Triumphzug im alten Rom / Gefangene

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Aussehen prominenter Gefangener beim Triumph

Ein Triumphzug in Rom war eine große Zurschaustellung. Dabei wurden auch besiegte Gegner, insbesondere prominente Gefangene, der Volksmenge vorgeführt. Für die Gefangenen war dies demütigend. Auch Ketten/Fesseln werden zum Teil ausdrücklich erwähnt.

Der triumphierende Feldherr wollte mit großer Prachtentfaltung beeindrucken und zeigen, wie bedeutend der Sieg und wie groß seine Leistung war. Dazu waren prominente Gefangene, die nach Bekleidung, Schmuck und sonstiger Ausstattung wie mächtige, reiche und hochrangige Leute aussahen, besser passend. Üblich war eine Bekleidung der Gefangenen in ihrer heimatlichen Tracht. Prominente Gefangene in alter, schäbiger, zerlumpter, zerfetzter Bekleidung hätten den Sieg eher geringwertig erscheinen lassen. Der Triumphator hätte damit eher seinen Sieg und damit letztlich seine eigene Leistung und sich selbst in den Augen des Volkes verkleinert.

Kaiser Lucius Domitius Aurelianus (Aurelian) hat nach einer Reihe antiker Texte Gaius Pius Esuvius Tetricus, einen von ihm als Usurpator besiegten Herrscher eines gallischen Sonderreiches, und Zenobia, Regentin des palmyrenischen Teilreiches, im Jahr 274 bei seinem Triumphzug in Rom vor seinem Wagen mitgeführt. Zenobia trug danach goldene Ketten/Fesseln und war stark mit Juwelen/Edelsteinen behängt. Die Last des Schmucks war anstrengend, andere hielten die Ketten/Fesseln hoch, ein persischer Gardist trug eine goldene Halskette/Halsfessel voran.

Einzug des Aurelianus in Rom mit Triumphzug: SHA, Aurelianus 32, 3; Aurelius Victor de Caesaribus 35, 5 (nur Tetricus erwähnt); Festus 24; Eutropius 9, 13, 2; SHA, Triginta tyranni 24, 4 (mit Tetricus, Zenobia, Herennianus und Timolaus); 30, 3, 24 - 26 (Zenobia im Triumph mit goldenen Fesseln und behängt mit Juwelen); Aurelius Victor de Caesaribus 30, 2; 32, 4; 33 - 34 (mit Tetricus und seinem Sohn, 34, 2; Zenobia mit goldenen Fesseln und Juwelen, 34, 3); Orosius 7, 23, 5; Zosimos 1, 61, 1 (Triumph nach dem Sieg über Antiocha und vor dem Zug gegen Terticus; ohne die Teilnahme der Zenobia); Chronica Gallica a 511; Chronica minora I p. 642, 431 (mit Zenobia) , Jordanes, De summa temporum vel origine actibusque gentis Romanorum 291 (mit Zenobia); Malalas 12, p. 300, 17 – 19 (mit Zenobia), Zonaras 12, 27 (p. 607, 15; nach Gallienzug des Aurelianus)

Milde des Kaisers

Aurelian wollte sich zwar energisch in den Auseinandersetzungen innerhalb des Römischen Reiches durchsetzen, aber anscheinend auch einen Ruf der Milde aufbauen. Milde (clementia) - sich gnädig zu zeigen - war etwas, das gängigerweise als Herrschertugend galt. Auch Gaius Pius Esuvius Tetricus, 271- 274 Herrscher eine gallischen Sonderreiches, aus vornehmer Familie und vorher schon Senator und Statthalter Aquitaniens, und sein Sohn wurden verschont. Sie wurden nicht hingerichtet, sondern blieben Senatoren und bekamen später sogar Ämter als Statthalter.

Nach SHA (Scriptores Historiae Augustae), Aurelianus 30, 1- 2 beurteilte Aurelian, als die Soldaten nach der Gefangennahme Zenobias mit großem Lärm ihre Bestrafung forderten, die Tötung einer Frau als unwürdig und sparte/bewahrte sie dafür auf, sie beim Triumph zur Schau zu stellen.

In Emesa gab es ein Gerichtsverfahren gegen Zenobia und andere. Zenobia entlastete sich, indem sie ihren Beratern maßgebliche Verantwortung für die Politik des Reiches von Palmyra zusprach. Der Philosoph Kassios Longinos/Cassius Longinus (ein einflußreicher Berater) und andere wurden verurteilt und hingerichtet.

Zenobia war eine schöne, gebildete Frau, intelligent, nach einem Teil der Überlieferung auch in ihrem sittlichen Verhalten bewundernswert.

Die römische Grenze zum persischen Reich der Sassaniden war gehalten worden. Die Entwicklung zu einem weitgehend eigenständigen Teilreich von Palmyra innerhalb des Römischen Reiches konnte mit den Umständen des Durcheinanders sich bekämpfender Soldatenkaiser erklärt werden.

Zenobia war römische Bürgerin und Witwe eines römischen Senators.

übliche Behandlung prominenter Gefangener beim und nach dem Triumph

Nicht alle prominenten Gefangenen wurden nach dem Triumph hingerichtet.

Anschließende Hinrichtungen sind vorgekommen, besonders gegnerischer Oberbefehlshaber, vor allem in früher Zeit. Köpfen/Enthaupten war nicht die durchgängige Todesart. Es gibt Bemerkungen, nach denen die Hinrichtung im Gefängnis (*carcer) in Rom in einem Tullianum genannten Raum durch Erdrosseln erfolgte. Für eine Hinrichtung von Frauen in diesem Zusammenhang ist mir kein Beleg bekannt (hier wäre erst nachzuforschen, ob es überhaupt so etwas gegeben hat; Frauen haben damals gewöhnlich nicht den Oberbefehl mit persönlicher Leitung der Kämpfe ausgeübt; im Fall von Zenobia hat der Feldherr Zabdas das Heer angeführt).

Albrecht  20.12.2014, 11:10

Bituitus, König der Averner (gallischer Stamm) war 120 v. Chr. Gefangener im Triumphzug des Q.intus Fabius Maximus, wurde nicht hingerichtet, kam ins Exil nach Albam Hauptort der Helvii (gallischer Stamm) in der Gallia Narbonensis.

Jugurtha, König der Numider, war (zusammen mit seinen Söhnen) 104 v. Chr. Gefangener in Ketten im Triumphzug des Gaius Marius, anschließend kam er ins Gefängnis, es wurde (nach Plutarch) gesagt, er habe den Verstand verloren, als er in den tiefen Abgrund herabblickte, ihm das Gewand und seine goldenen Ohrringe(mitsamt Ohr) weggerissen wurden, nach 6 Tagen, in denen er unter Hunger litt, wurde er bestraft, durch Erdrosselung hingerichtet (Sallust, De Bello Jugurthino 114, 4; Livius, Periochae 67; Plutarch, Marius 12, 3 – 6; Eutropius 4, 11).

Als Gaius Iulius Caesar 46 v. Chr. über Gallien, Ägypten, König Iuba I. von Mauretanien und König Pharnakes II. von Bosporus, triumphierte, waren unter anderem Arsinoë (Schwester Kleopatras) und Iuba II. von Mauretanien als vorgeführte Gefangene in Ketten dabei, getötet wurden Vercingetorix und andere (Cassius Dio 43, 19).

Kleopatras Kinder Kleopatra Selene und Alexander Helios (Kleopatra selbst entzog sich durch Selbsttötung der Vorführung im Triumphzug) wurden 29 v. Chr. beim Triumphzug Octavians in Rom in schweren Ketten vorgeführt (Cassius Dio 51, 21, 8), wahrscheinlich auch Ptolemaios Philadelphos (nicht ausdrücklich erwähnt). Kleopatra Selene heiratete später König Iuba II. von Mauretanien.

Thusnelda, Ehefrau des Arminius geriet 15 n. Chr. schwanger in römische Gefangenschaft, gebar einen Sohn Thumelicus und wurde im Triumphzug des Germaniums 17 n. Chr. mit ihrem dreijährigem Sohn und andren vorgeführt, während ihr Vater, der Cheruskerfürst Segestes, Ehrengast war (Tacitus, Annales 1, 55 -59; Strabon 7, 1, 4). Ihr weiteres Schicksal ist nicht bekannt, von einer Hinrichtung nach dem Triumph wird nicht berichtet.

Schimon bar Giora, Anführer im Jüdischen Krieg wurde für den Triumphzug Kaiser Vespasians 71 n Chr. aufbewahrt und danach hingerichtet (Flavius Josephus, Ἱστοϝία Ἰουδαϊκοῦ πολέμου πϝὸς Ῥωμαίους [Geschichte des jüdischen Krieges; lateinischer Titel: Bellum Iudaicum] 7, 5, 6.

Informationen zum Triumph allgemein enthalten z. B.:

Walter Eder, Triumph, Triumphzug. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 12/1: Tam – Vel. Stuttgart ; Weimar, Metzler, 2001, Spalte 836 – 838

Karl-Joachim Hölkeskamp, Der Triumph - »Erinnere dich, daß Du ein Mensch bist«. In: Erinnerungsorte der Antike. Herausgegeben von Elke Stein-Hölkeskamp und Karl-Joachim Hölkeskamp. Band 1: Die römische Welt. München : Beck, 2006, S. 258 – 276 und S. 745 – 747 (Anmerkungen)

S. 260: „Das nächste Element bildeten immer die prominente Gefangenen (gelegentlich mitsamt Familien), die zumeist in ihrer jeweiligen Tracht und gelegentlich in Ketten vorgeführt wurden. Ursprünglich wurden sie dann vor dem letzten Akt des Rituals, dem erwähnten Opfer auf dem Capitol, aus der Prozession heraus in den Carcer unterhalb der »Burg«, der zweiten Erhebung des Capitolshügels, gebracht und dort hingerichtet.“

Ernst Künzl, Der römische Triumph : Siegesfeiern im antiken Rom. München : Beck, 1988 (Beck's archäologische Bibliothek). ISBN 3-406-32899-7

Tanja Itgenshorst, Tota illa pompa : der Triumph in der römischen Republik ; mit einer CD-ROM: Katalog der Triumphe von 340 bis 19 vor Christus. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 2005 (Hypomnemata : Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben; Heft 161). ISBN 3-525-252

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Albrecht  20.12.2014, 11:13

widersprüchliche Überliefung über Zenobias Lebensende

Die Aussagen der verschiedenen Quellen über Zenobias Leben nach ihrer Gefangennahme sind zueinander widersprüchlich.

Die Meinungen der Forschung sind nicht einheitlich. Am plausibelsten erscheint ein Überlieferungsstrang, nachdem sie im Triumphzug als Gefangene mitgeführt wurde und später ein Landgut in der Nähe von Rom bekam. Die lateinischen Quellen mit dieser Fassung gehen wohl auf die sogenannte Enmannsche Kaisergeschichte (EKG) - Alexander Enmann hat in einer Veröffentlichung 1884 ein nicht erhaltenes Geschichtswerk als Quelle erschlossen – zurück.

Nach einem anderen Überlieferungsstrang, eher spätantik und oströmisch/byzantinisch der Zenobia mehr antirömisch, hochmütig und willkürlich handelnd darstellt, ist Zenobia auf dem Weg nach Ron gestorben. Zosimos 1, 59 gibt an, Zenobia sei, als Aurelian nach Europa zog, gestorben, an einer Krankheit oder infolge von Nahrungsverweigerung. Andere Palmyrener auf einem Schiff seien so werde gesagt, in der Meerenge zwischen Byzanz und Chalkedon ertrunken, außer Zenobias Sohn.

Zonaras 12, 27 nennt zwei Fassungen: Die einen sagen, Zenobia sei nach Rom gebracht und mit einem vornehmen Mann verheiratet worden, die anderen, sie sei auf dem Weg gestorben, weil sie über die Veränderung/den Umschlag des Schicksals heftigen Schmerz empfand. Eine der Töchter Zenobias habe Aurelian zur Frau genommen die anderen Töchter seien mit angesehenen Römern verheiratet worden.

Andere Autoren berichten von einem Vorführen beim Triumphzug.

Eine Bemerkung beim spätantiken Chronisten Johannes Malalas 12, p. 300 Dindorf, Zenobia sei nach dem Triumphzug enthauptet worden, steht allein da und gilt als unglaubwürdig.

Nach SHA, Triginta tyranni 30 (Zenobia), 27 wurde Zenobia eine Besitzung in der Nähe von Tibur (heute: Tivoli), nahe der Villa Kaiser Hadrinans und nahe dem Ort Concae gegeben und sie lebte dort in der Lebensweise einer römischem Matrone mit ihren Kindern.

Eutropius 9, 13, 2 teilt mit, es gebe Nachkommen Zenobias bis zu seiner Gegenwart. Nach Hieronymus, Chronicon anno 2290 (zum Jahr 274 n. Chr.), p. 222 Helm, ist Zenobia in Rom in größten Ehren alt geworden und es leben bis zu seiner Gegenwart Nachkommen. Georgios Synkellos p. 470 Mosshammer = p. 721 Bonn gibt an, Aurelian habe Zenbia mit einem vornehmen Römer verheiratet.

Udo Hartmann, Das Palmyrenische Teilreich. Stuttgart : Steiner, 2001 (Oriens et occidens ; Band 2), S. 411:
„Aurelianus konnte schließlich als restitutor orbis In Rom einziehen. Im Jahr 275 wurde er jedoch ermordet. Die besiegte Königin Zenobia lebte dagegen noch einige Jahre im Ruhestand in einer Villa bei Rom.“

S. 411 – 412: „Im Spätsommer 274 zog der siegreiche Kaiser in Rom als princeps totius orbis ein. Sein Triumphzug bot ein beeindruckendes Schauspiel. Die umfangreichen Schilderungen in der Historia Augusta zum Triumph sind allerdings weitgehend Fiktion. Nur der Bericht über die Teilnahme der besiegten Gegner, der sich auch in anderen lateinischen Quellen findet, verdient Anerkennung. Zonaras berichtet, daß der Kaiser auf einer Elefantenquadriga durch Rom gezogen sei. Laut Historia Augusta wurden im Triumphzug auch hohe Würdenträger aus Palmyra und ägyptische Rebellen vorgeführt.“

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Albrecht  20.12.2014, 11:15

S. 413 - 417: „Die Schriftquellen bieten ein widersprüchliches Bild über das Schicksal der Zenobia nach ihrer Gefangennahme. Die aus der EMMANNschen Kaisergeschichte schöpfenden Autoren berichten übereinstimmend vom Ruhestand der Königin des Ostens in Rom, nachdem sie von Aurelianus im Triumph vorgeführt worden war. Eutropius, Hieronymus und die Historia Augusta erwähnen zudem, daß zu ihrer Zeit noch Nachkommen der Familie der Zenobia in Rom lebten. Der Autor der Historia Augusta hebt hervor, daß diese Nachkommen zum senatorischen Stand in Rom gehörten. In der Schlußpassage der vita der Zenobia in der Historia Augusta heißt es, daß Aurelianus der Königin das Leben geschenkt habe. Auch werde berichtet, daß sie mit ihren Kindern nach römischer Art in einer ihr übereigneten Villa bei Concae unweit der Hadriansvilla in Tibur gelebt habe.

Eine andere Version überliefert Zosimus. Man sage, so schreibt Zosimus, daß Zenobia auf Weg nach Europa umgekommen sei. Sie sei entweder an einer Krankheit gestorben oder habe sich zu Tode gehungert. Die übrigen gefangenen Palmyrener sollen auf dem Weg nach Europa bei der Überquerung des Bosporus ertrunken sein. Dieses Schiffsunglück habe einzig der Sohn der Zenobia überlebt.

Nach Malalas und Synkellos brachte Aurelianus die Königin nach Rom. Während Malalas jedoch die kaum historische Schauergeschichte von der Enthauptung der Zenobia nach dem Triumph erzählt, berichtet Synkellos, daß Aurelianus sie in Rom mit einem vornehmen Römer verheiratet habe. Die beiden unterschiedlichen Traditionen finden sich schließlich im Bericht des Zonaras wieder. Nach den einen, so Zonaras, sei Zenobia nach Rom geführt und dort mit einem angeseheneren Mann, wohl einem Senator, verheiratet worden. Nach den anderen hingegen sei sie auf dem Weg nach Rom auf Grund des Glücksumschwungs aus Schmerz gestorben. Zonaras fügt noch hinzu, daß Aurelianus eine Tochter der Zenobia zur Frau genommen habe, während die anderen Töchter mit hervorragenden Römern verheiratet worden seien. Zosimus stellt zwar für die Geschichte Palmyras die reichhaltigste antike Quelle dar, aus einer Reihe von Gründen ist aus einer Reihe von Gründen ist aber die Version der lateinischen Historiker vertrauenswürdiger als die Notiz des Byzantiners über den Tod der Zenobia kurz nach ihrer Gefangennahme. Zosimus schränkt seinen Bericht bereist selbst durch ein vorsichtiges „man sagt“ ein, seien Quelle Eunapius mißtraute demnach der Nachricht. Eunapius war zudem über die Ereignisse im Westen weniger gut informiert. Denkbar wäre es natürlich, daß Aurelianus, der sich um das Image eines milden Kaisers bemühte, die Geschichte vom Überleben eines milden Kaisers bemühte, die Geschichte vom Überleben der Zenobia zu Propagandazwecken verbreiten ließ. Der Verfasser der EMMANSchen Kaisergeschichte erwähnte allerdings nicht nur, daß Aurelianus ihr das Leben schenkte, sondern berichtete auch auch von der Teilnahme der Zenobia am Triumph und von ihrem Leben in Rom „in höchsten Ehren". Diese Version wird durch den Hinweis auf die senatorischen Nachkommen der Familie des Odaenathus in der Mitte des 4. Jahrhunderts in Rom untermauert, die dem Autor der ENMANNSchen Kaisergeschichte offenbar noch selbst bekannt waren.

Die Nachricht der Kaisergeschichte wird wahrscheinlich auch durch eine Inschrift aus Trastevere in Rom aus dem 4. Jahrhundert gestützt. Sie nennt eine clarissima puella Lucia Septima Patabinia Balbilla Tyra Nepotilla Odenaethiana. Die junge Frau aus senatorischem Haus gehörte offenbar zu den Nachkommen der Palmyrener in Rom. Ende des 4. Ende des 4. Jahrhunderts lebten in Syrien ebenfalls noch Nachkommen der Odaenathus-Familie, die stolz auf die große Vergangenheit ihrer Vorfahren zurückblickten. Nachkommen in Rom und Syrien im 4. Jahrhundert pflegten demnach das Andenken der großen Vorfahren. Diese ungebrochenen Familientraditionen in Rom und Syrien bezeugen die Historizität der Version der lateinischen Autoren. Für diese Version spricht schließlich die Politik der clementia des Aurelianus, die sich nach dem Triumph in der Behandlung der gallischen Usurpatoren niederschlug. Aurelianus demonstrierte bei seinem Zug gegen diese Herrscher eine ähnliche Politik der clementia zur Reintegration der Reichsteile, wie er sei während der seiner Orientzüge angewandt hatte. Die Regenten des gallischen Sonderreiches, Tetricus und sein Sohn, blieben im Senatorenstand und erhielten nach ihrer Vorführung im Triumph corrector-Ämter in Italien. Eine analoge Behandlung der Senatorenfamilie aus Palmyra, ist durchaus wahrscheinlich. Synkellos hebt die clementiahervor, mir der Aurelianus Zenobia behandelte. Eine damnatio memoriae wurde weder für noch Usurpatoren aus Gallien noch für die aus Palmyras angeordnet.

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Albrecht  20.12.2014, 11:17

Vor diesem Hintergrund können auch die von der Forschung mit Skepsis betrachteten Nachrichten bei Synkellos und Zonaras über die zweite Heirat in Rom und die Ehen ihrer Töchter als weitgehend historisch angesehen werden. Auf diese Verbindungen der Töchter der Zenobia mit römischen Senatoren, über die Zonaras berichtet, führten wohl die römischen Nachkommen der Königin im 4. Jahrhundert ihre Herkunft zurück. Zenobia, die nach Hieronymus in Rom in höchsten Ehren lebte, könnte zudem durchaus noch einmal eine Senator aus der Hauptstadt geheiratet haben, wie Synkellos und Zonaras schreiben. Zenobia und ihre Kinder wurden somit offenkundig in den Kreis der senatorischen Familien Roms aufgenommen. Kaum historisch dürfte hingegen die zweite Notiz des Zonaras sein, nach der Aurelianus eine Tochter der Zenobia zur Frau genommen haben soll. Über das Schicksal des Vallabathus gibt es keine Nachrichten. Vermutlich lebt er aber mit seiner Mutter und seinen Schwestern im Rom.

Die Berichte über den Ruhestand der Zenobia und über die römischen Nachkommen sind demnach historisch, problematisch bleibt allerdings die Information in der Historia Augusta über die Zenobia-Villa bei Tivoli, in der die Königin mit ihren Kindern nach 274 gelebt haben soll. Historia Augusta ist die einzige Quelle, die diese posessio in Tiburti bei Concae erwähnt. Trotz des einschränkenden Ausdrucks fertur, der die Passage einleitet, verdient die Nachricht des spätantiken Autors Glauben.

Zum einen lokalisiert der Autor das Gut in der vita der Zenobia relativ genau: Die Villa, die man heute „Zenobia* nenne, liege non longe ab Hadriani palatio atque ab eo loco, cui cognomen est Concae bzw. Conche. Die Beschreibung der Hadrians Villa bei Tivoli in der vita Hadrani verdeutlicht, daß der Historiker diese Villa selbst besichtigt hatte bzw. auf einen guten Bericht zurückgreifen konnte. Dem wahrscheinlich in Rom lebenden Autor der Historia Augusta war demnnach das Gebiet um Tivoli nicht unbekannt. Zum anderen schreib der Verfasser für ein senatorisches, stadtrömisches Publikum, das die Gegend um Tivoli selbst kannte oder zumindest die Notiz über die Zenobia-Villa leicht überprüfen konnte und daher kaum auf einen solchen Schwindel hereingefallen wäre. Offenbar waren im Rom des 4. Jahrhunderts nicht nur die senatorische Familie der Nachkommen der Zenobia, sondern auch der Alterssitz der Palmyrenerin mit dem Namen Villa der Zenobia stadtbekannt.“

Kai Brodersen, Zenobia. In: Die römischen Kaiser : 55 historische Portraits von Caesar bis Iustinian. Herausgegeben von Manfred Clauss. 4., aktualisierte Auflage. München : Beck, 2010, S. 244:
„Die Palmyrener zogen sich daraufhin in ihre Stadt zurück, und als die Römer sich 272 auch dieser näherten, floh Zenobia, wurde aber von römischen Reitern gefangengenommen und zu Aurelian gebracht, der ihre Feldherren und Berater (darunter Cassius Longinus) hinrichten, sie und ihren Sohn aber nach Rom bringen ließ und zwei Jahre später in seinem Triumphzug mitführte, Ihren Lebensabend verbrachte Zenobia dann vornehm, aber machtlos in einer Villa nahe der ewigen Stadt.“

Leonhard Schuhmacher, Aurelian. In: Die römischen Kaiser : 55 historische Portraits von Caesar bis Iustinian. Herausgegeben von Manfred Clauss. 4., aktualisierte Auflage. München : Beck, 2010, S. 249:
„In Palmyra machte Aurelian reiche Beute, die engsten politischen Berater Zenobias, darunter den Neuplatoniker Cassius Longinus, ließ er später in Emesa hinrichten. Die Königin und vermutlich auch Vaballathus wurden nach Rom überführt, um im Triumphzug zur Schau gestellt zu werden. Die Reichsprägung feierte den Kaiser als den ‹Wiedereroberer des Orients› (restitutor Orientis).“

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Albrecht  20.12.2014, 11:19

Martin Schottky, Zenobia [2]. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 12/2: Ven-Z. Nachträge. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2002, Spalte 733:
„Historisch ist aber der Bericht über die Kapitulation der Palmyrener und deren gnädige Aufnahme durch den Kaiser. (Zos. 1, 56, 1 – 2). Z. war schon vorher bei dem Versuch, sich über den Euphrat abzusetzen, festgenommen worden. Sie wurde nach Emesa gebracht und vor Gericht gestellt. Z. gelang es, die Schuld an den Ereignissen auf ihre Berater abzuwälzen, deren wichtigster, der Philosoph Cassius Longinus (→ Longinos [1]), zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde (Zos. 1, 52 f.). Als Grund für die Milde des Aurelianus gegenüber der besiegten Gegnerin wird u. a. angegeben, er habe sie den Römern im Triumph präsentieren wollen (SHA Aurelian. 30, 2). Ob es dazu kam, erscheint angesichts der widersprüchlichen Quellenberichte fraglich. Wertlos ist ein Zeugnis, nach dem Z. nach dem Triumph in Rom geköpft worden sei (Joh. Mallas 12, p. 300). Beachtenswert scheint dagegen eine in der Forsch. wenig akzeptierte Notiz, […], nach der Z. auf der Reise nach Europa an einer Krankheit der aufgrund von Nahrungsverweigerung verstarb (Zos. 1, 59; auch Zon. 12, 27). In den Breviarien, in den Chroniken und der Historia Augusta wird die Teilnahme der lebenden Z. am Triumph behauptet sowie über ihr spätere Schicksal und das ihrer Angehörigen berichtet (Fest. 24; Eutr. 9, 13, 2, Hier. Chron. a. 274; Jord. Rom. 291, Synk. p. 721 Corpus Scriptorum Byzantinae; Zon. 12, 27; SHA trig. tyr. 30, 24 – 27; SHA Aurelian. 33, 2 – 34, 3).”

Zos. = Zosimos
Z. = Zenobia
f. = folgende
u. a. = unter anderem
SHA Aurelian. = Scriptores Historiae Augustae, Aurelianus
Forsch. = Forschung
Joh. Mal. = Johannes Malalas, Chronographia
Fest. = Festus
Eutr. = Eutropius
Hier. = Hieronymus, Chronicon
Jord. = Jordanes, De summa temporum vel origine actibusque gentis Romanorum
Synk = Synkellos
trig. tyr. = Triginta tyranni

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rabbitman 
Fragesteller
 20.12.2014, 13:27
@Albrecht

Wow, vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort!

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Ob das wirklich so war, ist ja schon in den antiken Quellen umstritten:

http://de.wikipedia.org/wiki/Zenobia#Ungewisses_sp.C3.A4teres_Schicksal

Die Darstellung könnte etwas mit den Intentionen der Geschichtsschreiber zu tun haben.

rabbitman 
Fragesteller
 07.12.2014, 16:05

Kannst du den Aspekt mit den Geschichtsschreibern etwas weiter ausführen?

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