Was ist die Besonderheit der Architektur in der Romantik?

3 Antworten

So, wie die Kunsthistoriker des 19. Jahrhundert die Architekturgeschichte auf Grund eines Formvokabulars in einen Gänsemarsch der Stile fassten und dann debatierten: ist es noch romanisch oder ist es schon frühgotisch? - so, hörte das mit der Architektur des 19. Jahrunderts auf zu klappen. Solche Begriffe wie: romanisch, gotisch oder barock haben nur einen chronologisch-stilistisch-ordnenden Charakter und erklären zuesrt nichts. Diese Zuordnungsweise funktioniert nicht bei dem Versuch die Frage zu beantworten: ist es klassisch oder romantisch?, da dieses nicht auf Grund der stilistisch-formalen Formsprache der traditionellen Kunstgeschichte als Stilgeschichte zu beantworten ist. Nun haben wir ein Problem! Eine Kunstgeschichte, die unterscheiden will ob ein Architekturwerk der romantischen oder der klassischen Architektur zuzuordnen ist, muss eher struktur- analytisch vorgehen, wobei - wie ärgerlich! - muss sie die Grenzen des materiellen Kunstwerk verlassen und sehr breit kontekstuell vorgehen. Die Sprache der romantischen Bauwerke ist nicht aus der Zuordnung zu bestimmten Stilen zu erkennen, sondern daraus wie diese "Stilelemente"- als "Worte" und "Sätze" innerhalb einer neuen - eben romantischen - "Gramatik" gesprochen werden. U.a., wie die aus der vergangenen Architektur entnommene "Worte" romantisch übersetzt werden und romantisch neu gesprochen werden. Für die Löseung des Problems ist es hilfreich die früehen Texte von K.F. Schinkel, aber auch die Poetik von F. Schlegel zu studieren (sein Begriff: Potenzierung!). Die Architektur des 19. Jahrhunderts ist im Prinzip die Niederlage der Architekturgeschichte des 19. Jahrhunderts. Sie hat es geschafft, Modelle für die Interpertation der Architektur der Vergangenheit zu liefern (eine abstrakte versteht sich), aber die Werke des 19. Jahrhunderts) konnte sie mit ihrem wissenschaftlichen Paradigmata nicht mehr interpretieren. Deshalb erkannte sie ihnen jeglichen künstlerischen Wert ab und bezeichnete sie(fast bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts) als unkünstlerische und unschöpferische Stil-Nachahmung. Sie konnte es nicht verstehen, wie kann etwas Kunst(Architektur) sein kann, wenn es sich nicht durch einen neuen "Stil" äußert. Aus ähnlichen Gründen hat die heutige Kunstkritik auch Probleme mit einer Kunst, die nicht par tout "innovativ" (avangardistisch) ist. Nun da ändert sich aber schon einiges. Somit kann man ganz allgemein sagen, dass die romantische Architektur eine Architektur des 19. Jahrhunderts ist, die über die Grenzen der Paradigmen der wissenschaftlichen Architekturgeschichte hinausgeht. Ich weiss, dass man am auf die oben gestellte Frage am liebsten eine eindeutige Antwort im Sinne der Stilkunde (im Sinne: Schlüssel zu Bezeichnung der Vielfalt der Pflanzen)hätte. Nun es geht in diesem Fall nicht.

Meinst Du wirklich die spezifische Architektur der Romantik oder der Epoche der Romanik?

Wenn es sich wirklich um die Romantik handeln sollte, da gibt es zur Klassik riesige Unterschiede: während der Klassik orientierte man sich an der Bauweise in der Antike, besonders der griechischen Antike; man bevorzugte harmonisch wirkende Gebäude mit symmetrischer Anordnung von Türen und Fenstern zur Mitte hin. Säulenportale waren beliebt. Die Gebäude sollten dem Auge Ruhe bieten und ausgewogen wirken. In der Romantik wurden dann die verrücktesten Sachen gebaut, Schlösser, die so aussahen, wie die Leute sich eine mittelalterliche Burg vorstellten, mit jeder Menge Türmchen, Erkern, Mansarden und Zinnen; harmonisch geordnet sollten die Gebäude nicht mehr wirken, sondern auffällig; sie sollten etwas Besonderes, unverwechselbar Individuelles haben. Typische Beispiele sind dafür die Schlösser Ludwigs II von Bayern (Neuschwanstein ist besonders wildromantisch).

Abgerundete Fenster,- und Tür/Tor-Bögen sind glaub ich das auffälligste Merkmal der Romantik