Warum sagen viele Behinderte, das Problem sei nicht ihre Behinderung, sondern wie ihre Mitmenschen damit umgehen?

11 Antworten

Ich bin Autist und klar werde ich dadurch immer Probleme haben, allerdings werden diese durch meine Mitmenschen noch deutlich gesteigert.

Z.b in Vereinen wo ich bin und anerkannt werde, fühle ich mich wohl und wenig "anders".

Allerdings gibt es auch oft Situationen wo meine Mitmenschen es mir unnötig schwer machen.

Z.b

In der Schule war es mir zu stressig und ich habe am Taschenrechner gespielt. Meine Lehrerin meinte dann spöttisch: "ich wäre vielleicht auf einer Sonderschule besser aufgehoben".

Oder werde ich oft mit blöden Blicken angeschaut, weil ich auf den Boden schaue. Dadurch fühle ich mich in der Öffentlichkeit zusätzlich unwohl.

Oder als es mir zu viel wurde und ich mich wie 5 Jahre verhalten habe, wurde mir von niemandem geholfen, sondern es wurde weiter angestachelt, damit sie ein besseres Video machen können wo sie in Sozialen Medien teilen.

Weil man mit den meisten Behinderungen problemlos leben könnte, würden es die Umstände ermöglichen. Ein Rollstuhlfahrer zB hat im ÖNPV nicht das Problem, das es keine Rampen bei den Bussen gibt, sondern dass manchmal niemand die Rampen aufklappt.

Weil es oft der Wahrheit entspricht.

Ein Blinder hätte kein Problem, wenn die Welt nicht für Menschen ausgelegt wäre, die sehen können. Stell dir vor, als blinde Person möchte man einen Kumpel besuchen, der kürzlich umgezogen ist. Find mal den Weg zu einer Wohnung, ohne an der Straße zu wissen, ob da ein Zebrastreifen ist oder nicht; ohne die Klingelschilder lesen zu können. Du meinst, Google Maps hilft beim Weg finden? Bedien mal Google maps, ohne sehen zu können.
Wenn jeder Mensch auf der Welt blind wäre, oder Sehende eine kleine Minderheit wären, dann würde die Welt trotzdem funktionieren. Es wäre vieles anders, aber es wäre funktional.

Oder, stell dir mal vor, jeder Mensch auf der Welt hätte eine Behinderung, die mit chronischen Schmerzen einhergeht.
Wer dann früher von der Arbeit heim muss oder ausfällt, weil man zurzeit schlimmere Schmerzen hat, das wäre einfach akzeptiert und okay. In unserer Welt wird man dafür als faul und Ausreden-suchend beschimpft.

Würden bei Prothesen für Menschen mit Amputationen mehr als nur eine einzige Billo-Prothese übernommen (Keine Zweit-Prothese für Sport oder als Ersatz usw), wenn alle Mitglieder des Bundestags welche tragen müssten?

Darum. Weil das Problem nicht (unbedingt) die Behinderung ist, sondern das Umfeld.

Im Zeitalter der Selbstoptimierung mit perfekt durchgestylten jugendlichen Körpern wirkt die Gegenwart von Menschen mit Behinderung auf viele "störend".


Rollo489  16.03.2024, 07:49

Nein, so ist es eben nicht. Darum geht es auch überhaupt nicht.

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Rollo489  16.03.2024, 07:56
@DontTuchMe663

Dass sich manche Menschen nicht angemessen im Umgang mit Behinderten verhalten. Glaubst du ernsthaft einen Behinderten juckt es pauschal was irgendein Jugendlicher aus seinem Leben macht?…

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cybersenior  17.03.2024, 20:22

Es sind leider keine Einzelfälle, dass sich Gäste beim Anblick von behinderten Menschen in einem Lokal beeinträchtigt fühlen und sich beim Wirt beschweren...

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Weil es so ist. Viele gehen distanzlos und herablassend mit Menschen mit Behinderung um. Die Behinderung wird in den Mittelpunkt gestellt, statt der Mensch. Eltern von Kindern mit Behinderung werden ausgegrenzt. Vorurteile werden wie selbstverständlich behandelt. Unangemessene Fragen werden gestellt. Es wird über den Menschen mit Behinderung gesprochen, obwohl er nebendran steht. Rechte werden ihnen indirekt abgesprochen (z.B. ein Kind zu bekommen). Gebäude und Wege werden so gebaut, dass Menschen im Rollstuhl nicht weiter kommen.
Die Behinderung erfolgt durch die Gesellschaft.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – 25 Jahre Arbeit mit Kindern und Menschen mit Behinderung.