Verbreitung der Stieleiche und Waldkiefer? (Ökologie)?

wetter1975  14.02.2021, 17:51

Meinen Sie Vermehrung?

Sunset9 
Fragesteller
 14.02.2021, 22:52

Verbreitung

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Moin,

die Diagramme zeigen doch alles ziemlich klar.

Du siehst, dass die Schwarzerle und die Waldkiefer alleine in Bezug auf die Bodenfeuchtigkeit euryök sind (physiologische Potenz). Das heißt, dass diese Arten bei der Bodenfeuchtigkeit sowohl relativ trockene Böden, aber auch ziemlich feuchte Böden aushalten können. Auch jeden Feuchtigkeitsgrad dazwischen können diese Bäume besiedeln, wenn sie alleine unter ihresgleichen sind. Auffällig ist noch, dass die Waldkiefer noch ein bisschen trockenere Böden verträgt als die Schwarzerle.

Wenn du dir dagegen die physiologische Potenz bei der Verteilungen von Stieleiche und Rotbuche alleine anschaust, dann stellst du fest, dass die Rotbuche ziemlich stenök ist. Das heißt, dass sie nur in einem relativ eng begrenzten Bereich der Bodenfeuchtigkeit existieren kann. Trockene oder nasse Böden sind nicht ihr Ding.

Die physiologische Potenz der Stieleiche ist zwar breiter, aber nicht so breit wie die von der Schwarzerle oder der Waldkiefer.

Doch spannend wird es, wenn alle vier Baumarten im gleichen Verbreitungsgebiet auftreten, also wenn sie in direkter Konkurrenz zueinander stehen. Dann ergeben sich innerhalb der physiologischen Potenzgrenzen folgende Verteilungen: Die Waldkiefer wird an die extremen Ränder der Bodenfeuchtigkeit gedrängt. Sie kommt nun (in Konkurrenz) nur in sehr trockenen oder sehr nassen Böden vor.

Die Schwarzerle ist auf Bereiche mit nassen bis sehr nassen Böden beschränkt. Wobei sie vor allem in nassen Böden vorkommt.

Die Rotbuche liegt auch in der Konkurrenz praktisch genau da, wo sie auch vorkommt, wenn sie alleine (ohne Konkurrenz durch andere Arten) zu finden ist.

Die Stieleiche hingegen weicht in die trockeneren bis frischen Böden einerseits und in feuchte bis nasse Böden andererseits aus. Dabei ist sie in Böden zwischen frisch und feucht kaum vertreten, weil dort die Rotbuche herrscht.

Die Verteilung in Konkurrenz mit anderen Arten bezeichnet man als ökologische Potenz.

Diese Verteilung zeigt zwei Aspekte. Auf der einen Seite zeigt sie, dass die Rotbuche offenbar gegenüber den anderen Arten aus irgendeinem Grund konkurrenzstärker ist als alle anderen. Vielleicht wachsen ihre Sprösslinge schneller oder sie kann das Sonnenlicht besser für ihre Fotosynthese nutzen oder sie bildet mehr Samen oder die Samen keimen schneller oder die Keimlinge werden aus irgendeinem Grunde seltener von Rehen oder anderen Fressfeinden vertilgt oder, oder, oder. Auch Kombinationen aus verschiedenen Faktoren sind denkbar. Fest steht, dass die Rotbuche am konkurrenzstärksten sein muss. Das erkennst du daran, dass sie in der ökologischen Potenz quasi ihre physiologische Potenz uneingeschränkt beibehält.

Danach scheint die Stieleiche den zweiten Platz in der Konkurrenzstärke einzunehmen. Sie muss sich nur der Rotbuche beugen und wird in Konkurrenz mit dieser auf die Randgebiete ihrer physiologischen Potenz abgedrängt. Doch hierzu später noch eine Anmerkung.

Nachdem sich dann diese beiden Arten die guten Böden untereinander aufgeteilt haben, bleiben für die Kiefer oder die Schwarzerle nur noch die trockeneren oder sehr nassen Böden übrig. Und hier zeigt sich, dass die Waldkiefer sowohl auf die trockeneren Böden als auch auf die extrem nassen Böden ausweicht, während sich die Schwarzerle auf die sehr nassen Böden beschränkt.

Nun könnte man denken, dass die Waldkiefer die konkurrenzschwächste Art ist, so dass sie von den anderen Arten an die Randgebiete verdrängt wird. Das ist eine mögliche Erklärung. Man könnte auch denken, dass die Waldkiefer „so nett” ist, den anderen Arten die „besseren” Böden zu überlassen. Aber das ist schon deshalb Quatsch, weil es „Nettigkeit” im Kampf ums Dasein nicht gibt (zumindest bei Bäumen nicht). Man könnte nun die Waldkiefer bedauern, da sie als konkurrenzschwächste Art an die Ränder gedrängt wird. Aber auch das ist eine zu menschliche Sichtweise. Es ist vielmehr so, dass die Waldkiefer auf die Randgebiete ihrer physiologischen Potenz (auch) deshalb ausweicht, weil sie es kann! Sie kann auch in solchen Extremböden noch behaupten. Und da ist es für die Waldkiefer in solchen Gebieten, wohin ihr die anderen Baumarten nicht folgen können, besser, sich dort als allein vorherrschender Baum anzusiedeln als in anderen Böden in Konkurrenz mit den anderen Bäumen zu treten (nach dem Motto: Lieber in einem armen Land König als Bettler in einem reicheren Land.). Das Zauberwort hier heißt Konkurrenzvermeidung.

Noch ein Wort zur Stieleiche. Wie ich oben schrieb, scheint es so zu sein, dass die Stieleiche auf Platz zwei in der Konkurrenzstärke einzunehmen scheint. Das kann sein. Aber hier darf man nicht den Faktor Mensch übersehen. Eichenbäume waren schon immer für den Menschen ein interessantes Holz, das von jeher viel und oft zum Bauen genutzt wurde und wird. Darum sorgt der Mensch in Wäldern nicht selten dafür, dass der Eichenbestand immer aufgeforstet wird. Das bedeutet, dass es nicht unbedingt ihre eigene natürliche Konkurrenzstärke sein muss, die die Eiche in Mischwäldern überleben lässt. Sie wird künstlich (durch Eingriffe des Menschen) aufgeforstet.

Fazit:
Die ökologische Potenz zeigt, welche Art in Konkurrenz mit anderen Arten am konkurrenzstärksten ist (aus welchen Gründen auch immer).
Die ökologische Potenz kann aber niemals die Grenzen der physiologischen Potenz einer Art sprengen.
Arten weichen auf Randgebiete ihrer physiologischen Potenz auf, in die andere Arten nicht folgen können, um der Konkurrenz auszuweichen (Konkurrenzvermeidung).

Alles klar?

LG von der Waterkant

Sunset9 
Fragesteller
 14.02.2021, 22:51

Vielen Dank! Sie haben es sehr gut erklärt. Danke mehrmals😊

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