Waren die Menschen früher abgehärteter?

10 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Burnout und Depressionen usw. gab es schon immer, nur gab es keine Definition dafür. Wer heute depressiv ist, der galt früher als schwermütig oder "nah am Wasser gebaut"; wer heute Burnout hat, der war damals "abgeschafft" oder ausgelaugt, aber nicht krank oder behandlungsbedürftig. Ab den 70ern gab es das nach und nach zwar, aber es waren Tabuthemen, die unterdrückt wurden, weil man sich landauf, landab dafür schämte. Das betraf auch Behinderte; moralinsaure und spröde TV-Serien wie "Unser Walter" trugen weiß Gott auch nicht gerade zur Sensibilisierung bei. Krieg und Leid hatten keinen Platz, man wünschte sich damit ggf. auch noch die eigene Vergangenheit zum Teufel.

Die Menschen waren deswegen abgehärteter und zäher, weil sie keine andere Wahl hatten und man einfach nur funktionieren musste, um überleben zu können. Hätten sie die Wahl gehabt, wäre ihnen ein kommodes und ruhiges Leben natürlich auch lieber gewesen.

Gejammert haben am ehesten Sudetendeutsche, die tun das teilweise heute noch, obwohl objektiv kein Grund dafür besteht und man 75 Jahre später doch wissen sollte, was Sache ist - ein nach meiner Erfahrung sehr schwieriges Publikum, mit dem ich beruflich und privat viel Ärger gehabt hatte.

Aber andererseits sehe ich hinter den Gedanken auch den klassischen Generationenkonflikt. Viele "Ältere" sind der Meinung, dass früher alles besser gewesen sei, die Menschen noch Menschen waren und ein Wort noch ein Wort war. Die Realität war anders, aber man redet sich manches auch schön; der Mensch hat seit jeher einen Hang zur Glorifizierung der Vergangenheit.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Abgehärteter auch, aber das hat nichts mit der Anfälligkeit für psychische Erkrankungen zu tun.

Die gabs damals auch, nur wurden sie nicht als solche erkannt und behandelt.

Allerdings gabs damals durchaus brauchbare Methoden, um mit Problemen klarzukommen, die heute vielen unbekannt sind bzw. einfach nicht in den Sinn kommen, weil reales menschliches Miteinander und Ehrlichkeit im Umgang miteinander nicht mehr praktiziert werden. Alle machen sich nur Sorgen darüber, anderen "zu nahe zu treten". Bloß nicht offen und ehrlich sein. Bloß nicht zur eigenen Meinung stehen, wenn alle anderen es anders sehen. Bloß nicht die eigenen Fehler zugeben, solange man die Fehler anderer anklagen kann.


Serera99 
Fragesteller
 09.11.2021, 13:18

Ehrlichkeit fehlt mir auch irgendwie. Mir ist es schon mal passiert, dass ich mich mit jemandem getroffen habe, der eigentlich mich nicht mochte. Er hat nur was mit mir unternommen um mich nicht zu beleidigen. Hätte er es offen zu mir gesagt, hätten wir beide unsere Zeit nicht verschwendet.

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Nach Inflation und Krieg waren Menschen mehr Selbstich, sich bewusst u dankbarer. Placebos helfen sich.

Je besser es den Egoichs geht, um so unbewusster und fordernder werden sie u rutschen in die bequeme Opferhaltung ab. Was dann viel - - - u Krankheiten noch manifestiert. Nocebos schaden sich.

Von Experte rotesand bestätigt

Die Menschen hatten nicht mal die Zeit, über Zipperlein nachzudenken...

Ich selbst habe nicht in dieser Zeit gelebt, aber ich habe großen Respekt an diese Generation, die nicht permanent in Selbstmitleid badend Ausreden gesucht und gefunden hat, sondern die tw. völlig zerstörten Städte wieder aufgebaut hat.

Ja, es gab damals auch schon Depressionen und sogar Menschen, die sich deswegen das Leben genommen haben. Und vielleicht haben andere es dennoch bleiben lassen, damit sie ihre Kinder nicht im Stich lassen mussten...

Es ist ein ewiger Kreislauf:

Schlechte Zeiten bringen harte Männer hervor.

Harte Männer bringen gute Zeiten hervor.

Gute Zeiten bringen schwache Männer hervor.

Schwache Männer bringen schlechte Zeiten hervor.

....

Denkt ihr, dass die Menschen früher robuster und abgehärteter waren und weniger gejammert haben?

Das auf jeden Fall.

Das bedeutet aber nicht, dass es Menschen früher besser ging. Viele psychische Krankheiten waren vor 70 Jahren gar nicht bekannt. Da hieß es halt "stell Dich nicht so an".