Warum dominiert der Westwind, obwohl sich die Erde von West nach Ost dreht?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Achtung geklaut!!!!

Das ist nicht überall auf der Erde so. Aber gerade in den mittleren Breiten, in denen wir leben, kommt tatsächlich der Wind meist aus West. Das hängt zum einen mit der Erddrehung zusammen, also damit, dass sich die Erde von West nach Ost dreht. Zum anderen mit unsere Position auf der Erde:
Wir leben klimatisch in einer Gegend, in der wir immer wieder einen Wechsel haben von Hoch- und Tiefdruckgebieten – das kennen wir aus dem Wetterbericht. Das liegt daran, dass wir uns in einem Grenzgebiet befinden zwischen zwei Zonen, die sich wie Gürtel um die Erde ziehen. Südlich von uns – in Südeuropa und vor allem Nordafrika – befindet sich eine Zone mit Hochdruck-Gebieten. Deshalb ist es in Nordafrika so heiß und trocken. Nördlich von uns dagegen – Richtung Skandinavien, oder allgemein, Richtung nördlicher Polarkreis – befindet sich ein Gürtel mit überwiegend Tiefdruckwetterlagen.
Zwischen diesen beiden Zonen – platt gesagt: der Sahara und dem Polarkreis – herrscht somit tendenziell ein Druckgefälle. Das führt dazu, dass Luftmassen vom Hochdruck- zum Tiefdruckgebiet strömen. Das wäre also eigentlich von Süd nach Nord. Diese Luftströmungen werden allerdings nach Osten abgelenkt (Wetterexperten sprechen von der Coriolis-Kraft). Daran ist die Erdrotation schuld, aber auch die Trägheit der Luftmassen. Und das kommt so:
Die Erde dreht sich bekanntlich in 24 Stunden einmal um sich selbst. Angenommen, Sie befinden sich am Äquator. Der Äquator hat einen Umfang von 40.000 Kilometern. Da Sie sich mit der Erde drehen, bewegen Sie sich faktisch mit einer Geschwindigkeit von 40.000 km pro Tag nach Osten – nämlich einmal um die Erdachse. Je weiter Sie sich aber Richtung Nordpol bewegen, desto näher sind Sie an der Erdachse dran. (Am Nordpol selbst stehen Sie ja direkt auf ihr). Zwar bewegen Sie sich auch in einem Tag einmal um die Erdachse – aber in Kilometern gerechnet ist dieser „Weg“ viel kürzer. Konkret bedeutet das: Der Stuttgarter Fernsehturm legt, wenn er täglich einmal um die Erdachse kreist, einen kürzeren Weg zurück als eine ägyptische Pyramide.

Was hat das nun mit dem Wind zu tun?

Stellen Sie sich nun vor, Sie sind ein Luftmolekül in der Sahara und fliegen nach Norden, weil da der Luftdruck niedriger ist. Dann haben Sie, weil Sie ja in Afrika sind, nicht weit vom Äquator, schon eine relativ hohe Bahn-Geschwindigkeit. Sie bewegen sich nämlich wegen der Erddrehung mit vielleicht 30.000 km pro Tag nach Osten, noch bevor Sie überhaupt nach Norden gestartet sind. Und diese Geschwindigkeit behalten Sie bei, denn Sie haben, wie jeder Körper, eine Trägheit. Jetzt fliegen Sie nach Norden in eine Gegend, wo sich die Erdoberfläche verglichen mit Ihnen immer langsamer bewegt. Sie – als Luftmolekül – bewegen sich somit schneller nach Osten als die Erde unter ihnen. Ähnlich wie wenn man aus einem fahrenden Zug springt. Und wenn man sich das jetzt in groß vorstellt, mit ganz vielen Luftmolekülen, dann bedeutet das, dass der Wind, der von Süden nach Norden „will“, scheinbar nach Osten abgelenkt wird. Der Wind weht dann im Ergebnis von West nach Ost. Das ist der wesentliche Grund, weshalb bei uns der Wind überwiegend aus dem Westen kom

 

und so sieht das ganze dann aus:

https://www.ventusky.com/?p=14;83;1&l=wind-600hpa

Marko1986 
Fragesteller
 03.12.2016, 03:38

Super Antwort, Danke!

Das habe ich gar nicht berücksichtigt!

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Marko1986 
Fragesteller
 03.12.2016, 03:51
@Marko1986

Dann ist die Corioliskraft mit der Fliehkraft bzw. Zentrifugalkraft verwandt?

Wenn ich auf einem Dach eines Autos, das durch eine Linkskurve fährt, vom Kurveninneren zum Kurvenäußeren (in dem Falle von der Fahrerseite zur Beifahrerseite) klettern will, werde ich in Fahrtrichtung abgedrängt, obwohl der Fahrtwind entgegengesetzt ist, ne?

Also habe es noch nicht ausprobiert, aber von der Logik her könnte ich mir das gut vorstellen, kennt man ja auch aus einem Zug, der sich in eine Kurve legt...

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NoTrolling  03.12.2016, 08:20
@Marko1986

Die Verwandschaft besteht darin, dass die Corioliskraft, ebenso wie die Zentrifugalkraft, eine Trägheitskraft ist. Das heißt, dass diese Kräfte nicht duch Krafteinwirkung auf das Objekt zustande kommen, sondern durch ihr Bestreben, den Bewegungszustand beizubehalten.

Das kann man sich so vorstellen: Angenommen du fährst ein Auto mit entsprechend hohem, konstantem Geschwindigkeitsbetrag im Kreisverkehr. Jetzt lässt du einen Ball an der Außenseite der Kreisbahn fallen. Für einen kurzen Zeitraum wird der Ball in der Luft bleiben, bis er auf den Boden fällt. 

Jetzt gibt es zwei Perspektiven, aus denen man auf das System schauen kann. Wenn ein Beobachter am Rand des Kreisverkehrs steht, sieht er, wie sich der Ball einfach tangential zum Kreisverkehr auf einer geraden Bahn (wenn man die Höhe nicht beachtet) weiterbewegt.

Du allerdings bewegst dich ja noch im Auto weiter, das heißt für dich krümmt sich auch die horizontale Komponente der Wurfbahn. In deinen Augen verändert sich der Bewegungszustand des Balles und du schließt darauf, dass eine Kraft wirken muss. Die Corioliskraft.

Ich glaube das, was du meinst ist die Eulerkraft, die auftritt, wenn du im rotierenden System parallel zur Bewegungsrichtung des Autos beschleunigst, was ja der Fall ist, wenn du vom Kurveninneren zum Kurvenäußeren kletterst, da dein zurückgelegter Weg (2*pi*r) ja bei gleicher Umlaufzeit größer wird.

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Doevi  03.12.2016, 03:44

Das ist ja mal eine geile Antwort

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Arkesilaos  19.01.2020, 10:31

Nachdem ich aber die Wetterkarte sah, war zu erkennen, dass aus Richtung Äquator wenige Luftmassen nach Norden einströmen, die die Windrichtung beeinflussn. Vielmehr zieht sich an der Südhalbkugel eine permantes Band dahin mit starken Winden. Nördlich kommen die stärksten Winde aus Ricchtung Nordpol, wo ja angeblich die Lufmassen sich langsam bewegen, wie Du sagst. Gibt es noch eine andere Erklärung?

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Westwinde dominieren in Europa, weil der Atlantik im Westen ist, und Seewinde überwiegen. Das hat überhaupt nichts zu tun mit dem Massenverhältnis von Erde und Luft und zunächst auch nicht mit der Rotationsrichtung der Erde.

Aufgrund der Erdrotation unterliegen über dem Erdboden alle bewegten Körper der Corioliskraft. Dadurch werden alle bewegten Körper auf der nördlichen Halbkugel nach rechts abgelenkt, auf der südlichen Halbkugel nach links. Das gilt auch für Luftbewegungen.

Nun steigt am Äquator die erwärmte Luft auf, strömt in der Höhe zu den kalten Polen und fällt dort ab. Der Rückweg der Luft von den Polen zum Äquator führt in der Tiefe zu ständigen Winden von den Polen zum Äquator. Und diese Winde werden durch die Corioliskraft nach Westen abgelenkt. Dadurch herrscht am Äquator ein Wind vor, der der Erdrotation entgegengesetzt ist.

Drei Stichwörter dazu.

Troposphärische Zirkulation, Ozonloch und Treibhauseffekt.

Dazu Nordatlantische Ozillation.

Glaube mir! Die schon gegebene Antwort von #nocheinnutzer ist super.