Wie analysiere ich eine Fuge in Musik?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Meist werden in der Schule Fugen aus Bachs Wohltemperierten Klavier besprochen.

Diese sind zumeist dreiteilig. Diese Teile nennt man

  • Exposition - 1. Durchführung - 2. Durchführung oder
  • 1. Durchführung - 2. Durchführung - 3. Durchführung

Da mußt Du in Deinen Materialien nachsehen, welcher Nomenklatur Euer Lehrer folgt. Ich folge hier der zweiten.

Die 1. Durchführung ist immer vollständig, d. h. das Thema erscheint in allen Stimmen, in einer 4-stimmigen Fuge also viermal. Nach dem 1. Themeneinsatz folgt unmittelbar der 2. Themeneinsatz. Die beginnende Stimme wird im Kontrapunkt weitergeführt, die folgende Stimme bringt das Thema in der Dominante.
An den 2. Themeneinsatz schließt sich ein kleines Zwischenspiel an.
Es folgen der 3. und 4. Themeneinsatz analog dem 1. und 2.
Ist die Fuge 4-stimmig, endet hier die 1. Durchführung.

Es folgt ein großes Zwischenspiel.

Die 2. und 3. Durchführung kann aber muß nicht vollständig sein. Sie können auch nur zwei oder drei Themeneinsätze haben. Hier folgen die Themeneinsätze nicht dem Schema Tonika - Dominante. Auch nach der 2. Durchführung folgt ein großes Zwischenspiel. Nach der 3. Durchführung endet die Fuge mit der Coda. Die Coda ist, wie die Zwischenspiele, ein freier Abschnitt, der auch aber nicht nur mit motivischem Material aus Thema und Kontrapunkt gestaltet ist.

Auf den 'letzten Drücker' ist das immer etwas schwierig. Aber vielleicht ist Dir das eine kleine Hilfe?

Du musst zwischen DUX, COMES und KONTRASUBJEKT(en) unterscheiden. Opa1917 liegt aber nicht ganz richtig mit einigen Angaben, denn die Exposition ist immer (!) zugleich auch die erste Durchführung. Zwischenspiele können im Übrigen fast an jeder Stelle stehen und in jeder Länge vorkommen. Nach dem zweiten Themeneinsatz kommt definitiv nicht zwingend ein Zwischenspiel. Ferner ist eine Unterscheidung zwischen kleinem und großem Zwischenspiel im Allgemeinen unüblich. Auch das Einsatzschema kann stets Tonika-Dominante bleiben. Zumindest wird in tonalen Fugen fast immer eine Einsatztonart mit ihrer jeweiligen Dominanttonart (es kann aber auch in Moll die Unterdominante sein) kombiniert. Die Anzahl an Durchführungen ist im Prinzip beliebig und liegt meist zwischen zwei und sieben. Mit vor allem zwei Handwerkselementen kannst Du oft rechnen, nämlich der Spiegelung des Themas (Krebs ist in Fugen hingegen äußerst selten, Spiegelkrebs kommt praktisch nie vor) und mit einer Engführung (gegenseitige Überlagerung der Einsätze), die oft am Ende kommt und selten in der ersten oder zweiten Durchführung. Eine Coda gibt es oft, aber auch nicht immer. Häufig enthält sie auch eine Engführung oder einen Orgelpunkt (auf dem Grundton der Tonika oder der Dominante).

Zum Üben, zu dem Du jetzt keine Zeit mehr haben wirst, eignen sich die Kleinen Präludien und Fughetten von J.S. Bach, Fugen von J.C.F. Fischer und G.F. Händel. Danach erst solltest Du einige der größeren Fugen von Bach angehen. Ganz am Ende erst stehen klassische Ricercare (z.B von J.J. Froberger) und Bachs Kunst der Fuge.

Noch ein kleiner Tip, der manchmal hilft: Bei vielen (standardisierten) Fugen steht der Beginn der zweiten Durchführung Modell für den Themenbau der gesamten Fuge.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Arlecchino  18.12.2018, 17:11

Die Abschnitte von Fugen betreffend gibt es zwei Begrifflichkeiten: Die ältere nennt den ersten Abschnitt Exposition, darauf folgt die 1. Durchführung, nichts anderes.
Die neuere nennt den ersten Abschnitt 1. Durchführung, es folgt die 2. Durchführung usw.

Es ist mir klar, daß Fugen auch weniger schematisch strukturiert sein können als von mir beschrieben. Wie in meiner Antwort schon erwähnt sind Fugen aus dem WK beliebtes Anschauungsmaterial im schulischen Musikunterricht, deshalb der von mir gewählte Fokus.
Auch auf die Erwähnung von Engführung und Krebs usw. habe ich verzichtet. Da der FS kaum noch 10 Stunden bis zum Unterrichtsbeginn hatte, und die Nachtruhe wird er wohl auch wahrgenommen haben, hatte ich versucht mich auf das Wesentliche zu beschränken. Einen FS mit äußerst geringen Kenntnissen so kurzfristig mit einer großen Stoffmenge zu konfrontieren scheint mir eher verwirrend als hilfreich.

1
baucolo  18.12.2018, 20:41
@Arlecchino

Ich stimme zu, dass 10 Stunden eine reichlich kurze Zeit ist, um die Fugenanalyse zu lernen. Die Fahrlässigkeit liegt ganz klar beim FS. Bezüglich der Ersten Durchführung tut es mir leid, wenn ich nochmal darauf hinweise. Es wird einfach viel zu oft falsch gemacht: Auf eine Fugenexposition folgt immer nur eine ZWEITE Durchführung, da die Erste DF immer zugleich die Exposition ist (das ist ja auch logisch). Dies lässt sich bei Bedarf sogar auch (außerhalb der gängigen Fachliteratur) leicht googlen und auch wiederholt auf Wikipedia so richtig finden.

0