War Paul v. Hindenburg gut oder schlecht für Deutschland?

4 Antworten

Man braucht nicht unbedingt moralische Kategorien zur Beantwortung der Frage. Er stand für Monarchismus und Militarismus. Beide waren schon 1914 ein Hemmschuh für Deutschlands Weiterentwicklung.

Wenn es ihm als Reichspräsidenten gelungen wäre, zu verhindern, dass Hitler Reichskanzler wurde (wie es seine Absicht war, dem "böhmischen Gefreiten" hielt er für durchaus ungeeignet), dann wäre es vielleicht nicht zum Zweiten Weltkrieg und nicht zum Holocaust gekommen.

Es ist ihm nicht gelungen. Mit dieser Aufgabe war er überfordert. Dabei hatte er genau die Position inne, die vom politischen System her, bestens geeignet war, Reichskanzler zu machen oder zu verhindern.

Aber aufgrund seiner Herkunft und seinen persönlichen Überzeugungen war er unfähig, mit den Kräften zusammenzuarbeiten, die noch am ehesten die Demokratie hätten bewahren können.

Freilich, gerade die hatten - um Hitler zu verhindern - sich für Hindenburgs Wiederwahl eingesetzt.

Ja, wie schon ein anderer hier gesagt hat: er war Steigbügelhalter der Nazis. Nicht der hauptsächliche, aber einger der wichtigen auf jeden Fall.

Er war eigentlich immer ein erzkonservativer, kaisertreuer alter Knochen geblieben, der sich am liebsten ein Wiederaufleben der Monarchie gewünscht hätte. Mit der Demokratie konnte er im Grunde genommen nie wirklich etwas anfangen, auch nicht in seiner Zeit als Reichspräsident. Nun gut - ganz zuletzt war er alt, schwer krank und eigentlich streng genommen kaum noch geschäftsfähig, aber auch vorher hat er eigentlich keinen Finger für den Erhalt der Weimarer Demokratie in der Krisenzeit nach dem Wallstreet-Crash 1929 gekrümmt. Im Gegenteil hat er fast ausschließlich Politiker gefördert, die zur weiteren Destabilisierung beigetragen haben.

Die Hauptschuld, die man ihm anlasten muss, liegt aber darin, dass er einer der Haupterfinder der sogenannten "Dolchstoßlegende" war. Dazu einfach mal googeln. Diese Legende besagt, dass im 1. Weltkrieg angeblich das deutsche Heer nicht wirklich besiegt gewesen sei, sondern dass den glorreich heldenhaft kämpfenden Truppen aus der Heimat "die Sozialisten, Demokraten, Juden" etc. in den Rücken gefallen seien und in der Novemberrevolution kurz vor dem "sicheren Sieg" (den es nie gegeben hätte...) den Staatsstreich und die Abdankung des Kaisers erzwungen hätten. Diese Legende wurde dann in der Folge von den Nazis äußerst dankbar aufgegriffen, und die Legende war der Hauptgrund dafür, dass die Weimarer Demokratie in der Bevölkerung kaum einen Rückhalt hatte, besonders nicht in der Wirtschaftskrise.

In Wahrheit waren es Hindenburg und Ludendorff selbst, die dem Kaiser dringend zur Abdankung geraten hatten, damit dann die nachfolgenden Demokraten die Suppe auslöffeln mussten. Sprich: den Friedensvertrag von Versailles unterschreiben etc., zu sehr schlechten Bedingungen. Ansonsten hätte nämlich Wilhelm II. nicht freiwillig abgedankt. Die Monarchisten - allen voran Hindenburg - haben sich verpisst, andere mussten die Suppe auslöffeln - und auf die wurde der Finger gezeigt.

Hindenburg als Reichspräsident hätte die Chance gehabt, in der Krise zu stabilisieren, weil er den Rückhalt weiter Teile der konservativen deutschen Bevölkerung gehabt hat. Diese Chance hat er verstreichen lassen und einen Hasardeur zum Reichskanzler ernannt, der in jedem anderen vernünftigen Land höchstens Nussknacker oder was weiß ich geworden wäre - aber bestimmt nicht Premierminister oder President de la Republique. In Deutschland war so etwas aber leider möglich - zwar nicht hauptsächlich dank Hindenburg, aber schon zu einem wichtigen Teil dank dessen Wirken, und zwar schon 1918.

Hindenburg war zusammen mit seinem Stabschef Ludendorff in der Zeit des 1. WK de facto Militärdiktator.

Er meinte, der Krieg bekäme ihm "wie eine Badekur". Dieses Zitat verwendete Ernst Friedrich in seinem Buch "Krieg dem Kriege" in welchem er verdeutlichte, daß Anderen Hindenburgs Krieg nicht wie eine Badekur bekommen war. https://www.google.de/#q=krieg+dem+kriege+ernst+friedrich

Auch bei der Übertragung der Macht auf die nächste Diktatur spielte Hindenburg eine unrühmliche Rolle. Diese ließ er sich allerdings von den neuen Machthabern vergolden - und zwar durch Vertuschung des Steuerbetruges bezüglich Gut Neudeck und durch Schenkung des benachbarten Gutes Langenau unmittelbar nach der Machtübername.

Nein, Kriege und Diktaturen sind nicht gut für die Entwicklung einer Nation.