Was bedeutet dieses Zitat von Wilhelm Busch?

3 Antworten

Damit ist gemeint, dass es dem Menschen noch nicht gelungen ist zu beweisen, dass er einen freien Willen habe. Religiöse Fundamentalisten verschiedenster Richtungen versuchen glauben zu machen, der Mensch sei Werkzeug Gottes, und habe somit keinen freien Willen. Aber auch nicht religiös begründete Argumente - sei es von Agnostikern, Esoterikern o.a. - beschäftigen sich mit der Frage, ob wir in einer Matrix leben und Spielball höherer Mächte sind.

Auf Grund solcher Überlegungen hat W. Busch die Forderung formuliert, dass das Unwissen über die Existenz des freien Willen nicht zu Verantwortungslosigkeit führen darf. Denn wenn wir in unsere Gesetzgebung einbringen würde, dass der Mensch gar keinen freien Willen hat, so wäre der Willkür, der Verantwortungslosigkeit, ja der totalen Anarchie Tür und Tor geöffnet und es könnte keine gesellschaftliche Ordnung mehr hergestellt werden.

Slavatar  22.01.2017, 14:20

Das ist mMn ein großer Fehlschluss, den du da an Ende formuliert hast.
Wenn man davon ausgeht, dass es keinen freien Willen gibt, dann würde man nur zu Willkür verleitet werden, wenn man annimmt man selber wäre fremdgesteuert und der Rest nicht! Was für ein egozentrischer Blödsinn. Wenn es keinen freien Willen gibt, dann sind auch die Verurteiler  (z. B. Richter) unfrei in der Entscheidung, wie die Strafe ausfällt. Damit annulliert sich das prophezeite Willkürszenario und alle Werte und Normen bleiben wie sie sind.
Das hat damit zu tun, dass die 'Freiheit' eines Willen einfach keine sinnvolle Kategorie darstellt.

Moderne Ansichten (ganz weit weg von religiösen Erklärungen) sprechen dem Willen die Freiheit aus psychologischen Gründen ab. Wenn in den ersten 4 Jahren die Grundpfeiler der Identität aufgestellt wurde und die ganze Vorgeschichte (samt Gene) nicht nur ein Teil des Willens sondern den Willen selbst formen, dann spielen die Begriffe 'Freiheit' oder 'Zufall' keine Rolle.

Ob man die Handlung frei oder zugfällig postuliert, so wird sich die Konsequenz daraus nicht ändern, da man beide Instanzen mit dem selben Quatsch beladet.

Wenn er sich 'gottgesteuert' in die Luft jagt, dann werden wir eben 'gottgesteuert' seine Anhänger festnehmen. Wie du siehst ist dieses Argument der Fundis eben keins. Die Konsequenz ergibt sich aus unseren Handlungsoptionen, welche unser Sein, die Individualität, uns vorgibt.

Neuste Neuroforschung unterstreicht diese Erkenntnis. Bei ideologischen Philosophen braucht es eben etwas länger, den Wissensstand zu updaten. ;-)

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Ahzmandius  05.02.2017, 12:42
@Slavatar

Der Fehlschluss liegt mMn bei dir.

Unser Rechtssystem, insbesondere das Strafrecht geht von einem sehr wichtigen Prinzip bezüglich Strafbarkeit aus:

"Jede Straftat muss vorsätzlich begangen sein, außer man kann die Straftat auch fahrlässig begehen."

Haben wir jedoch alle keinen Freien Willen, so ist der Vorsatz nie erfüllt und dann stellt sich die Frage wie soll man jemanden bestrafen, wenn er das, was er tat, tun musste?

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Ich will nicht bestreiten, dass Wilhelm Busch ein philosophisch gebildeter Mensch war. Die in diesem Satz enthaltene Aussage hat allerdings auch Kant schon formuliert. Freilich, wer liest schon Kant ? Nun gut...

"Vor der Vernunft" heißt nicht "zeitlich vorher", sondern in ihrem Angesicht, ihr gegenüber. Kurz, es lässt sich nicht vernünftig begründen. Der Mensch spürt es und vermeint es. Allerdings tut er es ja keineswegs immer. Er identifiziert sich mit seinem Bewusstsein und seiner Vernunft, meint zuweilen sogar, diese sei Träger eines "freien" Willens - in seiner Grundlegung zur Metaphysik der Sitten tut Kant das auch.

Tatsächlich aber wird der Mensch weitgehend gesteuert durch sein Unterbewusstsein und ist daher gar nicht imstande, tatsächlich das zu wollen, was er eigentlich wollen sollte, weil seine Vernunft es fordert. Hier von einem "Mangel an gutem Willen" zu sprechen, ist zwar objektiv zutreffend, kann aber nicht zu Recht zu einer moralischen Verurteilung führen, denn wo kein Können ist, ist auch keine Verantwortung.

Die ist übrigens ein Grundsatz bereits des Römischen Rechtes. Sowohl Recht als auch Moral haben also zwar die Freiheit des Willens zur Grundvoraussetzung, aber wie diese haben eben auch jene ihre (oft ziemlich engen) Grenzen.

Im Prinzip ganz einfach:

Der Freie Wille lässt sich durch die Vernunft nicht beweisen, aber man sollte davon ausgehen, dass es den freien Willen gibt, sonst könnte man ja einfach immer behaupten "ist nicht meine Schuld, ich habe ja keinen freien Willen".