Siedetemperatur eines Moleküls?

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CS₂ und CO₂ sind beides unpolare Moleküle, weil sie μ=0 haben. Die Symmetrie er­laubt ja gar kein Dipolmoment für zentrosymmetrische Moleküle. Ja, die C=O-Bin­dung ist stärker polar als die C=S-Bindung, wegen der Elektronegativitätsdifferenz, aber das schlägt sich nur im Quadrupolmoment nieder, im Dipolmoment heben die Beiträge der einzelnen Bindungen einander exakt auf.

Also bleibt nur van-der-Waals als Unterschied. CS₂ ist bei Raumtemperatur gerade noch flüssig, weil es mehr Elektronen hat, die miteinander vdW spielen können, und weil S als Atom größer als O ist und daher leichter polarisierbar ist, und in­duzier­te Dipole besser funktionieren.

Bei COF₂ vs. COH₂ würde ich sagen, daß die absolute Größe des Dipolmoments eine Rolle spielt. Bei COF₂ sind die Bindungsdipole der C=O- und der C–F-Bin­dun­gen entgegengesetzt gerichtet (das δ⁺ sitzt jeweils innen), so daß insgesamt nicht viel Dipol­moment herauskommen kann. Dagegen ist Formaldehyd so gebaut, daß die Atome von H über C zu O immer elektronegativer werden, und daher ver­stär­ken die einzelnen Bindungs-Dipolmomente einander.

Überigens haben Moleküle keine Siedetemperaturen, sondern Stoffe haben das. Ein Molekül kann den Aggregatzustand nicht wechseln, weil es keinen hat — wie das „Aggegat“ bereits andeutet, können nur große Haufen von Molekülen einen Aggregatzustand haben.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik

Tendenziell sind Dipol-Wechselwirkungen stärker als VDW-Kräfte. Allerdings hast du in deiner Überlegung die Atomgröße in Verbindung mit der Elektronegativität nicht berücksichtigt.

CS2 ist ja nicht nur ein wenig schwerer, sondern fast doppelt so schwer. Vergleichbar wie Methan und Ethan.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Zu deinem ersten Beispiel. CO2 und CS2 lassen sich schlecht in Sachen Siedepunkt vergleichen. CO2 hat nämlich gar keinen Siedepunkt. Dieser ist definiert als Übergang von Flüssigkeit zu Gas. CO2 sublimiert aber bei -78 °C von fest zu gasförmig. Man müsste daher den Siedepunkt von beiden bei einem höheren Druck vergleichen, bei dem CO2 tatsächlich einen Siedepunkt hat.

Und was Formaldehyd und Carbonylfluorid angeht. Ich denke, dass das mehr an den Ausrichtungen der Dipole liegt, als an der stärke der dipole selbst. Im Carbonylfluorid sind sowohl die beiden Fluoratome als auch der Sauerstoff elektronegativer als Kohlenstoff. Sprich alle drei haben eine negative Partialladung. Und gleiche Ladungen stoßen sich nun mal ab. Im Formaldehyd dagegen gibt es eine negative Partialladung am Sauerstoff und zwei mehr oder weniger positive an den beiden Hs.

Ein anderes Beispiel, das ich auch nicht verstehe: Carbonyldifluorid (COF2) und Methanal (CH2O). Methanal hat eine höhere Siedetemperatur. Aber warum? Ich glaube, ich vergesse eine wichtige Sache zu beachten.