß dieser Zyklus eine interessante Spielart der Evolution schildert, spielt eine Denkerschule eine wichtige Rolle. Mir ist bewußt, daß diese Bücher eine Fiktion darstellen; die Erläuterung der Entwicklung, Formung und Vervollständigung von Denkmustern ist aber gerade deshalb gut nachzuvollziehen und führte bei mir relativ häufig zu einem amüsiert-anerkennenden "Ach so ist das...". Du müßtest allerdings schon gern lesen und dich darauf einlassen wollen...

0
user735  04.03.2011, 01:31
@andisazi

Wie Du siehst werden einige Kommentare auch sehr viel später gelesen. Auch von mir ein DH.

0
OnkelBerni  28.01.2011, 23:56

schöne Antwort !!!

DH

0
erweh  29.01.2011, 16:18

Echt superklasse Deine Antwort, gibt ein fettes

DH

0

Denken, ohne Alternativen und Konsequenzen zu berücksichtigen.

konstanze85 
Fragesteller
 28.01.2011, 23:00

das habe ich über google auch noch gefunden, aber ich habe mir eine genauere erklärung erhofft, trotzdem danke:)

0

Ideen, Streben, Ziele, die ihrem Inhalte nach über die bestehende Welt von Handeln und Sprache (Konventionen = wie diese betrachtet oder verstanden werden) hinausreichen, werden abgelehnt oder zu Begriffen der Welt herabgesetzt. Das Individuum begreift sich als Teil des Systems.

ganz klar wenn jemand nicht auf die metha-ebene wechselt.

konstanze85 
Fragesteller
 28.01.2011, 22:58

kann man denn metaebenes denken erlernen bzw. es weiter ausprägen ? wie würde das gehandhabt ?

0
knutschie  28.01.2011, 23:08
@konstanze85

einfach die situation von oben anschauen. zb. in der schulstunde: der lehrer verschwendet eine ganze stunde damit, eine ex rauszugeben (eigentlich sehr schlecht wenn ein lehrer das macht) und die anderen schüler sind so mit ihren noten und punkten beschäftigt dass sie es nicht merken würden = eindimensionales denken. erkennt einer, dass die ganze stundelang nur die ex rausgegeben wurde und nix gemacht wurde ist es auf der metaebene. nur so als beispiel. und jedenfalls einfach mal öfters probieren worums eigentlich aus der vogelperspektieve geht. mal die situaion aus dem gedanken an die ganze woche/des ganze jahr einschätzen.

0