Warum finden manche Kapitalismus schlimm?

6 Antworten

Kapitalismus bedeutet für den absoluten Großteil der Menschheit Ausbeutung, Armut, Fremdbestimmung, monotone Arbeitsabläufe und ständige Abstiegs- und Existenzängste.

Die Idee von Vertragsfreiheit, die du hier nennst, setzt voraus, dass Verträge wirklich freiwillig geschlossen werden und sie auf einem transparenten Markt stattfinden, d.h. dass alle Parteien über alle nötigen Informationen verfügen. Abseits von der Märchenwelt in den Köpfen von Liberalen ist beides aber so gut wie nie der Fall. Ein Arbeitsvertrag beispielsweise ist kein Vertrag unter Gleichgestellten, denn für den Arbeitgeber geht es ledigich um den Kauf von Arbeitskraft, für den Arbeitnehmer um seine Existenzsicherung. So einen Vertrag, der unter wirtschatlichem Zwang geschlossen wird, kann man nicht als tatsächlich freiwillig bezeichnen.

Das Privateigentum, das du hier als zweites Merkmal nennst, ist die Grundlage für wirtschaftliche Ausbeutung und Zunahme der Ungleichheit. Die Produktionsmittel, also z.B. Grund und Boden, Fabriken und Maschinen, gehören einer Minderheit von Kapitalisten, während die Mehrheit der Menschheit lediglich ihre Arbeitskraft auf dem Markt anbieten kann und von dem Lohn lebt, der ihnen dafür bezahlt wird. Die Lohnabhängigen nutzen also die Produktionsmittel ihres Chefs, um Mehrwert zu erzeugen. Diesen Mehrwert streicht aber der Chef als Profit ein, während die Lohnabhängigen keinen Einfluss darauf haben, was wo und wie produziert wird und wohin der Mehrwert fließt. Es ist also gerade nicht der Fall, dass Leistung oder harte Arbeit belohnt wird, sondern die Aneignung und Ausbeutung von fremder Arbeitskraft. Wer arm und deshalb lohnabhängig ist, hat kaum eine Chance, selbst zu Reichtum zu gelangen, wer hingegen schon reich ist, wird durch ein paar Investitionen sehr leicht noch reicher.

Der Kapitalismus hat noch weitere Wesensmerkmale neben den beiden, die du hier genannt hast. Zentral ist z.B. auch das Streben nach Profit. Produkte werden nicht erzeugt, um menschliche Bedürfnisse zu befriedigen, sondern um sie als Waren zu verkaufen. Deshalb erzeugen die Hersteller durch Werbung, geplante Oboleszenz oder Trends immer neue künstliche Bedürfnisse und damit neue Märkte. Gleichzeitig werden notwendige Güter nicht hergestellt, wenn kein Marktanreiz dafür besteht.

Man braucht sich nur mal vorstellen, wie die Feuerwehr als privater Dienstleister funktionieren würde, der nur die brennenden Häuser löscht, deren Bewohner vorher ein Abo abgeschlossen haben. Die gleiche Logik führt dazu, dass Häuser leerstehen, weil sie nicht profitabel vermietet werden können, und direkt daneben Obdachlose auf der Straße schlafen müssen. Das ist auch der Grund, warum der Kapitalismus unfähig ist, mit Ereignissen wie dem Klimawandel oder der Coronapandemie umzugehen.

Ein Unternehmen befindet sich außerdem in ständiger Konkurrenz mit den anderen Marktteilnehmern, woraus der Zwang zum ständigen Wachstum entsteht. Wer zu langsam wächst, wird aus dem Markt gedrängt und von den erfolgreicheren Konkurrenten aufgekauft. Damit entstehen aus der Konkurrenz zwangsläufig Monopole, die ganze Branchen kontrollieren und den Konsumenten deshalb hohe Preise und schlechte Qualität nach ihrem Belieben aufdrücken können. Durch den Zwang nach Wachstum sickert der Kapitalismus auch in immer intimere Lebensbereiche ein und führt zur Ausschlachtung der letzten unberührten Gebiete, wie dem Amazonas-Regenwald.

Der Wachstumszwang führt auch zu zyklischen Krisen, wenn das Angebot schneller wächst als die Nachfrage. Dann verfallen die Preise, die Profite gehen zurück, Arbeiter werden massenhaft entlassen und können sich ihren Konsum nicht mehr finanzieren. Das führt zu der absurden Situation, dass weniger Produkte konsumiert werden, weil zu viel Produkte hergestellt wurden. Sowohl Arbeitslosigkeit als auch Überproduktionskrisen sind Erscheinungen des Kapitalismus, die es in früheren, auf Subsistenz basierenden Gesellschaftsformen einfach nicht gegeben hat.

Der Staat hat die Hautpaufgabe, kapitalistisches Wirtschaften zu ermöglichen. Eine demokratische Repräsentation der Interessen der Bevölkerungsmehrheit ist darum im Kapitalismus nicht möglich. Der Staat verteidigt in erster Linie das Eigentum der Kapitalisten nach innen und setzt ihre Interessen nach Rohstoffen, billigen Arbeitskräften und Absatzmärkten nach außen durch. Ein kapitalistischer Staat wird darum immer auf die Schaffung von kolonialen Abhängigkeiten abzielen und in Krieg geraten mit anderen Staaten, die das gleiche wollen.

Die Überausbeutung von bestimmten Gruppen ist eine gute Möglichkeit, Profite noch weiter zu steigern. Dazu gehört einerseits die unbezahlte Haus- und Sorgearbeit, die vor allem von Frauen bereitgestellt wird, die Drängung von migrantischen Arbeitskräften in den Niedriglohnsektor und auch die Sklavenarbeit in der Frühzeit des Kapitalismus und z.B. während des zweiten Weltkriegs. Sexistische und rassistische Vorurteile dienen dazu, diese Überausbeutung zu legitimieren und die Klasse der Lohnabhängigen zu spalten.

Miniaturwelt  19.04.2023, 12:13

Es ist erstaunlich.... Je länger ein Kommentar wird, desto weniger Zustimmung findet er. Das spricht nicht wirklich für die Aufmerksamkeitsspanne der jeweiligen Leser.

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Weil das für viele Leute ungerecht scheint. Alle die keine Leistung entsprechend erbringen können, bekommen dann auch nichts von den Gewinnen ab.
Auf der anderen Seite bekommen Leute, die sehr viel leisten können auch sehr viel ab. Dieses Mehrbekommen entwickelt sich dann im Laufe der Zeit immer weiter und sorgt so für eine sehr große Anhäufung von Gewinnen. Diese wieder eingesetzte Gewinne sorgen dann wiederum für noch mehr Gewinne und diese Leute werden sehr reich.

Dadurch wird aber die Umverteilung der Gewinne nur auf den Leistungsbezug gestört und auch Leute die dann viel leisten bekommen einen kleineren Teil der Gewinne ab, da die Gewinne sich nicht nur auf Leistung sondern auch auf Reichtum verteilt. Leider sind nämlich Gewinne begrenzt.
Es ist letztlich ein Elend und jeder hat ein bisschen Recht. Leider kann man dies auch nicht durch Besteuerung oder so ändern, da dies wieder durch die Reichen verhindert wird und ja auch letztlich den kapitalistischen Gedanken entgegensteht.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Vertragsfreiheit existiert und Privateigentum 

Erstens genau aus diesem Grund. So lange Privateigentum existiert und somit jemand mehr besitzen kann als ein anderer, wird es Menschen geben einen Anflung an Neid verspüren. Genau diese Gefühle weis der Kapitalismus zu erzeugen.

wenn sie keine Leistung erbringen auch keine Leistungen der Gesellschaft erhalten 

Zweitens aus einem ähnlichen Grund. Im Kapitalismus sind nicht alle Leistungen gleich viel wert, was wie ich finde auch gut so ist. Zum Beispiel ist finanziell und gesellschaftlich gesehen der Beruf des Anwalts anerkannter als der des Hilfsarbeiters. Das hat unter anderem mit Ausbildung, Schwere etc. zu tun. Nun ist es absolut falsch irgendjemandem wegen seiner Arbeit zu verurteilen, aber dennoch passiert es. So werden viele Gegner des Kapitalismus eventuell auch wegen ihrer Arbeit „diskriminiert“. Oder sie verdienen weniger und finden das unfair.

Im Grunde ist es wichtig einfach dankbar für das zu sein, was wir haben, dann kommt man auch ganz gut mit dem Kapitalismus klar ;)

Der Kapitalismus ist die schlechteste Wirtschafts und Gesellschaftsordnung, aber welche ist besser?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ich denke das vieles daher kommt, dass nicht alle Menschen die selben Voraussetzungen haben. Der eine wird Arm geboren und der andere Reich. Der eine hat so viel Geld und weiß nicht wohin damit und der nächste kann sich gerade so sein Essen leisten, wenn überhaupt. Das finden viele Ungerecht. Das Problem ist, das es kein perfektes System gibt. Dieses müsste auf der einen Seite die Leistung der Menschen abdecken aber auch die Gleichheit der Menschen.

Katze21839 
Fragesteller
 18.04.2023, 21:40

Unsinn

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socialchiller  18.04.2023, 21:41
@Katze21839

Schön, ich mag deine Argumente...Wie gewählt du dich doch ausdrücken kannst...welch einen großen Wortschatz du besitzt...

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Nordseefan  18.04.2023, 22:10
@Katze21839

nö er/ sie hat schon recht. Und es ist halt seine/ihre Meinung dazu. Und nach der hast du ja gefragt. Wenn du das anders siehst: schön und gut.

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Warum finden manche Kapitalismus schlimm?

Erziehung, mangelnde Bildung

Miniaturwelt  19.04.2023, 12:17

Komisch. Sind nicht die Akademikerkreise die Brut der größten Kapitalismuskritiker?

Wie passt das zusammen....

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kevin1905  19.04.2023, 13:07
@Miniaturwelt

Nur weil jemand Akademiker ist, ist er nicht zwingend auch gebildet in Finanz- und Volkswirtschaftsthemen.

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