Stehen viele Todesanzeigen für Beliebtheit?

8 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

In meinem Freundeskreis ist letztens jemand jung und durch ein tragisches Unglück verstorben und er hatte einen riesigen echten Freundeskreis.

Erst kam die Annonce seiner Eltern und Familie, die sehr liebevoll und schmerzvoll klang. Hier konnte man richtig den persönlichen Bezug und das Leid spüren und dass diese Menschen wirklich an ihm hingen.

Er wurde dort mit Kosenamen angesprochen, es gab ein Herzchen und persönliche sehnsüchtige Worte an ihn und den Wunsch, ihn irgendwann im Himmel wiederzusehen.

Das war sehr berührend.

Es folgten 2 Annoncen der Arbeitskollegen und des Amtes, die mit sämtlichen Vornamen der Kollegen unterschrieben wurden und auch sehr persönlich wirkten. Auch hier entstand ein echt betroffener Eindruck.

Weiterhin postete sein Arbeitgeber, die Freiwillige Feuerwehr, der Schützenverein und der Bauernverein, allerdings alle mit Standardtexten. Ich weiß, dass er sehr beliebt und engagiert war, aber aus dem Text ging nur der Standardinhalt hervor.

Dieser wird meist ohne großes Nachdenken aus irgendeiner Schublade geholt, weil es eine unangenehme Aufgabe ist und keiner sich die Blöße geben will, zu zeigen, dass man vor Trauer leidet. Dort versteckt man sich hinter der Gruppe aus Leuten die sehr leiden, ein wenig betroffen sind und denen das egal ist.

Ich würde deshalb nicht die Masse der Annoncen als Maßstab nehmen. Wer in hoher Position ist oder viele Ämter bekleidet, der hat auf der Gegenseite viele pflichtbewusste Menschen, die wissen "es gehört sich jetzt so".

Und wenn die Freiwillige Feuerwehr um ihn trauert, will der Bauernverein nicht schofelig dastehen. Nachher denkt noch jemand, sie seien zu geizig für eine Annonce. Das setzt dann die anderen auch unter Zugzwang.

In meinem Fall ist mir aufgefallen, dass alle erst annonciert haben, nachdem die Familie annonciert hatte.

Dass er tot ist, ging aber 5 Tage zuvor bereits mit Namen und Wohnort durch die Presse und Polizeimeldungen und war somit landauf landab bekannt.

Die Annoncen trudelten dann erst nach und nach im Tagestakt über 1,5 Wochen verteilt ein.

Ob der Verstorbene beliebt war, würde ich daran festmachen, wie die Annoncen verfasst sind. Ob es einen persönlichen Touch oder nur Standardtexte gibt.

Ob es wie Pflichterfüllung oder Herzschmerz klingt.

Wenn dann noch Sachen da stehen wie "ich hoffe, irgendwann sehen wir uns wieder" oder "komm gut im Himmel an", weiß man, dass die Gedanken sehr beim Verstorbenen sind.

Auf Beerdigungen wirst Du dann auch mitunter verschiedene Leute wahrnehmen. Diejenigen die weinen oder starr vor Trauer sind und diejenigen, die neugierig sind, was eigentlich passiert ist und die die Gelegenheit wahrnehmen, gemütlich später zu Kaffee und Kuchen geladen zu werden.

Es gibt also alles: echte Trauer und Pflichterfüllung.

Ich kenne aber auch viele, die gar nicht mehr inserieren und das nur noch in der Kirchenmesse bekannt geben lassen, sofern derjenige überhaupt in der Kirche war.

Als mein Vater starb, hatte meine Mutter die Annonce ausgesucht und meine Schwester und ich tauchten da nur als "und Kinder" hinter dem Namen unserer Mutter auf.

Das hat mich persönlich irgendwie gestört, so unter ferner Liefen da zu stehen.

Als unsere Mutter starb, habe ich mit meiner Schwester zusammen den Text ausgesucht und wir wurden mehrfach drauf angesprochen, dass der sehr gut gewählt war.

Es gibt also wirklich Leute, die sowas durchlesen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Rosenmary  21.03.2024, 21:18

Vielen Dank für den Stern, freu mi

1

Bei den Todesanzeigen ist es in erster Linie die Familie, die kondoliert und auch manchmal teilt es sich sogar in der Familie auf, wenn Zwist ist, gibt es oft von Geschwistern eigene Anzeigen.

Die Firmen, Betriebszugehörigkeiten, Ehrenämter setzen auch Anzeigen rein, bei denen es sicher nur um eine "Pflicht" geht und vielleicht nicht so von Herzen kommt.

Es ist also geteilt, wenn man die Preise für eine Annonce bedenkt.

Ob es nun die Beliebtheit war bleibt ungewiss.

Todesanzeigen geben heutzutage ja mehr oder weniger nur Rentner auf. Wir beide werden keine mehr kriegen (im Falle es überhaupt noch Zeitungen gibt).

Die Generation X ist eigentlich die letzte, die sowas macht. Millennials aufwärts kümmert es nicht wirklich. Da bleibt ein Todesfall in der Familie (wo er mmn. auch hin gehört).

Bei den älteren war es halt Anstand. Auch, wenn sie Person scheiße fanden, gaben sie eine Anzeige auf.

"Pflichtanzeigen" kommen halt von der Familie, vom Arbeitgeber, von Vereinen und eventuell vom Freundeskreis (Skatrunde z.B.) .

Das ist hier auf dem Land schon üblich. Aber Der Grund ist wohl eher meist, dass man sich nichts "nachsagen" lassen will. Ich glaube nicht, dass es primär um Beliebtheit geht.

Meist vor allem dafür, dass er/sie viele Ämter innehatte oder zumindest in vielen Vereinen bzw. Vereinigungen Miglied war.

Über die Beliebtheit sagt das nicht viel aus. Manche Politiker sind unbeliebt, erhalten aber viele Todesanzeigen.

Ebenso ist es bei manchen Managern, die viele Arbeitsplätze in Niedriglohnländer verlagern oder einfach streichen, aber dann von den Unternehmen, in denen sie tätig waren, Nachrufe erhalten.