Was ist laut Kant gut am guten Willen?

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Für Kant ist der gute Wille das Entscheidende, d.h. dass der handelnde Mensch von der Gemeinschaft, in der er lebt, das als positiv (gut) gewertete Verhalten zeigt. Kant meint, dass der 'gute Wille' als Richtschnur ausreicht, um sich entscheiden zu können. Bei einer Folgenabschätzung wäre nach seiner Ansicht der Mensch überfordert. Vor allem hat Kant die Sorge, dass man bei einem Verhalten, dass sich an den Folgen orientiert, zu leicht seine eigenen Interessen mit ins Spiel bringen könnte, womit er sicher nicht ganz unrecht hat. -- Leider, leider ist diese Sichtweise Kants nach heutiger Beurteilung sehr fragwürdig. Wenn man mir die Frage stellt, was der Gegensatz zu 'gut' sei, würde ich nicht mit 'schlecht' oder 'böse' antworten, sondern ich würde sagen: "Der Gegensatz von 'gut' ist 'gut gemeint'. Ich konnte in so vielen Fällen bei Bekannten und Freunden oder Leuten aus Therapiegruppen sehen, wie extrem hasserfüllt sie auf Elternteile waren, die es immer 'gut mit ihnen gemeint hatten'. Diese Leute beklagten, dass die "gut gemeinten" Anweisungen und Verhaltensregeln nur eine verkappte Form der Machtausübung und Fremdbestimmung seien. Die Eltern wollten ihre Kinder nur nach ihren Vorstellungen formen und ihnen damit Freiheit und Mündigkeit absprechen. Die wütenden Proteste der Kinder würden sie dann nicht als 'emanzipatorisches Bemühen', sondern als Verstocktheit, Starrsinn, Faulheit, Renitenz, pubertäre Unreife, usw., usw. bewerten. Sie selbst stellen sich dabei kaum einmal in Frage und argumentieren immer mit dem bekannten: "Wir haben es immer gut mit ihm/ihr gemeint, aber es hat alles nichts genützt!" Bilanz: "Kants "guter Wille" als primäre Leitlinie für moralisches Verhalten ist aus heutiger Sicht keineswegs mehr angezeigt, weil die Menschen aufgeklärter, selbstverantwortlicher, mündiger und vor allem auch wissender sind, so dass sie ihre Entscheidungen ganz wesentlich aus einem für alle Beteiligten guten Dialog heraus treffen sollten.

Krokus87 
Fragesteller
 12.03.2011, 14:11

Ich danke ihnen sehr für die hilfreiche antwort erstmals... können Sie mr bitte nochmal schreiben wo genau Sie diese informationen her haben? LG Krokus

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Das Gute am Guten Willen liegt nach Immanuel Kant in seinem Wollen, in der Art, wie er auf eine Handlung ausgerichtet ist.

Bei Immanuel Kant ist der gute Wille das, wodurch ein Handeln gut ist. Er liegt darin, den Grundsatz des Handelns um seiner selbst willen zu wollen. Der gute Wille ist darauf gerichtet, das Sittengesetz als einsichtige Gebote für Vernunftwesen selbstbestimmt zu bejahen.

Das moralisch Gute existiert nur als guter Wille. Entscheidend ist die Handlungsabsicht (eine Maxime ist eine dem Vernunftinteresse entnommener subjektiver Grundsatz), nicht die tatsächlich eingetretene Handlungsfolge (eine ausreichender Einsatz der praktischen Vernunft bliebt aber trotzdem geboten; eine Person mit guter Absicht ist auch bereit, die zur Verwirklichung dieser Absicht zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, also nicht bei bloßer Gesinnung stehenzubleiben, sondern sich um eine Realisierung des Guten zu kümmern ).

Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten BA 4: „Der gute Wille ist nicht durch das, was er bewirkt oder ausrichtet, nicht durch seine Tauglichkeit zu Erreichung irgend eines vorgesetzten Zweckes, sondern allein durch das Wollen, d. i. an sich, gut und, für sich selbst betrachtet, ohne Vergleich weit höher zu schätzen als alles, was durch ihn zu Gunsten irgend einer Neigung, ja wenn man will, der Summe aller Neigungen nur immer zu Stande gebracht werden könnte.

Wenn gleich durch eine besondere Ungunst des Schicksals, oder durch kärgliche Ausstattung einer stiefmütterlichen Natur es diesem Willen gänzlich an Vermögen fehlete, seine Absicht durchzusetzen; wenn bei seiner größten Bestrebung dennoch nichts von ihm ausgerichtet würde, und nur der gute Wille (freilich nicht etwa ein bloßer Wunsch, sondern als die Aufbietung aller Mittel, so weit sie in unserer Gewalt sind) übrig bliebe: so würde er wie ein Juwel doch für sich selbst glänzen, als etwas, das seinen vollen Wert in sich selbst hat.“

Den Willen vernünftiger Wesen versteht Kant als das Vermögen (die Fähigkeit), nach der Vorstellung sittlicher Gesetze, d. h. nach Prinzipien (Grundsätzen) der praktischen Vernunft zu handeln. Der gute Wille ist von der Pflicht (innere Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung vor dem Gesetz) bestimmt.

Die Bestimmung des reinen Willens muß gesetzesförmig sein, unabhängig von äußeren oder inhaltlichen, auf Neigungen beruhenden Beweggründen. Für die Form der Gesetzlichkeit stellt Kant den kategorischen Imperativ als Regel des unbedingten Sollens auf. Das Gute beim guten Willen besteht darin, sich nach ihm zu richten und daher den Maximen zu folgen, die als Teil einer allgemeinen Gesetzgebung gewollt werden können.

Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft A 48 – 49: „Wenn ein vernünftiges Wesen sich seine Maximen als praktische allgemeine Gesetze denken soll, so kann es sich dieselben nur als solche Prinzipien denken, die nicht der Materie, sondern bloß der Form nach, den Bestimmungsgrund des Willens enthalten.

Die Materie eines praktischen Prinzips ist der Gegenstand des Willens. Dieser ist entweder der Bestimmungsgrund des letzteren, oder nicht. Ist er der Bestimmungsgrund desselben, so würde die Regel des Willens einer empirischen Bedingung (dem Verhältnisse der bestimmenden Vorstellung zum Gefühle der Lust und Unlust) unterworfen, folglich kein praktisches Gesetz sein. Nun bleibt von einem Gesetze, wenn man alle Materie, d.i. jeden Gegenstand des Willens (als Bestimmungsgrund) davon absondert, nichts übrig, als die bloße Form einer allgemeinen Gesetzgebung. Also kann ein vernünftiges Wesen sich seine subjektiv-praktischen Prinzipien, d.i. Maximen, entweder gar nicht zugleich als allgemeine Gesetze denken, oder es muß annehmen, daß die bloße Form derselben, nach der jene sich zur allgemeinen Gesetzgebung schicken, sie für sich allein zum praktischen Gesetze mache.“

Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft A 58 - 59: „Die Autonomie des Willens ist das alleinige Prinzip aller moralischen Gesetze und der ihnen gemäßen Pflichten: Alle Heteronomie der Willkür gründet dagegen nicht allein gar keine Verbindlichkeit, sondern ist vielmehr dem Prinzip derselben und der Sittlichkeit des Willens entgegen. In der Unabhängigkeit nämlich von aller Materie des Gesetzes (nämlich einem begehrten Objekte) und zugleich doch Bestimmung der Willkür durch die bloße allgemeine gesetzgebende Form, deren eine Maxime fähig sein muß, besteht das alleinige Prinzip der Sittlichkeit. Jene Unabhängigkeit aber ist Freiheit im negativen, diese Verstande. Also drückt das moralische Gesetz nichts anders aus, als die Autonomie der reinen praktischen Vernunft, d.i. der Freiheit, und diese ist selbst die formale Bedingung aller Maximen, unter der sie allein mit dem obersten praktischen Gesetze zusammenstimmen können. Wenn daher die Materie des Wollens, welche nichts anders, als das Objekt einer Begierde sein kann, die mit dem Gesetz verbunden wird, in das praktische Gesetz als Bedingung der Möglichkeit desselben hineinkommt, so wird daraus Heteronomie der Willkür, nämlich Abhängigkeit vom Naturgesetze, irgend einem Antriebe oder Neigung zu folgen, und der Wille gibt sich nicht selbst das Gesetz, sondern nur die Vorschrift zur vernünftigen Befolgung pathologischer Gesetze; die Maxime aber, die auf solche Weise niemals die allgemein-gesetzgebende Form in sich enthalten kann, stiftet auf diese Weise nicht allein keine Verbindlichkeit, sondern ist selbst dem Prinzip einer reinen praktischen Vernunft, hiermit also auch der sittlichen Gesinnung entgegen, wenn gleich die Handlung, die daraus entspringt, gesetzmäßig sein sollte.“

An bestimmten Textstellen von Kant selbst ist sein Standpunkt, was am guten Willen das Gute ist, zu finden. Zusätzlich könen Erklärungen in Büchren das Nachvollziehen der Gedanken unterstützen, z. B.:

Georg Römpp, Kant leicht gemacht : eine Einführung in seine Philosophie. 2., verbesserte Auflage. Köln ; Weimar ; Wien : Böhlau, 2007 (UTB : Philosophie ; 2707 utb.de-Bibliothek : Bachelor), S. 129 - 143

Krokus87 
Fragesteller
 12.03.2011, 14:06

Ich danke ihnen sehr!

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Albrecht  13.03.2011, 20:46

Wichtige Darlegungen (daraus auch die Zitate) stehen bei:

Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785. 2. Auflage 1786), Erster Abschnitt. Übergang von der gemeinen sittlichen Vernunfterkenntnis zur philosophischen

Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft (1788). Erster Teil. Elementarlehre der reinen praktischen Vernunft. Erstes Buch. Die Analytik der reinen praktischen Vernunft. Erstes Hauptstück. Von den Grundsätzen der reinen praktischen Vernunft.

§ 4. Lehrsatz III

§ 8. Lehrsatz IV

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Krokus87 
Fragesteller
 13.03.2011, 20:58
@Albrecht

Das haben Sie also selber formuliert?

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Albrecht  13.03.2011, 21:16
@Krokus87

ja, was keine Zitate sind, habe ich selbst formuliert, auf der Grundlage der Kant-Texte.

Für die Erklärung habe ich auch die Deutung im angegebenen Textabschnitt eines Buches (das genante von Römpp) durchgelesen.

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Der gute Wille

Nach Kant gibt es nur ein Kriterium welches eine moralische Handlung gut heißt, den guten Willen. Für die Beurteilung einer Tat aus moralischer Sicht ist es unwichtig, ob die Tat mit Mut, Entschlossenheit, aus reiflicher Überlegung oder aus anderen hehren Gründen erfolgte. Mit diesen Tugenden könnte man ja auch moralisch bedenklich Taten ausführen, z.B. Mord oder Raub!

„Der gute Wille ist allein durch das Wollen gut.“

Es zählt auch nicht der Zweck und das Ziel, das durch die Tat erreicht wird, nur der gute Wille. Ein bis dahin noch nicht gewesener Bruch mit der bisher geltenden Moraltheorie ist hier schon zu erkennen.

Aus: http://www.neuemoral.de

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ww.neuemoral.de/wwwneuemoralde/Philosophen/Immanuelkant/KantundMoral/kantund_moral.html

Jetzt ist der Begriff "Pflicht", wie Kant ihn verwendet, heute nicht mehr so einfach zu verstehen. Heute haftet dem Begriff etwas Zwanghaftes an, etwas von außen aufgepresstes. Das ist bei Kant nicht gemeint. Für Kant die Pflicht eher das freiwillige "Sich-selbst-in-die-Pflicht-nehmen" aus vernünftiger Einsicht in die Notwendigkeit. Dann wird auch der Bezug zur Freiheit, zur Vernunft und zum kategorischen Imperativ klar.

Krokus87 
Fragesteller
 11.03.2011, 23:48

Vielen Dank!

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