Warum verwendet man im Schlager heute fast ausschließlich Synthesizer?
Ich mag alte Schlager sehr gerne. Mit neuen Schlagern kann ich kaum etwas anfangen. Das liegt vorallem daran, dass im heutigen Schlager fast ausschließlich mit Synthesizern gearbeitet wird. Es gibt da diesen typischen Synthesizer-Schlager-Party-Beat. Vielleicht habt ihr ihn ja sogar im Ohr. Geprägt wurde dieser Sound maßgeblich von Dieter Bohlen.
Ich würde es schön finden, wenn man wieder etwas zurück zur Natürlichkeit finden würde und auch wieder mal mehr natürliche Instrumente verwenden würde.
Ich persönlich finde, dass diese Synthesizer immer richtig billig klingen. Es gibt im Internet Aufnahmen, wo die Schlagerstars unplugged, also ohne technische Effekte, singen. Und da kann ich mir das tatsächlich mal anhören und finde es schön.
Oder Coverversionen von Schlagern, die jemand zu Hause am Klavier oder an der Gitarre spielt, die finde ich sehr schön.
Aber im Fernsehen und Radio ist ja immer alles zugepackt mit Synthesizern und "Party-Beat".
Aber warum ist das so? Warum ist da nichtmal ein Sänger, der ohne Synthesizer auskommt?
PS. Ich hab ja auch nichts gegen Synthesizer. Aber sie sollten doch nicht als kompletter Orchester-Ersatz gelten.
3 Antworten
Das ist ganz einfach: mit dieser Art aufzunehmen hast Du viel weniger Arbeit als eine Band mit Schlagzeug, Bass, Gitarren, Klavier oder Bläser mit den instrumentenspezifischen Anforderungen zu mikrophonieren und abzumischen. So kann der Produzent, sofern er selbst Keyboards spielen kann, praktisch alles alleine aufnehmen ohne andere Musiker bezahlen zu müssen. Und Schlagzeug etc. kann über Soundbibliotheken einfach per Baukasten dazukommen. Das ist aber gleichzeitig auch der Grund, warum alles so steril und synthetisch klingt, da fehlt der "human-factor".
Was den Beat angeht: den 1 2 3 4 Mitklatschbeat kann ein Schlagzeuger im ersten Lehrjahr spielen und ich denke, das ist zielgruppenbezogen. Das Partyvolk will keine komplexen Rythmen oder Arrangements sondern einfache Mitklatsch-Rythmen und Mitsingrefrains oder Passagen, die man auch mit 2 Promille noch hinbekommt.
So sehe ich das. Gruss
Synthesizer sind nun mal günstiger. In Deutschland wird kulturell seitens des Staates nicht viel in Musik investiert. In Schweden sieht das z.B. gaaanz anders aus... Schade eigentlich...
Das war nicht Dieter Bohlen allein - das war nur ein Trittbrettfahrer auf einer Welle, die in München Produzenten und Arrangeure wie Harold Faltermeyer, Jack White, Uve Schikora, Jürgen Koppers oder Kristian Schultze angetreten hatten ("White Records").
Ich denke, das ist mit dem Zeitgeist zu begründen. Anfang der 80er war der klassische Schlagerfestspiel-Sound mit Orchester (Peter Thomas, Jo Plée, Kai Warner usw.) verpönt und altmodisch - Synthesizer waren der letzte Schrei. Das wollte der Markt haben, das war "in", das musste gebracht werden und alles andere wirkte fortan altmodisch. Es gab seither in der Popularmusik, zu der auch Schlager zu zählen ist, kein Zurück mehr zu akustischen Arrangements außer vielleicht bei Tribute-/Unplugged-Alben wie etwa Howard Carpendales Reihe mit den Royal-Philharmonikern...
https://www.youtube.com/watch?v=FlTCIGunTvI
...und es muss halt auch Kohle verdient werden und das wird über den Massengeschmack erreicht. Das geht nicht über extem anspruchsvolle und sehr gute, aber sehr teure Produktionen fernab des Mainstreams, der beim Schlager sehr einfache Lieder, eingängige Texte, Mitklatsch-Rhythmen und die typischen Effekte haben will - und ich denke, dass Howard Carpendale z.B. schon so viel Geld eingefahren hat für die Plattenfirma, dass sie da mal eher ein Auge zudrücken.
Zudem ist Schlager seit jeher typische Stimmungsmusik. Es gibt aber auch hochwertige und ruhige Produktionen. Diese werden von der Öffentlichkeit nur kaum zur Kenntnis genommen.