Warum fand die Dolchstoßlegende viele Anhänger?

4 Antworten

Warum fand die Dolchstoßlegende viele Anhänger?

Weil damals viele Menschen nicht in der Lage waren, den Unwahrheitsgehalt dieser von Ludendorff und Hindenburg erfundenen und verbreiteten Dolchstoßlüge zu erkennen, aber auch, weil es für Menschen immer schwierig ist, Niederlagen einzugestehen, es ihnen dagegen leichter fällt, diese Niederlagen irgendwie schönzureden und die Schuld nicht bei sich, sondern bei anderen Menschen zu suchen.

MfG

Arnold

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich arbeite als Historiker.

Nun, weil Sie auf den ersten Blick natürlich auch einen gewissen Wahrheitsgehalt aufwies. Die Deutschen Truppen standen weit in feindlichem Gebiet. Keine einziger feindliche Macht hatte zum Zeitpunkt des Kriegsendes deutschen Boden besetzt. In dieser (augenscheinlich) günstigen Ausgangsposition einen Kapitulationsvertrag zu unterschreiben, wirkt natürlich wie ein Verrat.  Und tatsächlich war das Kaiserreich zu diesem Zeitpunkt militärisch immer noch auf Augenhöhe mit der Entente. Die Tatsache, dass fortführen des Krieges aufgrund der Seeblockade und des zunehmend Versorgungsnotstandes der Zivilbevölkerung  unmöglich war, erschloß  sich dem normalen Bürgen natürlcih nicht so leicht

Als ich mir meine Antwort hierzu überlegte stellte ich fest, wieviel Zynismus in ihr stecken wird und wiviele unserer heutigen Moral- und Wertevorstellungen ich mit dieser Antwort in Frage stelle.

Denno sollte jeder sich selbst einmal die Frage stellen ob er heutigen "Dolchstosslegenden" folgen oder sich mit bestimmten Thematiken einfach mal etwas intensiver auseinandersetzen sollte.

Zur Antwort:

Jeder Mensch neigt dazu, Fehler grundsätzlich erst einmal bei jemand anderem zu suchen anstatt bei sich selbst.

Dies gilt für den Einzelnen, genau so wie für grössere Gruppen von Menschen.

Die Schuld für das militärische Versagen der deutschen Armee durfte nicht der deutsche Soldat haben. Er hat schliesslich heroisch gekämpft und mit seinem Blutzoll versucht ehrenhaft das Vaterland zu verteidigen. Darüber hinaus hat nahezu jede deutsche Familie einen ihrer Lieben in einem der Schützengräben verloren.

Das Andenken an diese Gefallenen zu beschmutzen kommt also gar nicht in Frage.

Aber die Hinterbliebenen wollten Erklärungen.

Was ist da einfacher als ihnen zu sagen, das ihr Angehöriger einen Kampf ausgetragen hat, den er nicht gewinnen konnte weil ihm jemand "Das Messer in den Rücken rammt."

Der Kollektive Gedanke das der gefallene Angehörige ehrenhaft und tapfer genandelt hat und jemand anders Schuld sein muss, unterstützte die Verschwörungstheoretiker darin die Schuld in einer Gruppe zu suchen, die eben nicht "An der Front"  und die diesen Verschwörungstheoretikern sowieso ein poltischer Stachel im Fleisch waren.

Die "Dolchstosslegende" bot dem einen die Möglichkeit mit dem Finger auf einen Schuldigen zeigen zu können und dem anderen die Erklärung warum der tapfere Angehörige versagen musste.

Der Mensch glaubt das, was er glauben will. Er sucht nach einfachen Erklärungen, die in sein Weltbild passen. Passt die Erklärung ins Bild, wird sie leider allzu oft kritiklos übernommen.

Aus dieser kollektiven kritiklosen Übernahme einer Erklärung wird im laufe der Zeit eine Wahrheit, die nicht mehr hinterfragt wird.

Und wenn Du Dich umsiehst: Das ist auch heute noch so. In Deiner Familie, in der Schule, im Beruf oder der Politik.

Im Fussball ist es übrigens oft der Schiedsrichter. Denn der gehört der kleinsten Gruppe an und kann sich nach dem Spiel am wenigsten wehren.

Im Prinzip auch eine Dolchstosslegende. "Unsere Mannschaft konnte ja nicht gewinnen weil......"

Denk mal d´rüber nach!

Weil die deutschen nun einmal ein stolzes Volk waren, und man eine militärische Niederlage nicht hinnehmen konnte. Darum war es für viele akzeptabler, es auf ein politisches Versagen zu stützen.

earnest  27.09.2015, 21:08

... und weil die Deutschen in dieser Sache nach Strich und Faden von den Militärs und den Konservativen belogen wurden.

0