Was ist der erkenntnistheoretische Unterschied zwischen Empirismus (Hobbes, Locke, Hume) und Materialismus?

3 Antworten

Hallo.


Empirismus

Philosophiegeschichtliche Hintergründe:

Der neuzeitliche britische Empirismus (Hobbes Locke, Hume) war eine Antwort auf die skeptische Krise in der Philosophie und den entstehen Naturwissenschaften jener Zeit. Nachdem in der frühen Neuzeit Weltbilder und sicher geglaubte Wahrheiten zerbrachen, fragte man sich, wie man denn sichere Erkenntnis erlangen könne. Während einige kontinentaleuropäische Philosophen, wie Descartes in Frankreich oder Leibniz in Deutschland ein rationalistisches Programm fuhren und meinten sichere Erkenntnis könne man allein durch die Vernunft erlangen, da die Sinne den Menschen täuschen würden, setzten einige Briten eben auf das andere Pferd: Sinnliche Wahrnehmung. Der Empirismus entstand jedenfalls aus erkenntnistheoretischem Interesse.


Erkenntnistheoretische Grundannahmen:

Die britischen Empiristen waren zugleich Sensualisten. Nur was auf Erfahrung basiert, kann aus empiristischer Sicht als Wissen gelten. Hobbes trieb die These im Leviathan in der Aussage auf die Spitze, dass der Mensch nichts denken könne, was nicht zuvor als ganzes oder in seinen Teilen in der sinnlichen Erkenntnis gewesen sei. Daraus folgt, dass nur diejenigen Dinge, Gegenstände wissenschaftlicher Erkenntnis werden können, welche sinnlich wahrnehmbar sind. Eine Erkenntnis a priori kann es nicht geben.


Konsequenzen:

Eine rationale Theologie, wie z.B. bei Leibniz, ist nach empiristischer Auffassung sinnlos, weil sie eben rein rational wäre und nicht auf sinnlicher Erfahrung basiert (Gott ist ja nicht sinnlich wahrnehmbar).
Auch ein a priori geltendes Moralgesetz und kategorische Imperative, wie z.B. bei Kant, kann es nach empiristischer Auffassung nicht geben. In der Ethik favorisierten die Empiristen daher pragmatistische Ansätze (gut ist, was nützlich ist).
Der Empirismus handelte sich damit auch ein paar Probleme ein. z.B. muss man als Empirist erst mal eine Rechtfertigung für den Gebrauch der Mathematik finden. Zahlen und mathematische Axiome sind ja nicht sinnlich wahrnehmbar, sondern ideale Größen. Aber ohne Mathematik lässt sich keine Naturwissenschaft betreiben. Vereinfacht gesagt stellten sich die Empiristen das so vor: Durch die Jahrtausende der Kulturgeschichte hindurch haben die Menschen bestimmte sinnliche Erfahrungen gemacht und versucht die Welt zu gestalten. Dabei wurde Erfahrungswissen von einer Generation an die nächste Vererbt. Es hat sich einfach praktisch als nützlicher erwiesen, an zu nehmen, dass 1+1 2 ist, als etwas anderes anzunehmen. Daher basiere auch letztlich die Mathematik auf Erfahrung und dürfe darum legitimerweise benutzt werden, um sinnliche Wahrnehmungen in den Naturwissenschaften zu systematisieren.

Ich bin jetzt nur auf den neuzeitlichen britischen Empirismus eingegangen, da es mir so schien, dass dieser in der Frage gemeint sei.


Materialismus

Im Gegensatz zum Empirismus ist der Materialismus nicht in erster Linie eine Erkenntnistheorie. Obwohl Materialisten (neben Empiristen) in der neueren Philosophiegeschichte die schärfsten Metaphysik-Kritiker sind, ist der Materialismus letztlich eine ontologische Position. Materialisten glauben, dass nur der Materie wirkliches Sein zukommt. Was nicht materiell ist, ist nicht real.


Materialismus und Empirismus

Im Gegensatz zum Empirismus gibt es den Materialismus jedoch nicht erst seit der Neuzeit (naja vielleicht war Epikur ein Stück weit Empirist, aber lassen wir das). Schon in der Antike wurden materialistische Positionen vertreten z.B. von Demokrit. Demokrit glaubte, dass alles Sein letztlich aus kleinen Atomen besteht. Demokrit war damit Materialist. Er glaubte schließlich dass die letzten Prinzipien allen Seins materiell sein - im Gegensatz zu Platon z.B., welcher glaubte, dass letztlich nur den immateriellen Ideen Sein im eigentlichen Sinn zukäme. Dennoch war die Atomtheorie Demokrits seiner Zeit reine Metaphysik und aus empiristischer Sicht keine Erkenntnis. Atome konnte man zur Zeit Demokrits schließlich nicht sinnlich wahrnehmen. Auch heute ist dies nicht unmittelbar möglich, sondern es braucht aufwendige Experimente und komplizierte Hilfsmittel um sich der Existenz der Atome zu versichern.

So wie Demokrit zwar Materialist, aber kein Empirist war, so war Hume zwar Empirist, aber kein Materialist...

Faktisch gehen in der neueren Philosophiegeschichte Materialismus (als
ontologische Position) und Empirismus (als erkenntnistheoretische
Position) häufig dennoch miteinander einher. Wenn man nur materielle Dinge erkennen kann, weil alles andere ohnehin nicht real ist, dann bleiben einem zum Erkenntnisgewinn eben nur empirische Verfahren übrig. Ein empiristisches Erkenntnisideal ergibt sich aus dem Materialismus.


Konsequenzen:

Auch die Theologie hat im Materialismus schlechte Karten - klar, denn Gott ist nicht Materie. Auch folgt in der Philosophie des Geistes aus einer materialistischen Position, dass man Geist und Bewusstsein als Emanationen aus materiellen Realitäten (z.B. Gehirnfunktionen) ansehen muss. Viele Deutungen der Neurowissenschaft (nicht alle) sind materialistisch und sprechen letztlich der Wahrnehmung ihre Realität ab (weil nur die Gehirnfunktionen, welche die Wahrnehmung ermöglichen real sind) und unterwandern dabei das empiristische Erkenntnisideal, zumindest in der Form, wie es von den oben genannten britischen Gentlemen vertreten wurde.

Ich würde mal sagen, dass sich keine einheitliche materialistische Ethik ausmachen lässt. Einige Materialisten der Aufklärung hatten ganz andere Vorstellungen, als z.B. der dialektische Materialismus, welcher in den ehemaligen Ostblockstaaten lange Zeit Staatsideologie war...

Abgesehen davon, dass beide Schubladen sehr grobschlächtig sind und es darauf ankommt, wer sie definiert, ist der Materialismus eher eine Teilmenge des Empirismus. Epikur wie auch Hume kann man sicher dem Empirismus im weitesten Sinne zuordnen. Beide waren aber keine erklärten Materialisten. Auch Kant ist in seiner Erkenntnistheorie eher der Empirie zugeneigt, ihn als Materialisten zu bezeichnen, würde die Idealisten auf die Palme bringen, die ihn auch gern für ihr Lager in Beschlag nehmen.

empirie bedeutet erfahrung. ich vertraue auf das was ich erlebe. materialismus heisst die welt besteht aus atomen etc.  also alles was man mit den sinnen erfahren kann. beides dasselbe andere begriff