Werden asexuelle auch unterdrückt?

Alper35  01.06.2021, 13:35

Wo wird dieses lq Ding unterdrückt

callmejiji  01.06.2021, 13:44

Ich glaube, dass @Alper35 einfach nicht weiß was LGBTQ+ bedeutet. Es ist die Abkürzung für lesbian gay bi trans queer +

6 Antworten

Es ist immer eine Frage, was du, die Gesellschaft, die akademische Community, die betroffene Community und betroffene Einzelne darunter verstehen. Das kann jeweils sehr unterschiedlich sein.

Man könnte sagen, nein, denn Asexuelle haben in der Gesellschaft keine Nachteile, es gibt keine Situationen, in denen sie ihre Sexualität offenlegen müssen und dann mit Nachteilen systematischer Natur rechnen müssen (steuerlich, rechtlich usw.).

Aber man könnte natürlich schon sagen, dass es einen gewissen Druck in bestimmten Gemeinschaften (das können auch Familien sein) gibt, einen Partner zu finden, zu heiraten, Kinder zu bekommen. Wenn man die ständige Nachfrage danach als Unterdrückung betrachtet, weil andere dem ohne Probleme entkommen können, indem sie halt auf ihre Partner oder Kinder verweisen, dann kann man die Frage bejaen.

Für mich ergibt sich ein Problem aus der Tatsache, dass "Unterdrückung" immer feiner definiert wird. Ich habe bspw. keine gängige Körperform und finde es oft schwer, passende Hosen zu finden. Dadurch fühlte ich mich früher oft beschämt und meinte, jedes Mal, wenn ich Hosen kaufen ginge, müsste ich quasi erst mal zugeben, dass ich dick und hässlich sei. Und ja, das tat dann natürlich weh. Aber die Industrie produziert natürlich für den Massenmarkt, für einen Standard. Jetzt teilen viele mein Problem, weil ihre Körperform eben auch nicht in diesen Standard passt. Allerdings geht das halt Menschen mit Übergewicht, Untergewicht, X-Beinen, unter- oder überdurchschnittlicher Größe so. Wenn einen das sehr belastet, was bei mir früher der Fall war, dann ist man natürlich erst mal froh, wenn es einen Begriff wie "Thin-Privilege" und "Bodypositivity" dafür gibt, weil man sich gesehen fühlt und mit seinem Problem nicht mehr alleine dasteht.

Nur ist das ja trotzdem keine Unterdrückung. Unterdrückung wäre es mMn, wenn die Regierung sagen würde, wir möchten schlanke, sportliche Menschen zwischen 1,70 und 1,90 m fördern und machen es den anderen daher so schwer wie möglich, passende Kleidung zu finden. Da dies nicht stattfindet und man ja durchaus auch passende Kleidung findet, nur, dass das etwas länger dauert und man nicht ganz so viel Auswahl hat wie Menschen, deren Körper besser zu den gängigen Größen und Schnitten passen, kann man mMn nicht von Unterdrückung reden.

So ähnlich sehe ich es auch bei LGBTQ und teilweies anderen Gruppen. Die Probleme ergeben sich daraus, dass man eine kleine Gruppe mit speziellen Bedürfnissen bildet, die nicht zu den gängigen Angeboten der Gesellschaft passen. Eine Unterdrückung ist das nicht, nur schade, man kann dann auf seine Bedürfnisse hinweisen und wenn es um wirtschaftliche Bedürfnisse geht, wird sich dafür ein Anbieter finden, der sich über Kunden freut. Wenn es um politische Bedürfnisse geht (Heirat, Partnerschaft, Adoption etc.), sollte man darauf Aufmerksam machen (was auch ohne Proteste geht mMn und ohne Häme gegen andere Gruppen) und versuchen, Unterstützer dafür zu finden.Ebenso bei medizinischen Bedürfnissen.

Es bringt aber mMn wenig bzw. ist mMn moralisch verwerflich, immer schwammig zu sagen "ich bin X, ich bin unterdrückt", damit sich jeder in deiner Umgebung vage unwohl und schuldig fühlt!

Besser wäre es, konkret zu sagen, "ich bin X und weil es Y nicht gibt oder das schwer zu bekommen ist, habe ich im Bereich Z Probleme, die andere eher nicht haben und möchte gern, dass das langfristig geändert wird". Dann findet man mMn auch eher Verständnis.

Wenn man also als Asexueller sagt "ich bin (vermutlich) asexuell und habe kein Bedürfnis nach Partnerschaft und Sex, bitte nervt mich nicht ständig mit euren Nachfragen, sondern nehmt darauf Rücksicht, dass mich das verunsichert", dann greift das mMn viel besser und wird viel eher akzeptiert als wenn man sagt "Hey, ich bin asexuell, ich werde in Deutschland unterdrückt!" Das sagt nichts aus und der Gesprächspartner kann sich maximal schämen. Scham würde eher zur Vermeidung weiterer Interaktion führen und das will man ja meist eher nicht.

Ich sag ja, man soll "A-Z" schreiben. Dann sind alle dabei.

Die Unterdrückung von Asexuellen ist subtiler als bei Schwulen.

Wir Ace werden natürlich nicht von staatlichen Stellen verfolgt und dann je nach „Rechts“-System in den Knast geworfen, erschossen, kastriert oder gesteinigt aber unter Umständen von Ärzten zwangsbehandelt, zwangsverheiratet, zur Heilung vergewaltigt, von ihren Religiösen Gemeinschaften ausgestoßen und aus der Familie geworfen was in manchen Weltgegenden ziemlich übel ist. Ewige Missverständnisse und ständiges Bullshit-Bingo ist da noch harmlos.

Also: Ja Asexuelle werden von den Mehrheitsgesellschaften systematisch unterdrückt aber zum Glück nicht von Staatlichen Stellen verfolgt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Gesetzlich unterdrückt zum Glück nirgendwo, aber gesellschaftliche Diskriminierung und Ausgrenzung bis hin zu vermeintlichen Therapien gibt es auch für Asexuelle .

Zwar nicht so offensichtlich wie es bei Menschen anderer nicht-heterokonformen Orientierungen der Fall ist. Wir werden nicht etwa von staatlicher Seite verfolgt, die Gesellschaftsmehrheit aber setzt auch uns sehr zu. Etwa Beleidigungen, Belästigungen und Androhungen von (sexueller) Gewalt aufgrund meiner Asexualität sind auch für mich keine Seltenheit.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung