Warum erhebt Aserbaidschan Anspruch auf Bergkarabach?
- In Bergkarabach leben großteiles Armenier
- In Bergkarabach leben großteiles Christen
- Bergkarabach gehörte ursprünglich zu Armenien
- Es hat kaum Wirtschaftliche Bedeutung.
Ich verstehe einfach nicht warum es dort Krieg gibt wenn dort großteils christliche Armenier leben.
Warum will Aserbaidschan unbedingt das Land wenn es nichts mit ihm anfangen kann 🧐
4 Antworten
Das hat eine rationale und eine irrationale Komponente.
Zunächst einmal: Das Land Azərbaycan (knapp 10 Millionen Einwohner, Hauptstadt Bakı) wird mehrheitlich von Azəri bewohnt, das sind einfach Türken, die irgendwie das Pech hatten, von Rußland und später der Sovêtunion beherrscht zu werden. Sie sprechen einen osttürkischen Dialekt, der zwar in den letzten 150 Jahren viele russische Vokabeln aufgenommen hat, aber immer noch ganz gut mit Standard-Türkisch verständlich ist. Sie schauen auch alle türkisches TV.
Das eigentliche Dağlıq Qarabağ, also die von Armeniern besiedelte Region mit der Haupt„stadt“ Sṭepanakerṭ, ist ein Bergland von ca. 4400 km². Die Sovêts hatten es zwar Azərbaycan angeschlossen (weil es von Armenien durch eine Streifen mit Azəri-Bevölkerung getrennt ist), ihm aber dafür einen autonomen Status zugebilligt. 1989 lebten dort ca. 190000 Menschen, davon ≈75% armenische Christen.
Nach der Unabhängigkeit kam es zu Spannungen und Pogromen, in beide Richtungen, aber naturgemäß häufiger gegen die armenische Minderheit (viele armenischsprachige Christen lebten im Hauptland). Die azərbaycanische Regierung kippte die Autonomie und teilte die Verwaltungseinheiten neu ein; Dağlıq Qarabaḫ wurde jetzt einem „Rayon“ (so heißt die höchste Gliederungsebene, vergleichbar einem Bundesland — Azərbaycan besteht aus 9 Rayons plus der Exclave Naxçıvan) Yuxarı Qarabağ zugeschlagen, der bis an die persische Grenze reicht und dessen Bevölkerung groß genug war, daß die Armenier keine Mehrheit mehr stellten.
Die Menschen in Dağlıq Qarabağ ließen sich das nicht gefallen und erkämpften mit Hilfe Armeniens (und indirekt Rußlands) die Kontrolle über den ganzen Rayon Yuxarı Qarabağ und eroberten noch einen weiteren, Kəlbəcər–Laçın, der die Verbindung zu Armenien schuf. Aus diesen Gebieten entstand die heutige Republik Arcaḫ (11600 km²), die von niemandem anerkannt ist. Ihre 150000 Bewohner heißen Arcaḫci und sind ganz überwiegend Armenier, dazu noch ein paar Kurden, aber alle Azəri (das sind im wesentlichen Türken) wurden aus den eroberten Gebieten vertrieben, wobei es zu mehr als einem Massaker an Flüchtlingskonvois kam. Das dürften so ungefähr 300000–500000 Menschen gewesen sein, aber alle Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen, weil jede Seite lügt.
Weil das alles kompliziert ist, zeige ich Dir hier noch eine Karte, in der die Rayons von Azərbaycan farbig eingezeichnet sind. Der violette Rayon ist Yuxarı Qarabağ, der aus dem ursprünglichen armenischen Gebiet Dağlıq Qarabağ (dunkelviolett) plus Azəri-Gebieten nach der Unabhängigkeit geschaffen wurde. Zu Sovêtzeiten war das dunkelviolette Gebiet autonom. Die heutige Republik Arcaḫ (=armenisch kontrolliertes Gebiet) habe ich schwarz umrandet. Die Karte ist schnell aus verschiedenen Quellen ungenau zusammengefummelt.
Die Flächen sind nicht groß; Dağlıq Qarabaḫ ist etwas größer wie das Burgenland, und weniger als doppelt so groß wie das Saarland. Die Republik Arcaḫ erreicht etwa de halbe Größe von Mecklenburg–Vorpommern, vergleichbar Oberösterreich.
Die Flüchtlinge aus den nichtarmenischen Siedlungsgebieten von Yuxarı Qarabağ und aus ganz Kəlbəcər-Laçın leben heute in Rest–Azərbaycan, das um etwa ⅐ seiner Fläche geschrumpft ist. Sie werden offiziell bis heute in den Statistiken ihren Heimatrayons zugeordnet, ich vermute, daß sie in Flüchtlingslagern leben (aber ich habe das nicht gesehen). Sie erhielten jedenfalls nicht neues Land und Entschädigung, sondern sind die Opfer dieses Konfliktes. Sie werden auch, ebenso wie die Gefallenen des Krieges, von der azərbaycanischen Regierung instrumentalisiert, um den Zorn über die Niederlage wachzuhalten.
Azərbaycan will natürlich diese Leute wieder in ihre Heimat bringen, und hat daher ein nachvollziehbares Interesse daran, die eroberten Gebiete zurückzubekommen. Gleichzeitig können die Arcaḫci das unmöglich dulden, weil sie dann von der Schutzmacht Armenien abgeschnitten wären und azərbacanischen Angriffen nichts entgegensetzen könnten. Diese „Puffergebiete“ haben heute nur eine sehr dünne Bevölkerung von zugezogenen Armeniern.
Denn Azərbaycan will auch auf Dağlıq Qarabaḫ nicht verzichten, aus Gründen des nationalistischen Stolzes und „weil es ein Teil Azərbaycans ist“ (aus meiner Sicht ein Null-Argument). Der Haß auf alles Armenische ist in der azərbaycanischen Gesellschaft einfach unglaublich, an jedem zweiten Tag will dir irgendein Typ im Teehaus erzählen, daß die Arcaḫci in Wirklichkeit zwangsarmenisierte Azəri seien oder daß der Armenier-Genozid von den Armeniern entweder selbst durchgeführt oder vorgetäuscht wurde, oder daß die Armenische Weltverschwörung™ mit Hilfe der Banken an der Vernichtung aller Azəri arbeitet, während armenische Kirchen im ganzen Land abgesperrt und dem Verfall preisgegeben sind. Wer das nicht glaubt, dem zeige ich ein Photo von einer armenischen Kirche in Şəki; näher bin ich wegen der Absperrungen nicht rangekommen:
Ich war leider nie in Armenien und schon gar nicht in Arcaḫ, habe aber 2008 Azərbaycan besucht. Aus der Mentalität der Leute sehe ich keine Möglichkeit, wie der Konflikt zu lösen ist — jede Gebietsabtretung würde als Demütigung gesehen werden. In einer seltsamen Realitätsverweigerung gibt es überall Straßenschilder, die nationalstolz die Entfernung nach Xankəndi oder Laçın angeben, obwohl niemand dorthin fahren kann. Und wehe, wenn Du bei der Aus- oder Einreise eine Landkarte bei Dir hast, auf der Xankəndi als Sṭepanakerṭ bezeichnet wird — dann filzen sie dich gleich nochmals, weil sie Dich für einen armenischen Spion halten.
Umgekehrt bringe ich aber auch für die Arcaḫci wenig Sympathie auf, die in den eroberten Gebieten extreme ethnische Säuberungen betrieben haben und alles verjagt haben, was wie ein Azəri aussieht. Ihren eigenen Statistiken zufolge sind sie zu 99% Christen, und das bedeutet, daß se weit mehr Menschen aus Arcaḫ vertrieben haben, als heute dort wohnen (sowêtischen Angaben zufolge wohnten 1989 alleine in Kəlbəcər–Laçın-um die 300000 Menschen, ganz überwiegend muslimische Azəri, die jetzt alle entweder ermordet oder heimatlos sind.
Ich lobe es, dass hier einigermaßen neutral berichtet und die Verbrechen beider Seiten genannt wurden. Jedoch muss ich trotzdem etwas ergänzen.
Die Armeniern sind die Ureinwohner(ältestes noch lebendes Volk) der Kaukasus-Gebiete zwischen dem Fluss Kür und Araz. Sie haben, vor allem im Hinblick was ihnen alles angetan wurde, jedes Recht diejenigen zu Vertreiben, welche ihnen gefährlich werden könnten.
Als die aserbaidschanischen/türkischen Repräsentanten angefangen haben ihre eigene Bevölkerung zu Pogromen, Massakern und weiteren Verbrechen gegen Armenier aufzurufen, haben die Armenier angefangen sich zu verteidigen.
Die Vertreibung der Aserbaidschaner/Türken ist daher als Notwehr zu betiteln, da es schlecht möglich ist in Konflikt- und Kriegszeiten jeden einzelnen nach seiner politisch-moralischen Ideologie auszufragen.
Ich finde es daher falsch die Vertreibung von Aserbaidschanern/Türken als „armenisches Verbrechen“ darzustellen.
Wer die Symbole des Feindes besaß galt als Feind, dies ist bei jedem Konflikt so.
Als in Polen gegen den Nationalsozialismus gekämpft wurde, haben die Polen auch jeden Deutschen vertrieben ohne zu fragen, ob der nun Nazi ist oder nicht.
Es gab auch genügend jüdische Partisanen-Gruppen welche zu ihrer Verteidigung „unschuldige“ Deutsche attackierten.
Doch egal ob jetzt Aserbaidschaner/Türken oder Deutsche, beide können für ihre Vertreibung nur eine Person verantwortlich machen und dass sind die eigenen Machthaber, welche die eigene Bevölkerung opferten.
Die aus Polen vertriebenen Deutschen machen Hitler für ihre Vertreibung verantwortlich, weil er es war, der Polen attackierte und alle Deutschen zur Gefahr machte.
Die Aserbaidschaner/Türken sollten genau so klug sein und statt die Armenier zu beschuldigen, sich bei der eigenen Nase fassen und jene aserbaidschanischen Politiker zu Verantwortung ziehen, welche die Armenier nicht ihn ruhe lassen konnten.
Die aserbaidschanische Regierung ist dafür bekannt die eigene Bevölkerung zu opfern, dies war auch beim Xocalı Massaker zu sehen.
Die Videoaufnahmen vom aserbaidschanischen Journalisten Tschingis Mustafajew zeigen deutlich auf, wie aserbaidschanische Soldaten sich zwischen Zivilisten verstecken und diese als menschliche Schutzschilder missbrauchen, um auf armenische Soldat zu schießen.
Wenn die aserbaidschanische Armee ihre eigene Zivilbevölkerung als Schutzschild missbraucht, dann kann den Armeniern nicht die Schuld gegeben werden, dass Zivilisten sterben.
Die Aserbaidschaner/Türken opfern selbstverschuldet ihre eigenen Leute, da ihr Hass gegen Armenier größer ist als ihre Liebe zueinander.
Erdöl - hat schon immer Begehrlichkeiten geweckt . keine UN anerkennung als Staat !
https://de.wikipedia.org/wiki/Bergkarabachkonflikt
Im Kosovo ist der größte Teil der Bevölkerung : ehmalige geflüchtete Albaner .
Vielkeicht ist es einfach mal wieder an der Zeit von irgendeinem innenpolitischen Problem abzulenken, oder es gibt in Bergkarabach etwas was die gerne haben möchten, usw. ... in allen diesen Fällen heißt die Devise: "Schaff dir einen Feind und fang Krawall an"
Wird seit Urzeiten so gemacht und funktioniert (leider) immer!
Nun, dort wurden ja gezielt christen und armenier angesiedelt früher, obwohl das aserbaidschanischer boden war.